Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Titel: Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Hepburn
Vom Netzwerk:
ihn auch.« Es auszusprechen war eine Erleichterung. Ich verachte ihn. Da, nun war es raus.
    »Er ist Ihr Vater!«
    Bestimmt hasste Christy ihn jetzt. Was für ein Mensch verachtete schon den eigenen Vater? Andererseits mussten auch nicht viele einen Vater wie den seinen ertragen. Trotzdem wollte er nicht, dass Christy schlecht über ihn dachte. Deshalb versuchte er, sich zu rechtfertigen. »Er hat nicht viel von einem Vater, Christy. Das hat er nie
gehabt. Also gut, vielleicht verachte ich ihn nicht als Mensch, aber ich verachte, was und wie er ist - ergibt das Sinn?«
    »Ich weiß nicht.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht.«
    »Zumindest hat er sie nie verlassen.«
    Christy hatte so leise gesprochen, dass sich Will das Handy noch fester ans Ohr presste. »Wie bitte?«
    »Er hat Sie nie verlassen, Will. Er war vielleicht nicht der Vater, den Sie sich erträumt haben, aber er war da .«
    »Nicht wirklich …«, begann Will zu protestieren, verstummte dann aber. Angestrengt überlegte er, wie er Christy beweisen konnte, dass sie Unrecht hatte. Sein Dad war immer in seiner Nähe gewesen und hatte Will immer überallhin mitgenommen, auf diese Studienreisen oder wenn er sich irgendwo verkriechen wollte. Es war zwar nicht gerade Disneyland gewesen, aber …
    »Okay«, sagte er nach einer Weile. »Von mir aus war er da, zumindest physisch … aber eben nicht richtig.«
    »Er musste Ihnen Vater und Mutter sein. Das ist für niemanden eine leichte Aufgabe.«
    »Er hat versagt, Christy! Hören Sie, ich weiß zu schätzen, dass Sie versuchen …«
    »Also gut, er hat es vermasselt. Wie lange bestrafen Sie jemanden für sein Scheitern?«
    »Ihn bestrafen?«, wiederholte Will. Christy schwieg.
    »Verdammt, Christy, ich bestrafe ihn doch nicht - er bestraft mich!«
    »Sind Sie da so sicher?«

    »Ja! Ich bin meinem Großvater ähnlicher als er, und das kann er nicht ertragen … ach, ich weiß auch nicht. Ist doch egal.«
    »Ist es eben nicht, Will!«
    Will seufzte und rieb sich den Hinterkopf. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte.
    »Mir war nicht klar, dass Sie momentan so viel durchmachen«, fuhr Christy fort. »Sie klingen traurig.«
    »Na ja.« Er zuckte mit den Schultern. »Irgendwann verliert jeder seine Großeltern. Ich sollte froh sein, dass ich Grandpa so lange hatte.«
    »Aber es ist nicht nur das, stimmt’s?«
    Will musste die Tränen wegblinzeln. Christy hatte ihren Finger auf eine Wunde gelegt, und er war nicht sicher, ob er schon bereit war, sich das einzugestehen.
    Er versuchte, das Thema zu wechseln. »Ich werde Dad nicht ändern können. Dafür ist es zu spät. Ich muss mich damit abfinden.«
    »Bombardieren Sie mich gerade mit Motivationssprüchen?« Ihre Stimme klang neckend, und er musste trotz allem lächeln.
    »Ach, kommen Sie, das müssen Sie mir zugestehen. Ich habe einen harten Tag, Sie erinnern sich?«
    Christy kicherte. »Also gut, aber nur den einen.«
    »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    »Hey, wie geht’s meinem Hund?« Will konnte im Hintergrund hören, wie sich Bouviers Winseln allmählich zu einem ausgewachsenen Gekläffe steigerte. »Was stellt dieser italienische Typ mit ihr an?«

    »Pscht, Bouvier!«, zischte Christy. »Ich glaube, sie langweilt sich hier drinnen. Der Mann von der Reinigung sucht nach etwas, worin man den Teppich einpacken kann. Es wird nicht mehr lange dauern.«
    Während sie in Schweigen verfielen, ließ Will den Blick umherschweifen. Christys Stimme schien im Laufe des Tages herzlicher geworden zu sein. Vielleicht fing sie an, ihm zu vertrauen und sich ein bisschen zu öffnen. Der Gedanke gefiel ihm.
    »Was macht Sie glücklich, Will?«
    »Entschuldigung?«
    »Sie haben schon richtig verstanden.«
    »Möchten Sie eine ehrliche Antwort?«
    Er hörte, wie sie am anderen Ende der Leitung die Luft anhielt, und sein Herz machte vor Freude einen Satz.
    »Das hier macht mich glücklich«, sagte er schließlich und löste die Spannung zwischen ihnen. »Tage wie heute. Ihnen zu helfen. So was ist schon eine Weile her.«
    »Sie müssen sich auf diesen Gedanken konzentrieren«, sagte Christy. »Vergessen Sie mal für eine Weile, dass Ihr Dad die Ursache für alles Elend auf dieser Welt ist. Verwenden Sie ein bisschen Zeit darauf herauszufinden, was Sie zufrieden macht.«
    »Ich kenne das Handbuch nicht, aus dem Sie das haben, aber es gefällt mir.«
    »Frechheit! Das ist alles von mir, mein Freund. Und wissen Sie was? Ich habe Recht. Und ich hab noch mehr. Sind Sie

Weitere Kostenlose Bücher