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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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aus Deutschland, grüne Schrift auf schwarzrotgoldenem Hintergrund.
    »Sieht aus wie Werbematerial der Bundeswehr. Vielleicht war’s dir peinlich, damit zur Kasse zu gehen?«
    Slibulsky warf mir einen glasigen Blick zu, steckte sich einen Keks in den Mund und sagte kauend: »Wenn die Dinger gut sind, kann von mir aus auch cdu draufstehen. Außerdem hätte ich mir Bonbons, mit denen es mir peinlich gewesen wäre, zur Kasse zu gehen, ja wohl gemerkt.«
    »Vielleicht sind sie neu?«
    »Guck dir die Tüte an. Steht der Hersteller drauf?«
    Ich sah mir beide Seiten der Tüte an. Sie war aus durchsichtigem Plastik, ohne jeden Aufdruck.
    »Glaubst du, in Deutschland kannst du so was einfach wie Bretter verkaufen? Da muß angegeben sein, was drin ist, wo’s herkommt und so weiter.«
    »Hm.«
    Natürlich freute ich mich, daß Slibulsky versuchte mir zu helfen, obwohl er fand, ich solle die Finger von der Sache lassen. Und möglicherweise gab es tatsächlich eine Chance, mit diesen Bonbons die Herkunft der Armee herauszufinden. Vielleicht waren sie genau eine dieser Spuren, die am Anfang nur klein und uninteressant erscheinen, aber am Ende das einzige sind, das zu Ergebnissen führt. Doch wie sehr mir die Bonbons auch weiterhelfen mochten, durch die Stadt laufen und sie jedem unter die Nase halten in der Hoffnung, irgendwann würde einer »Klar, kenn ich aus Dingsda« sagen, war im Moment nicht das, was ich mir unter meinem Programm gegen die Armee für die nächsten Tage vorstellte. Ich wollte es krachen lassen: Höttges erpressen, im Bahnhofsviertel mit Geld rumschmeißen und mich später eventuell mit dem Albaner verbünden. Ich wollte zwar wissen, wen ich umgebracht hatte, aber ich wollte es bald wissen, um es dann auch bald vergessen zu können.
    Ich steckte mir eine Handvoll Bonbons in die Sakkotasche und stand auf.
    »Ich wird sie rumzeigen. Laß uns morgen telefonieren.«
    »Irgendwas Neues vom Tangomann?«
    »Sie sind noch dabei, den Schutt wegzuräumen.«
    »Hm-hm«, machte Slibulsky. »Paß auf dich auf.«
    Auf der Straße überlegte ich kurz, ob ich zurück ins Bahnhofsviertel gehen sollte mit der vagen Aussicht, noch heute irgendwas zu klären. Aber dann meldeten sich meine Füße und mein nach wie vor gluckernder Magen, und ich beschloß, Feierabend zu machen. Ich ging etwas essen und ließ mich anschließend in ein Taxi fallen.
     
    5
     
    In dem Haus, in dem ich wohnte, gab es auf jedem Stockwerk am Ende des Flurs eine kleine offene Kammer, in der man Fahrräder und Schlitten unterstellen konnte. Als ich vor meiner Wohnungstür stand und den Schlüssel aus der Tasche zog, hörte ich aus der Kammer ein Knistern. Ich drehte mich um und sah auf das dunkle, türgroße Loch in der Wand. So oder so ähnlich hatte ich mir das seit heute nachmittag vorgestellt. Vor meinem Büro oder in einer ruhigen Seitenstraße oder eben hier. Als nichts weiter passierte, sagte ich: »Romario?«
    Wieder knisterte es. Dann trat ein Plateauschuh aus der Kammer ins Licht, gefolgt von einem langen dürren Haufen Elend. Seine Kleider hingen zerknittert und wie an den falschen Stellen angeklebt an ihm herunter, die sonst so akkurate Lackfrisur floh in alle Richtungen, und seine linke Kopfhälfte war gespickt mit hellen Krümeln.
    Ein lahmer Wink mit der heilen Hand. »Hallo. Ich hab auf dich gewartet.«
    »Seh ich. Telefonieren verlernt?«
    »Hab ich doch den ganzen Tag versucht! Aber entweder du warst nicht da, oder es war besetzt…« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, warf einen ängstlichen Blick zur Treppe und ging zögernd auf mich zu. »Ich erklär dir alles, aber können wir nicht…?«
    Er deutete auf meine Tür. Ich betrachtete ihn mißmutig. Ich wollte jetzt nichts erklärt bekommen. Ich wollte ins Bett und wie Slibulsky irgendeinen Sport im Fernsehen gucken. Am liebsten hätte ich Romario gefragt, ob er nicht noch bis morgen früh in der Fahrradkammer bleiben könne. »Was hast du da für Brösel am Kopf?«
    Erschrocken langte er sich an die Wange und sah auf seine Hand. »Ach so…«, er fuhr sich durch die Haare und übers Gesicht, »ich hatte Salzstangen dabei, und als ich dahinten müde geworden bin, hab ich meinen Kopf auf die Tüte gelegt…« Er versuchte ein Lächeln. »Ist alles runter. Keine Angst, ich mach dir die Wohnung nicht schmutzig.«
    »Mir fällt ein Stein vom Herzen.«
    Nachdem ich die Tür hinter uns geschlossen und Romario in die Küche dirigiert hatte, fragte ich: »Wann ist dir klargeworden,

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