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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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lange?”, fragte sie beide.
    “Weniger als zehn Minuten.”
    Dazu noch fünfzehn, um in das Zimmer zu kommen und sich anzuziehen. “Wie spät ist es?”
    Lord Nightshade machte eine Handbewegung, und einer der Spiegel veränderte sich auf die bestimmte Art, die Spiegel – zumindest verzauberte – an sich hatten. Er wurde zu einem Fenster; sie konnte die Straßen der Kolonie vor der Burg sehen, auch wenn es einen Moment dauerte, bis sie sich orientiert hatte.
    “Was wollen die Barrani?”, fragte sie ihn, während sie die fallenden Schatten, die länger werdenden Schatten der Gebäude der Kolonie betrachtete.
    “Vieles. Aber die Toten? Das kann ich dir nicht sagen.”
    “Macht?”
    “Macht, vielleicht. Leben. Für Barrani sind die beiden nicht so einfach voneinander zu trennen.”
    “Ich verstehe nicht, wie sie sterben”, sagte sie.
    Es sollte eine Frage sein. Er antwortete nicht.
    Sie löste einen Knopf oder zwei und rollte ihre Ärmel hoch. Sie hätte sich ganz ausgezogen, aber nicht vor Zeugen. Zeugen, die sie zwar bereits splitternackt gesehen hatten, aber sie war dennoch befangen. Der Siegelraum hatte sich zurückgezogen, und sie kehrte langsam zu sich selbst zurück. Wer auch immer das sein mochte.
    Ihre Arme glühten noch, und das blaue Feuer, das dort gefangen war, war wie ein niedergeschriebenes Versprechen. In einer Sprache, die sie nicht verstand.
    Sie sah zu den Spiegeln. “Sind die alle magisch?”
    “Das sind sie.”
    “Können sie – hast du eine Karte der Kolonie?”
    Er hob eine dunkle Augenbraue. Der Ausdruck kam ihr fast vertraut vor. Wie der eines Drachen. Oder des Falkenlords.
    “Archiv”, sagte sie leise.
    Er lächelte. “Das ist nicht das Wort, das sie aktiviert, Kaylin. Stelle jedoch eine Frage, und dir wird der Zugang gewährt werden.”
    “Wo ist Tiamaris?”
    “Er wird bald hier sein.”
    “Gut.”
    “Warum?”
    “Er hat deine Spiegel schon einmal benutzt. Ich nicht.”
    “Er kann den Preis, sie zu benutzen, jetzt nicht bezahlen.”
    “Welchen Preis?” Sie sah ihm in die Augen. Ihre Stimme klang fast normal. Fast. “Ich habe diese Spielereien satt.”
    “Das liegt daran, dass du jung bist, und noch nicht gemerkt hast, dass dir nichts anderes übrig bleibt.”
    “Nein”, fuhr sie ihn an, “dir bleibt nichts anderes übrig.”
    “Eine Herausforderung?”
    “Eine Tatsache.”
    “Kaylin”, sagte Severn. Sie sah ihn an. Fast hatte sie vergessen, dass er auch da war. Das hier war nicht sein Reich. Aber ihres war es auch nicht.
    “Die toten Barrani befinden sich in deiner Kolonie”, sagte sie zu Nightshade. “Sie haben sich irgendwo hier versammelt. Du kannst sie nicht finden. Nicht rechtzeitig.”
    “Der Tod, den sie heute als Opfer darbringen werden, ist nicht der Tod, der es gewesen wäre, hätten sie dein Findelkind umgebracht.”
    Sie fragte ihn nicht, woher er wusste, was er wusste. Es wäre eine verschwendete Frage gewesen, selbst wenn er geantwortet hätte. “Also glaubst du, du hast Zeit?”
    “Ich glaube,
du
hast Zeit, Kaylin.”
    “Habe ich nicht.”
    “Oh?”
    “Sie wissen es. Sie wissen, was wir wissen.”
    “Das ist … möglich.”
    Sie wartete. Merkte, dass er länger warten konnte, egal wie man rechnete. Er hatte wahrscheinlich in einem Jahr mehr Leute umgebracht, als sie retten konnte. Auf jeden Fall mehr, als sie heute retten wollte.
    “Was willst du von mir?”
    “Ah. Das
ist
eine interessante Frage.” Er trat, während er sprach einen Schritt von ihr zurück und auf die Spiegelwand zu. Jeder der Spiegel zeigte sein ausdrucksloses, makelloses Gesicht. “Was glaubst du, was ich will, Kaylin?”
    “Ich weiß es nicht. Aber ich wette, es hat etwas damit zu tun.” Sie hob ihre Arme. Ihre aufgeknöpften Ärmel fielen sofort hinab zu den Ellenbogen und legten sich in elegante, dunkle Falten.
    “Wetten ist ein Zeitvertreib für Sterbliche.”
    “Es ist nur eine andere Art Spiel.”
    “Aber Sterbliche spielen selten um etwas von wahrem Wert.”
    Hätte er in ihrer Nähe gestanden, sie hätte ihn geschlagen. Die Wut überkam sie plötzlich und scharf. Severn sah sie an und hielt ihren Blick einen Augenblick lang fest. Sein Kiefer zuckte, aber er blieb geschlossen. In guten wie in schlechten Zeiten, dieses Gespräch musste sie ganz alleine führen.
    “Als Severn zu dir gekommen ist”, sagte sie mit leiser Stimme, “hast du es gewusst.”
    “Nein, Kaylin. Ich hatte nur einen Verdacht.”
    “Du hast die Morde einfach geschehen

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