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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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lassen?”
    “Ich habe nicht verstanden, was hinter den Morden steckt.” Er kniff die Augen zusammen. “Und um die Wahrheit zu sagen, habe ich nachgeforscht. Ich verstehe etwas von der Macht, die in der Todesmagie liegt, aber das war keine Macht, die sich in meiner Kolonie offenbart hat. Das hätte ich gewusst.” Er wendete sich ab. Sie sah in den vielen Spiegelbildern sein langes Haar. “Als ich Severn getroffen habe, als er von dir erzählt hat, begann ich endlich zu verstehen. Damals war mir nicht klar, wie gefährlich du bist.
    Wie gefährlich du hättest sein können, wäre er nicht gekommen, um mit mir zu sprechen. Tust du es? Verstehst du, was du für Elantra hättest bedeuten können? Ich glaube, selbst der Drachenkaiser hätte deine Bedrohung gespürt, hätte er seinen Hof versammelt und ihn gegen dich in die Straßen geschickt. Was”, fügte er leise hinzu, “von den Straßen noch übrig gewesen wäre.
    Aber jetzt? Du bist von einer Macht gezeichnet. Du wurdest von einer anderen langsam verändert. Ich halte dich für etwas Zerbrechliches, das auf einer schmalen Grenze balanciert, die du nicht einmal
sehen
kannst. Und in dieser Balance, solltest du sie halten können, liegt etwas von Wert.”
    “Macht.”
    “Vielleicht. Aber ich sage immer noch – falls dort Macht ist, gehört sie dir allein.”
    “Und nicht dir?” Sie legte eine Hand an ihre Wange.
    Sein Lächeln war kaum merklich. “Wäre ich in der Lage, zu nehmen, was du besitzt, dann vielleicht. Aber in unserer langen Geschichte haben dieses Spiel schon viele gespielt. Es ist ein gefährliches Spiel.”
    “Du magst Spiele.”
    “Tatsächlich. Aber ich denke, ein Spiel lohnt sich nur dann, wenn die Chance besteht, zu gewinnen.” Er hielt inne, hob dann eine Hand und legte sie auf die Oberfläche einer Spiegelwand. “Der Drache kommt”, sagte er fast gelangweilt.
    Und die Spiegel erwachten wie eine Einheit zum Leben. Nicht einmal die Spiegel in den Leichenhallen konnten derartige Details, so satte Farben, so scharfe Bilder darstellen.
    “Lord Nightshade”, sagte Tiamaris mit einer Verbeugung. Einer echten.
    “Lord Tiamaris. Ich glaube, dass Eure Rolle hier fast am Ende ist. Ich könnte mich allerdings irren. Komm, Kaylin. Hier ist meine Kolonie.”
    Kaylin starrte. Nach einer ganzen Minute erinnerte sie sich daran, den Mund zu schließen.
    Die Kolonie war aus der Ferne nicht zu sehen, nicht von einem höheren Punkt als dem höchsten Turm der Burg Nightshade. Aber egal wie weit entfernt die hintersten Straßen waren, sie konnte sie sehen, sie konnte sogar die Details erkennen. Sie konnte auch die Menschen in den länger werdenden Schatten ausmachen; es waren nur wenige. Bald würde die Nacht hereinbrechen, und auch wenn sie sich noch nicht auf die Stadt gesenkt hatte, hatten ihre Bewohner ihre Besitztümer zusammengepackt, ihre Karren geschlossen und sich auf den Heimweg gemacht.
    Sie konnte Vier Ecken sehen, und sie konnte, als sie der Straße mit den Augen folgte, das Gebäude ausmachen, in dem sie aufgewachsen war. Konnte Fenster sehen und fragte sich, wer jetzt dort wohnen mochte. In der Kolonie gab es nicht viel Platz, und neue Bewohner scherten sich oft nicht darum, was aus den alten geworden war.
    Doch in all dem konnte sie keine Antwort finden. Sie sah nur, wie die Zeit verging.
    Severn kam, um sich neben sie zu stellen, und Tiamaris stellte sich ebenfalls an ihre Seite. Die zwei Männer trugen das Wappen der Falken, ihres hatte das Feuer verbrannt. Aber jetzt bedeutete es ihr mehr als ein einfacher Schmuck. Es war nicht einmal nur ein Zeichen von Autorität, nur für Außenstehende bestimmt. Es war, was
sie
war. Oder was sie hoffte, eines Tages zu werden. Sie musste es versuchen.
    Sie hob ihre Arme, legte frei, was sie immer verborgen gehalten hatte, und starrte das Blau und Schwarz an, das ihre Arme bedeckte, bis eines mit dem anderen verschmolz.
    “Tiamaris”, sagte sie.
    “Kaylin.”
    “Ist das die Sprache der Alten?”
    Sie sah den Schatten seines Nickens aus dem Augenwinkel. “Was waren die Alten?”
    “Wir sind uns nicht sicher. Zwar existieren historische Fragmente, aber es gibt niemanden unter den Lebenden, der sich an sie erinnert.” Sein Tonfall schien anzudeuten, dass es überhaupt nur deswegen noch Lebende gab. “Einige glauben, sie haben den Rassen das Geschenk der Sprachen gemacht”, fügte er hinzu. “Und das der Empfindsamkeit.”
    “Warum? Warum sollten sie das tun?”
    “Wer kann das schon sagen?

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