Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
Vom Netzwerk:
bewegten sie sich schnell genug, um ihnen weit voraus zu sein. Kaylin musste sich selbst daran erinnern, dass sie kein Rennen liefen.
    Aber das taten sie eben doch. Sie musste anhalten, um nach Atem zu ringen, und Severn war bereits einen halben Block voraus, ehe er es bemerkte. Er kam zurückgerannt und runzelte die Stirn.
    Sie schüttelte den Kopf. “Alles in Ordnung.” Sie begann zu merken, wie sehr es sie ausgezehrt hatte, ihre Gabe zu benutzen. Sie zwang sich, es zu ignorieren.
    “Kaylin, wir sind in Nightshade. Dein ganzer Körper ist mit Zeichen bemalt, die keiner von uns lesen kann, und du hast gerade mit Spiegeln hantiert, die wahrscheinlich nur auf den Koloniallord persönlich eingestellt waren, und das auch noch auf eine Weise, die wir uns beide nicht vorstellen können. Du bist in magischem Feuer gebadet worden, du hast den halben Tag rennend verbracht und wahrscheinlich nichts gegessen.”
    “Und du schon?”
    “Ich war bei Moran.”
    Sie verzog das Gesicht. Unglücklicherweise gab ihr Magen Severn recht. “Ich bin kein Wolf”, sagte sie schließlich, “wahrscheinlich bin ich das Rennen einfach nicht gewohnt.”
    Er sagte, sie solle etwas tun, was anatomisch gar nicht möglich war. Auf Aerianisch. Sie lachte laut auf. “Ich
habe
nicht mal Flügel”, sagte sie, während sie sich aufrichtete.
    “Du bist nicht zu wenig trainiert”, sagte er. Er fasste sie an den Schultern, wirbelte sie herum und zwang ihr Kinn nach oben. Seine Kette schlug gegen ihr Hemd und erinnerte sie daran, dass sie keine Rüstung trug.
    Er kannte sie fast besser als sie sich selbst. Sieben Jahre waren vergangen, und doch überhaupt keine. “Ich –” Sie schüttelte den Kopf. “Ich weiß nicht, woran es liegt.”
    Tiamaris schloss sich ihnen leise an. “Severn?”
    “Etwas stimmt nicht.”
    “Er meint”, ergänzte Kaylin, “
noch
etwas.” Aber die Schwäche ihrer Glieder war fast ein Segen – eigentlich hätte sie nicht einmal bei Bewusstsein sein dürfen. Hatte der Alte ihr eine Gnadenfrist verschafft?
    Der Drache schenkte ihr ein seltenes Lächeln. Ohne ein weiteres Wort hob er Kaylin in seine Arme. Sie hätte etwas sagen sollen – und noch dazu etwas Unhöfliches – aber ihre Arme und Beine kribbelten, und das dämpfte ihren Stolz.
    Während sie, die Augen gen Himmel gerichtet, ihren Kopf an der breiten Brust des Drachen ausruhte, zogen die Straßen unter ihren Füßen vorbei.
    Das Feuer, das vom Boden bis in den Himmel loderte, war ein Spektakel. Es wurde teilweise von den Fassaden alter Gebäude verborgen, diesen gedrängten Quartieren, in denen die Ärmsten der Kolonien sich zusammendrängten. Doch Kaylin konnte das plötzliche orange leuchtende Aufflackern sehen, die Zungen des bleckenden Feuers, die nicht von der Sonne stammen konnten, und wäre sie noch gerannt, dann täte sie es jetzt bestimmt nicht mehr.
    Tiamaris hatte von Natur aus eine Zuneigung zu Flammen mitbekommen; entweder das, oder er war als Drache dagegen immun. Jedenfalls störte es ihn nicht. Nichts an seiner Gegenwart ließ ihn stehen bleiben. Andererseits hatten das auch die toten Barrani nicht getan, und er hatte lange vor Kaylin und Severn gewusst, was genau er gegenüberstand.
    “Es scheint”, sagte Tiamaris, als die Feuer heller wurden und das Orange zu einem anhaltenden Weiß wurde, “dass Lord Nightshade sich schnell bewegen kann, wenn er einen Grund dazu hat.” Er blieb stehen und stellte Kaylin ab. “Und es scheint”, sagte er, während sie ihr Gleichgewicht fand und sie um die Ecke in die Mayburn Street einbogen, “dass unsere Feinde nicht ein zweites Mal unvorbereitet erwischt werden wollen.”
    “Woher weißt du, dass es der Koloniallord ist?”
    “Weil es seine Magie ist”, antwortete der Drache. “Und die Falken über uns haben gerade erst angefangen, ihre Kreise zu ziehen. Ich glaube nicht, dass die Bodenfalken schon in die Kolonie eingedrungen sind.” Er zog sein Schwert. Es sah in seiner Hand wie ein Dolch aus, gerade und mit zwei Schneiden.
    Nicht, dass ihr wirklich viel Zeit blieb, es zu betrachten. Das Feuer verlangte den Großteil ihrer Aufmerksamkeit, teilweise auch, weil es sich an die Bewohner geheftet hatte. Und es schien ihnen nicht sehr zu gefallen, zu brennen.
    Im Grunde, musste sie verzweifelt feststellen, brannten sie gar nicht. Das Feuer verfolgte sie und heftete sich, wenn es konnte, an ihre Umhänge und ihre Haare. Es spiegelte sich in ihren Augen und in ihren Schwertern. Aber es schien nur

Weitere Kostenlose Bücher