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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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daran, wie es gewesen sein muss, zu sterben. Du fragst dich, was sie gedacht haben. Was sie gefühlt haben. Ob sie Angst hatten. Ich nicht. Denn nichts, was ich tue, kann es jetzt noch schlimmer machen. Und wenn irgendetwas, was ich tue, dazu führt, dass die Falken den Mörder fassen, dann werden die Toten mir hoffentlich vergeben.
    Jetzt versuchte sie, daran zu denken.
    Zunächst schnitt er nur wenig. Er untersuchte den erstarrten Mund des Jungen und zog die Augenlider hoch, um sich die Augen anzusehen. Er sprach sehr wenig, als er mit der Untersuchung zu der klaffenden, furchtbaren Wunde fortschritt, die einmal der Bauch gewesen war. Sie blutete nicht.
    Noch etwas, was Kaylin mit der Zeit schätzen gelernt hatte: Blut bedeutete Leben. Es bedeutete noch eine
Chance
. Und dieser Junge? Hatte keine mehr.
    “Quetschungen an den Armen”, sagte er ihnen ruhig. Oder irgendwem, er machte sich nicht die Mühe, aufzusehen, ob jemand ihm zuhörte. Er hätte genauso gut mit den Spiegeln reden können. Im Grunde, wenn man an das Archiv dachte, tat er das wahrscheinlich. “Abschürfungen an den Handgelenken – er war gefesselt. Keine Seilreste in den Kratzern … wahrscheinlich wurden Lederriemen benutzt.”
    “Handschellen?”
    Red schüttelte den Kopf. “Unwahrscheinlich, wenn Magie damit zu tun hatte. Seine Fußgelenke haben die gleichen Spuren.”
    Er sprach weiter, doch Kaylin konnte sich nicht mehr auf seine Worte konzentrieren. Es war anstrengend. Sie schloss die Augen. Öffnete sie wieder. Atmete tief durch.
    Marcus berührte ihre Schulter. Sie merkte es kaum.
    “Falkenlord”, sagte der Leontiner knapp. Er war der
einzige
Falke, der ihn im Dienst so nannte.
    “Sie bleibt”, sagte der Falkenlord. Nur das.
    Es würde wahrscheinlich Streit geben, aber erst später. Marcus machte sich ebenfalls nichts aus den Magiern, und er würde nicht zulassen, dass seine Einheit sich vor ihnen uneinig zeigte. Er würde abwarten. Aber sein Fell begann sich aufzustellen. Normalerweise würde sie das beunruhigen. Aber im Augenblick war nichts normal.
    Oh, es war schlimm. Schlimmer als beim ersten Mal. Als sie damals bei dieser Arbeit zugesehen hatte, hatte Clint wie ein tröstender Fels neben ihr gestanden.
    Diesmal betraf es sie persönlich.
    “Archiv”, sagte Red. Er legte das Skalpell neben das Gesicht des Jungen.
    Der Falkenlord nickte und machte eine Handbewegung. Das Leuchten des Spiegels begann sich schillernd in sich zu winden, als wäre es eine Schlange. Eine große. Sie starrte das Bild an, das sich hinabsenkte, hasste es, war wie gebannt davon. Es war eine weitere Leiche.
    “Welche ist es?”, fragte sie leise.
    “Die letzte Leiche”, antwortete Red. “Wie Ihr sehen könnt, Lord Grammayre, sind Todesursache und Methoden die gleichen. Die Schnitte stimmen haargenau überein.”
    Der Falkenlord nickte.
    “Arme”, befahl Red dem Spiegel, und er gehorchte. Das Bild bewegte und veränderte sich. Er hatte den Bauch des Jungen bedeckt und hob jetzt die entblößten Unterarme an. “Ich glaube, die Zeichen sind die gleichen”, berichtete er dem Falkenlord.
    “Ich stimme zu”, sagte Tiamaris.
    “Und der Erste der drei Toten?”, fragte der Falkenlord.
    Red nickte, der Spiegel veränderte sein Bild. Er zeigte keine Gesichter, und Kaylin war dankbar dafür. Ein klein wenig.
    Noch ein Paar Arme erschien – schwer zu sagen, dass es nicht die gleichen waren, aber das Archiv machte nur sehr selten Fehler – mit dem gleichen komplizierten Muster vom inneren Ellenbogen bis zum inneren Handgelenk. “Identisch”, verkündete Tiamaris.
    Red begann, die Arme unter das schwere Laken zu stecken. Er zog es hoch, um die Schenkel bloßzulegen, dann wurden auch sie verglichen.
    Erst als sie fertig waren, sagte Kaylin etwas. Zu den Spiegeln. “Archiv”, sagte sie mit zitternder Stimme. Nichts geschah.
    Mit einem wütenden Schnauben duckte sie sich zwischen Marcus und Red hindurch und trat an das große, flache, versilberte Glas. Sie legte eine verschwitzte, nicht ganz saubere Handfläche auf die Oberfläche und wiederholte: “Archiv, verdammt noch mal.”
    “Der Spiegel ist nicht auf dich eingestellt”, begann Callantine in seiner arroganten, herablassenden Eisblockstimme.
    Ihr geschah die Befriedigung, dass der Spiegel reagierte. Schade, dass die Spiegeloberfläche inaktiv war – sie hätte zu gern das Gesicht des Magiers gesehen.
    “Zeit: vor siebeneinhalb Jahren. Opfer aus der Kolonie Nightshade. Tina”, fügte sie

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