Kein Alibi: Roman (German Edition)
zurückkehrte.
»Rory, wenn du zu mir um Antworten kommst, musst du wirklich verzweifelt sein.«
»Du bist meine letzte Rettung.«
»Umso schlechter für dich, weil ich dir schon alles erzählt habe, was ich weiß.«
»Davee, das bezweifle ich ernsthaft.«
»Ich lüge dich wegen dieser Dr. Ladd nicht an. Ich würde nie –«
»Darum geht’s doch gar nicht«, sagte er und schüttelte ungeduldig den Kopf. »Es geht um etwas… um etwas anderes.«
»Denkst du, du bist hinter der Falschen her?« Er gab keine Antwort, aber seine Miene verkrampfte sich.
»Aha, das ist es, stimmt’s? Und für dich ist Unsicherheit eine schlimmere Strafe als der Tod, nicht wahr? Du mit dem kalten Herzen und dem eisernen Willen.« Sie lächelte. »Nun, mein Schatz, ich enttäusche dich ja nur ungern, aber dieses kleine Tete-a-Tete war Zeitverschwendung, für uns beide. Ich weiß nicht, wer Lute getötet hat. Ehrenwort.«
»Hast du mit ihm am Samstag gesprochen?«
»Als er morgens das Haus verließ, hat er mir erklärt, er ginge jetzt Golf spielen. Das nächste Mal habe ich erst wieder einen Gedanken an ihn verschwendet, als du mit dieser Mundell-Zicke aufgetaucht bist, um mir mitzuteilen, dass er tot ist. Offensichtlich waren seine letzten Worte an mich eine Lüge und damit, mehr oder weniger, ein passender Epilog für unsere Ehe. Er war ein fürchterlicher Ehemann, ein durchschnittlicher Liebhaber und ein verachtenswerter Mensch. Offen gestanden ist es mir scheißegal, wer’s getan hat.«
»Wir haben deine Haushälterin beim Lügen ertappt.«
»Zu meinem Schutz.«
»Wenn du unschuldig bist, warum brauchst du dann Schutz?«
»Gutes Argument, aber Sarah hätte auch bejaht, wenn ich behauptet hätte, den Samstagnachmittag damit zugebracht zu haben, splitterfasernackt über die Broad Street zu reiten. Und das weißt du genau.«
»Du warst also nicht den ganzen Tag mit Migräne an dein Schlafzimmer gefesselt?«
Lachend fuhr sie sich mit den Fingern durch die Haare und kämmte einige zerzauste Locken glatt. »So könnte man es auch ausdrücken. Ich bin den ganzen Tag mit meinem Masseur im Bett gewesen. Leider hat er sich nicht nur als Migräne fördernd entpuppt, sondern als ausgesprochener Langweiler. Sarah wollte nicht meinen guten Ruf besudeln, indem sie dir die Wahrheit sagte.«
Ihr Sarkasmus war ihm nicht entgangen. Er wandte den Kopf ab und starrte durch die Windschutzscheibe auf die kümmerliche Buschreihe. Seine Kinnmuskeln waren völlig verkrampft. Davee wusste nicht, ob das ein gutes Zeichen war oder nicht.
»Rory, bin ich nun wieder verdächtig?«
»Nein, du hättest Lute nie umgebracht.«
»Wie kommst du darauf?«
Er sah sie durchdringend an. »Weil du es genossen hast, mich durch deine Ehe mit ihm zu quälen.«
Also wusste er genau, weshalb sie Lute geheiratet hatte. Er hatte es bemerkt, und es machte ihm obendrein etwas aus. Also floss doch noch Blut in seinen Adern, trotz seiner scheinbaren Gleichgültigkeit, und mindestens ein Teil davon brannte vor Eifersucht.
Obwohl sie vor Aufregung Herzflattern bekam, hielt sie ihre Gesichtszüge im Zaum und beherrschte ihre Stimme. »Und außerdem… ?«
»Und außerdem hättest du dir nie und nimmer solche Umstände gemacht. Warum solltest du auch, wenn du weißt, dass du trotz eines Mordes ungeschoren davongekommen wärest?«
»Mit anderen Worten«, sagte sie, »ich bin zu reich, um verurteilt zu werden.«
»Genau.«
»Und eine Scheidung macht nur marginal weniger Probleme als ein Mordprozess.«
»In deinem Fall bereitet eine Scheidung vermutlich mehr Probleme.«
Mit diebischer Schadenfreude sagte sie: »Außerdem ist es so, wie ich zu Hammond gesagt habe. Die Gefängnisanzüge –«
»Wann hast du mit Hammond gesprochen?«, fiel er ihr ins Wort.
»Ich unterhalte mich oft mit ihm. Wir sind alte Freunde.«
»Das weiß ich nur allzu gut. Wusstest du, dass er am Tag, als Lute getötet wurde, bei ihm war? Ungefähr um die Tatzeit?«
Mittlerweile war Davee nicht mehr entspannt, sondern sehr auf der Hut und überlegte, wie weit Rory wohl gehen würde, um ihr
die Seelenqual heimzuzahlen, die sie ihm bereitet hatte. Würde er sie wegen Justizbehinderung anzeigen, weil sie ein Beweisstück zurückgehalten hatte? Sie hatte Lutes handschriftliche Notiz mit den Terminen vom Samstag an Hammond weitergereicht. Diese Information war möglicherweise völlig unwichtig oder aber auch der Schlüssel zur Lösung von Rorys Fall.
Egal, es war Sache des Ermittlers, die
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