Keeva McCullen 2 - In den Klauen der Sukkubus (German Edition)
denn mit dir passiert?“, fragte er.
Sophie verzog den Mund und schaffte es gerade noch, mit gepresster Stimme „Liebeskummer“ zu sagen, dann flossen die Tränen über ihre Wangen und sie verbarg das Gesicht in ihrem Arm.
Mitleid überkam Shane, er ging um den Stand herum und zog sie an sich. Sie presste ihren Kopf an seinen Ledermantel und nach einer Weile ließ das Schluchzen etwas nach. Sanft schob er sie wieder weg, kramte in seiner Manteltasche nach einem Taschentuch, fand jedoch nur ein völlig zerfranstes Etwas. Also zog er Sophie kurzerhand mit hinter den Stand, setzte sie auf seinen Klappstuhl und gab ihr ein sauberes Stück der Küchenrolle, die er normalerweise zum Reinigen des Schmucks verwendete.
Sophie schnäuzte sich kräftig, doch die Tränen flossen weiter. Shane wünschte sich, woanders zu sein - er fühlte sich weinenden Wesen gegenüber immer ziemlich hilflos. Aber irgendetwas musste er wohl tun – also ging er vor ihr in die Hocke und sah sie an.
„Nun gut, erzähl mal, was los ist“, forderte er sie auf.
Es waren drei weitere Blätter der Küchenrolle notwendig, bis Sophie ihre Geschichte losgeworden war: sie hatte diesen Jungen kennengelernt, der sie letzten Sonntag versetzt hatte - was sie Shane gegenüber ja bereits angedeutet hatte. Er hieß Lucas, und sie mochte ihn anscheinend lieber, als es ihr selbst bewusst gewesen war. Und sie hatte gedacht, dass er sie auch mochte.
Sie erzählte Shane von dem Abend vor einer Woche, an dem sie und die anderen in ein leerstehendes Haus gegangen waren, weil in dessen Hinterhof angeblich irgendein böses Ungeheuer getötet worden war – bei dieser Passage bemühte Shane sich um einen besonders neutralen Gesichtsausdruck, doch Sophie war viel zu sehr mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt, um seinem Mienenspiel große Aufmerksamkeit zu widmen. Lucas hatte sich seit diesem Abend nicht mehr bei ihr gemeldet, erzählte sie dann, - und als sie schließlich selbst bei ihm angerufen und ihn auch zweimal ans Telefon bekommen hatte, habe er total seltsam geklungen.
„Ja, und gestern wollte ich endlich Gewissheit haben“, meinte sie und ein erneuter Schluchzanfall schüttelte sie. „Und bin zu seiner Wohnung gegangen. Und dann kam er raus und hatte diese Schlampe am Arm.“
Ihre Stimme brach, sie blickte ihn mit großen Augen erwartungsvoll an und Shane sah hilflos zu der Küchenrolle. Ob er ihr noch ein Stück geben sollte?
„Aber das Schlimme ist, dass ich ihn nicht vergessen kann“, sprach Sophie jedoch weiter. „Das ist einfach nicht der Mann, den ich kennengelernt habe. Ich versteh die Welt nicht mehr.“
Sie zuckte mit den Schultern, ihr Blick ging ins Leere und sie sah plötzlich sehr verletzlich aus. Erneut überspülte Shane eine Woge des Mitleids, er riss gleich zwei Blätter der Rolle ab und reichte sie ihr.
Geistesabwesend ergriff Sophie die improvisierten Taschentücher und zerknüllte sie zwischen ihren Fingern. Sie presste die Lippen zusammen, als sei sie gerade eben zu einem Entschluss gekommen, und richtete ihre rotgeränderten Augen auf Shane.
„Ich habe eine Bitte an dich“, sagte sie.
Shane wusste, dass er wohl kaum eine Möglichkeit hatte, abzulehnen – so sehr er es auch gewollt hätte -, also nickte er schicksalsergeben.
„Rück‘ raus, was soll ich tun.“
„Könntest du mit ihm reden?“
Hastig, noch ehe Shane etwas erwidern konnte, sprach sie weiter: „Ich weiß, du kennst ihn nicht. Und ich weiß ja auch, dass du...“ - sie zögerte - „... anders bist als andere Männer.“
Shane war dankbar, dass sie nicht sagte: anders als andere Menschen.
„Aber immerhin bist du ein Mann.“
Danke sehr, dachte Shane zynisch. Doch er wusste, dass sie es nicht böse meinte.
„Und du bist der einzige, mit dem ich mich überhaupt traue, darüber zu reden.“
Das fand er jetzt wiederum nett und er bemühte sich, verständnisvoll auszusehen.
„Also wäre es super, wenn du ein paar Worte mit ihm wechseln könntest. Du kannst ja ruhig sagen, dass ich dich geschickt habe. Und dass ich einfach nur Klarheit haben möchte. Und als Mann erkennst du vielleicht eher, ob Lucas dann die Wahrheit sagt oder nicht.“
Sie sah ihn mit Augen an, in denen schon wieder die Tränen schwammen. Gerührt nahm er ihre Hände, drückte sie kurz und stand auf. Inzwischen hatte es begonnen dunkel zu werden und die ersten Lichter wurden ringsherum angeschaltet. Er sah auf die Uhr: es war Zeit, den Stand abzubauen.
„In Ordnung“,
Weitere Kostenlose Bücher