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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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seiner Töchter, und nach seinen Worten hörte er zum ersten Mal davon. Vermutlich war den Mädchen die Sache unangenehm. Wie so oft in solchen Angelegenheiten, schämten sich die Falschen. Ich bemühte mich, den Eindruck zu erwecken, ihn auch in Zukunft, was das Internatsleben seiner Kinder betraf, auf dem laufenden zu halten. Am Ende bedankte er sich herzlich und gab mir tatsächlich seine Mobiltelefonnummer. In meinem Job konnte diese Nummer Gold wert sein. Was aus dem Klassenlehrer mit den Fächern Deutsch und Sport geworden war, wußte ich nicht genau, aber den Sportunterricht hatte er wenig später aufgeben müssen.
    Ich wechselte mit dem Albaner einige Sätze über seine Töchter, deren Noten seit ein paar Monaten überraschend besser wurden. Dann erzählte ich ihm in groben Zügen, ohne Namen und Orte zu nennen, was ich über die Armee wußte. Nicht nur für einen Gangsterboss konnte er überraschend oft die Klappe halten, selbst im allgemeinen Vergleich zählte er sicher nicht zu den Gesprächigen. Ging es nicht um die Töchter, war mit ihm telefonieren ein bißchen wie Tennis gegen eine Wand spielen. Auch sein Ton veränderte sich. Eben noch liebevoll und melodiös, klang er jetzt wie eine verzogene, von leichtem Wind hin- und herbewegte Holztür.
    »Ich brauche noch ein paar Tage, um herauszufinden, wie die Strukturen sind, wer wo was macht und wie lange der Laden noch laufen soll, aber dann könnten wir zuschlagen.«
    »Nehmen Sie sich die Tage, und dann schlagen wir zu.«
    »Es ist eine kleine Fabrik. Um sie zu umstellen, brauchen wir etwa vierzig Mann.«
    »Vierzig.«
    »Aber es soll kein Gemetzel werden. Sie bekommen meine Informationen nur, wenn Sie mir versprechen, daß Ihre Leute sich zusammenreißen. Die Armee soll den Betrieb einstellen, weiter nichts.«
    »Also dann: weiter nichts.«
    »Und der Chef ist für mich.«
    »Und der Chef ist für Sie.«
    »Okay, dann bis in den nächsten Tagen.«
    »Bis in den nächsten Tagen«, erwiderte er, doch während ich schon auflegen wollte, spürte ich, wie er plötzlich zögerte, als müsse er auf unbekanntes Gelände. Ich behielt den Hörer am Ohr, bis er schließlich fragte: »Für wen arbeiten Sie?«
    »Für mich.«
    »Ohne Bezahlung?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Die Armee hat mich zu einer Schweinerei gezwungen, und dabei kann’s nicht bleiben.«
    »Hm«, machte er, und nach einer Pause: »Falls Sie versuchen mich irgendwie reinzulegen, ist es aus mit Ihnen. Das ist Ihnen doch klar?«
    »Ist mir klar.«
    »Na dann - viel Glück.«
    Ich legte auf und dachte daran, wie ich gegen ihn im Halbfinale verloren hatte. Ein fairer Gegner, keine Mätzchen, keine Tricks. Das Problem war seine Rasselbande Kettchenträger, die in ihren Hosentaschen immer entweder ihre Knarre oder ihren Schwanz hielten und dauernd drauf und dran waren, eins davon rauszuholen, um damit rumzuballern. Doch er hatte versprochen, sie würden nicht mehr anrichten, als ich wollte, und ein Boss wie er konnte es sich eigentlich nicht leisten, Versprechen zu brechen. So was sprach sich rum, so was war schlecht fürs Geschäft. So hoffte ich jedenfalls.
    Ich sah auf die Uhr. Halb zwei, eine gute Zeit, um die erste Tagesschicht Tierheim-Abklapperei wegen eines Arbeitsunfalls abgebrochen zu haben.
    »Tag, Frau Beierle.«
    »Herr Kayankaya, Sie klingen ja ganz erkältet!«
    »Tja, mir ist da ein Mißgeschick passiert. Vorhin in Oberursel glaubte ich, Susi endlich gefunden zu haben, und bin in den Käfig gegangen. Aber dann war es doch ein anderer Hund, und zwar einer, der den Leuten gerne ins Gesicht springt. Na ja, er hat mir die Nase gebrochen.«
    »O Gott!«
    »Halb so schlimm, aber ich muß jetzt erst mal zum Arzt, und vielleicht kann ich erst Ende der Woche weitersuchen.«
    »Aber selbstverständlich! Sie müssen sich pflegen. Lassen Sie sich bloß Zeit, Verletzungen am Kopf darf man nie unterschätzen.«
    »Es tut mir nur wegen Susi leid. Jetzt muß sie noch länger in irgend so einem furchtbaren Käfig aushalten.«
    »Ach, Susi schafft das schon. Dabei finde ich es wirklich erstaunlich, wie viele Tierheime es um Frankfurt gibt.«
    »Ja, erstaunlich.«
    »Weil die Menschen grausam sind, und in dieser Stadt besonders. Das ist jedenfalls meine Meinung.«
    »Eine interessante Meinung. Dazu muß ich nach dem heutigen Vorkommnis allerdings sagen«, ich kicherte tuntig, »die Tiere dieser Stadt sind auch nicht ohne.«
    »Aber sicher, Sie Armer, was red ich Sie auch voll! Gehen Sie nur schnell zum Arzt,

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