Kein Alibi: Roman (German Edition)
Worte dachte er, ohne sicher zu sein, ob er sie auch tatsächlich laut ausgesprochen hatte. Mit einem traurigen Lächeln schlug er die Augen auf und richtete den Blick auf ihr Gesicht. »Warum musste alles so ein Scheißdurcheinander sein?«
Sie leckte sich eine Träne aus dem Mundwinkel, öffnete den Mund zum Sprechen, konnte aber die Worte nicht finden. Für sie musste es genauso verwirrend sein wie für ihn. Obwohl er zum ersten Mal in seinem Leben wirklich verliebt war, konnte es falscher nicht sein.
Er klopfte links neben sich aufs Bett.
Sie schüttelte verneinend den Kopf. »Ich könnte dir wehtun.«
»Leg dich hin.«
Sie zögerte nur noch einen winzigen Augenblick, dann ging sie auf die andere Seite des Betts und schlüpfte zu ihm. Die einzige Berührung war ihre Hand auf seiner Brust. »Näher kann ich nicht kommen, sonst stoße ich vielleicht gegen dein Bein.«
Es gab noch viel mehr, was er sagen wollte, und vieles, worüber sie sprechen mussten, aber inzwischen zeigte die Tablette ihre Wirkung. Dass er sie in der Nähe hatte, war schon ein kleiner Trost, den er genießen wollte. Aber dann glitt er gegen seinen Willen ins Vergessen hinüber.
Einige Zeit später wachte er auf. Teilweise. Nicht ganz. Er wollte nicht ganz aufwachen. Er hatte keine Schmerzen. Eigentlich fühlte er sich ganz unglaublich. Gutes Zeug, diese Schmerztabletten.
Neben ihm bewegte sich Alex. Er spürte, wie sie sich aufsetzte. »Hammond, bist du wach?«
»Hmm.«
»Kann ich dir etwas bringen?«
Er nuschelte etwas, das sie wohl als »nein« verstanden hatte, denn sie legte sich wieder hin. Trotzdem stieß er wenige Sekunden später etwas hervor, das er nicht einmal selbst verstand.
»Pardon?« Ihr Kopf kam hoch. Wenigstens bildete er es sich ein. Er hatte immer noch die Augen geschlossen. »Hammond?« Besorgt legte sie ihm die Hand auf die Brust. »Hast du Schmerzen? Möchtest du einen Schluck Wasser?«
Er legte seine Hand über ihre und schob sie unter die Bettdecke.
Danach schwebte er wieder in einen Zustand zwischen Traum und Wirklichkeit zurück, der seine besten schmutzigen Träume übertraf. Wie in einem erotischen Märchen brauchte er selbst nichts zu tun. Er musste lediglich die Kontrolle fahren lassen und sich seinen Sinnen hingeben. Lass es geschehen. Geh mit der Flut. Lass dich auf sachte anschwellenden Gefühlswogen treiben.
Alles steigerte sich köstlich langsam. Sie unterlagen keinem Zeitplan, keiner Frist. Es gab kein Drängen und keine Konsequenzen. Träume blieben so herrlich folgenlos.
Er bemerkte, wie sie eine neue Position einnahm, aber trotz einiger zarter Küsse war er nicht so recht auf die feuchte Hitze vorbereitet, die ihn umfing. Ein so sinnliches Streicheln hatte er noch nie erlebt. Er hielt den Atem an und sog die Erregung in sich ein. Sein ganzer Körper ruhte schwer in der Matratze und aalte sich in sexueller Trägheit wie in einem warmen Bad. Instinktiv bewegte er die Hand, streckte sie aus, suchte, fand. Weichheit. Seidig, geheimnisvoll. Zentrum des Universums. Herzschlag der Menschheit. Weg zum Leben.
Er musste die Finger nur leicht bewegen, um kleine erregende Feuerwerke auszulösen. In seinem Daumenballen saß uraltes Wissen, das Geschenk einer einzigartigen Berührung, die ihr leises Stöhnen entlockte. Keine hörbaren Laute, eher Schwingungen in ihrem Mund, die sich wieder auf ihn übertrugen.
Dieser lebendige Traum, dieses Vergessen, war so zauberhaft, dass er nicht daraus auftauchte, nicht einmal nach einem langsam aufsteigenden Orgasmus, der ihn in dem Gefühl zurückließ, er habe sich aufgelöst.
An den Rändern seines Bewusstseins lauerte etwas Bedrohliches und Hässliches, aber er weigerte sich, es zur Kenntnis zu nehmen. Nicht jetzt. Nicht heute Nacht. Morgen.
Hammonds Morgen begann drei Stunden später mit einem Aufschrei. »Lieber Himmel!«
DONNERSTAG
27
Steffi schrie noch immer, während sie die Treppe hinaufraste und in Hammonds Schlafzimmer platzte, wo sie ihn kerzengerade im Bett sitzend fand. Er hielt den Kopf zwischen den Händen und sah aus, als wäre er einem Herzinfarkt nahe.
»Ich dachte, man hätte dich ermordet. Beim Anblick der blutigen Handtücher –«
»Verdammt noch mal, Steffi, deinetwegen hätte ich fast einen Herzanfall bekommen.«
»Du? Ich! Bist du in Ordnung?«
Ängstlich wanderten seine Blicke durchs Zimmer, als suche er etwas. »Wie spät ist es? Was machst du hier? Wie bist du hereingekommen?«
»Ich habe noch immer einen
Weitere Kostenlose Bücher