Kein Alibi: Roman (German Edition)
seines verletzten Arms tätschelte.
Unten im Erdgeschoss konnten sie schon durch die Glastüren die Reportermeute erwartungsvoll auf der Vordertreppe lauern sehen. »Ist denen doch egal. Ich muss es hinter mich bringen.« Später musste Steffi gestehen, dass er seine Sache gut gemacht hatte. Seine Verletzungen verliehen ihm einen schneidigen und couragierten Eindruck. Ein verletzter Soldat, der sich zum Kampfe wappnet.
Während der Fahrt zum Justizgebäude im Norden der Stadt wurde nur wenig gesprochen. Kaum waren sie drinnen, entschuldigte sich Hammond und zog seine private Bürotür hinter sich zu. Gedankenverloren stieß Steffi buchstäblich mit Monroe Mason zusammen, als dieser unvermutet mit einem Smoking über dem Arm um die Ecke schoss.
»Der Boss räumt aber früh das Feld«, meinte sie neckend. Mason runzelte die Stirn. »Meine Frau hat uns heute Abend für eine dieser langweiligen karitativen Veranstaltungen verpflichtet. Ein Bankett, bei dem jeder Anwesende einen Preis erhält. Abgesehen davon, wer braucht mich hier schon? Ihr macht doch alle eure Sache auch ohne meine Hilfe prima. Dr. Ladds Stiefbruder hat Hammond das fehlende Glied geliefert, was? Jetzt hat er also ihr Motiv. Klingt solide.«
»Trimbles Aussage hat die Entscheidung gebracht.«
»Ich würde immer auf unser Team setzen.«
»Danke schön.«
»Jetzt aber genug der Floskeln«, meinte er mit einem gutmütigen Lächeln. »Steffi, was sagt Ihr Gefühl? Was für einen Fall haben wir da?«
Während sie sich erneut Smilows Bedenken ins Gedächtnis rief, meinte sie: »Wir hätten gerne noch mehr handfeste Beweise.«
»Welcher Staatsanwalt hätte die nicht gerne. Wir erwischen doch nur selten einen Schuldigen mit rauchendem Colt in der Hand. Manchmal – eher öfter als selten – müssen wir aus einer Kleinigkeit oder aus gar nichts etwas machen. Hammond wird seine Anklageerhebung bekommen. Und wenn der Fall vors Gericht
kommt, wird er auf schuldig plädieren. Ich habe bezüglich seiner Fähigkeiten keine Bedenken.«
Steffi lächelte, auch wenn ihre Gesichtsmuskeln dabei schmerzten. »Ich auch nicht. Falls er sich nicht Hals über Kopf verliebt.«
Mit einem Blick auf seine Armbanduhr meinte Mason: »Ich muss los. Ich treffe mich noch rasch mit meinem Trainer für ein paar Übungen und eine Massage, bevor ich in diesen Affenfrack steige. Um fünf gibt’s Cocktails. Mrs. Mason hat mich schwören lassen, dass ich nicht zu spät komme.«
»Viel Spaß.«
Er runzelte die Stirn. »Das war ein Scherz, ja?«
»Ja, Sir, das war ein Scherz.« Lachend wünschte sie ihm einen angenehmen Abend.
Er war schon fast am Flurende, da blieb er stehen und drehte sich um. »Steffi?«
Da sie ihm den Rücken zukehrte, konnte er das triumphierende Lächeln nicht sehen, das sich über ihr Gesicht breitete. »Ja?«
»Was wollten Sie mit dieser Bemerkung andeuten?«
»Bemerkung?«
»Über Hammond und dass er sich Hals über Kopf verliebt.«
»Ach.« Sie lachte. »Hab nur Spaß gemacht. Sollte nichts bedeuten.«
Er kam wieder zu ihr zurück. »Jetzt spielen Sie bereits zum zweiten Mal darauf an, dass Hammond in Dr. Ladd verknallt ist. Für mich ist das alles andere als nichts. Meiner Ansicht nach ist das ganz gewiss kein Thema für Witze.«
Steffi kaute an der Innenseite ihrer Wange herum. »Wenn ich ihn nicht besser kennen würde…«, sagte sie und brach ab, dann schüttelte sie heftig den Kopf. »Aber ich kenne ihn, wie wir alle. Hammond würde nie seinen objektiven Standpunkt verlieren.«
»Unter keinen Umständen.«
»Natürlich nicht.«
»Also dann… Schönen Abend.«
Der Bezirksstaatsanwalt drehte sich um und ging wieder den Gang entlang. Kaum war er außer Sichtweite, hüpfte Steffi buchstäblich
in ihr Büro. Anfang der Woche hatte sie die Saat gelegt und heute gut gedüngt. »Mal sehen, wie fruchtbar sein Gehirn ist«, lobte sie sich selbst, während sie hinter ihrem Schreibtisch Platz nahm und den Stapel Telefonnachrichten durchblätterte. Die Einzige, auf die sie gehofft hatte, war nicht darunter. Gereizt griff sie zum Hörer.
»Labor. Anderson am Apparat.«
»Hier ist Steffi Mundell.«
»Ja, und?«
Jim Anderson arbeitete im Krankenhauslabor und litt unter einem Komplex, so groß wie der Mount Everest. Er fühlte sich ständig angegriffen. Da Steffi schon früher mit ihm kollidiert war, wusste sie Bescheid. Die von ihr verlangte Genauigkeit, kombiniert mit Tempo, schien er nicht liefern zu können. »Haben Sie diesen Test schon
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