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Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Titel: Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Hepburn
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schmale Gasse. »Sie darf dich auf keinen Fall zu Gesicht bekommen, Toni. Sie hat dich im Taxi gesehen und wird dich wiedererkennen. Könntest du bitte den Teppich mitnehmen und dich für ein paar Minuten da verstecken?«
    Christy wollte nicht, dass Toni mit ansah, wie sie öffentlich gedemütigt und gefeuert wurde. Das wäre der Tropfen, der das randvolle Fass zum Überlaufen bringen würde.

    Toni warf ihr einen hilflosen Blick zu. Offenbar hatte er kein Wort verstanden.
    Christy schaute sich um. Noch immer kein Taxi in Sicht. »Komm mit«, sagte sie zu Toni.
    Mit einem Ächzen hob sie ihr Teppichende wieder hoch und führte Toni in das Versteck. Sie fanden ein Fleckchen, das nicht zu schmutzig war, und legten den Teppich an der Hauswand von Miss Hs Apartmenthaus auf den Boden.
    »Fünf Minuten?« Christy zeigte auf die Stelle ihres Arms, an der man normalerweise eine Armbanduhr trägt, und spreizte die Hand. »In fünf Minuten bin ich zurück, okay?«
    Toni zuckte mit den Schultern, schlug den Kragen seines Hemdes hoch, beugte sich vor und sah sie mit dem durchtriebenen Blick eines Verbrechers an, der auf Beutezug ist. Christy lachte. Toni sorgte dafür, dass ihre Laune heute nicht vollends abstürzte.
    Und da kam sie auch schon! Kaum war Christy wieder auf dem Bürgersteig vor dem Haus, da näherte sich das Taxi und blinkte, um direkt vor dem Eingang rechts ranzufahren. Christy entdeckte den leuchtenden Heiligenschein platinblonden Haares, das ans Ohr gepresste Handy und die expressiven Handbewegungen. Sie verspürte plötzlich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Ihr blieb keine Zeit, um Pläne zu schmieden und sich zu überlegen, was sie sagen sollte. Sie musste Miss H reinen Wein einschenken und die Beschimpfungen, die ihr daraufhin an den Kopf fliegen würden, mit Würde ertragen.
    Als der Fahrer Christy erblickte, guckte er zweimal hin.
Schuldbewusst trat Christy ein paar Schritte vor und legte verstohlen den Finger an die Lippen. Sie flehte ihn an, sich nicht anmerken zu lassen, dass er sie kannte. Eine scheinbare Ewigkeit lang starrte er sie an und trommelte dabei mit den Fingern aufs Lenkrad.
    Und dann kapierte Christy. Die gewölbte Schachtel steckte nicht mehr unter ihrem Shirt, sondern sie trug sie unterm Arm und sah kein bisschen schwanger aus.
    Miss H sammelte ihre Tüten ein und bereitete sich darauf vor auszusteigen.
    »Tut mir leid«, formte Christy tonlos mit den Lippen.
    Der Fahrer schüttelte nur den Kopf.
    »Christy, Darling!«, ertönte Miss Hs schriller Schickeria-Singsang aus dem hinteren Wagenteil. »Sie würden nicht glauben, was ich alles erlebt habe - meine Füße bringen mich um!«
    Wie Christy vorhergesagt hatte, machte Miss H keinerlei Anstalten, den Fahrer zu bezahlen. Der wartete allerdings auch nicht ab, sondern warf Christy einen letzten verächtlichen Blick zu und fuhr davon.
    »Ähm, hi«, stammelte Christy und fühlte sich elender denn je.
    »Ich habe Schuhe gekauft und noch mehr Schuhe! Und eine Handtasche - nein, viele Handtaschen … hier.« Miss H drückte Christy einen Stapel Einkaufstüten in die freie Hand. »Das ist längst nicht alles! Die anderen bringt Claudio mit.«
    Christy rang sich ein angestrengtes Lächeln ab. »Großartig! Wow! Das nenne ich einen erfolgreichen Einkaufsbummel.«

    »Ja, nicht wahr?« Miss H nahm das Lob entgegen, als hätte sie Schuhe und Handtaschen höchstpersönlich erfunden. »Nur die Fahrt hat eine Ewigkeit gedauert. Dieser Taxifahrer muss neu gewesen sein. Ich werde dafür sorgen, dass meine Leute mit seiner Firma reden. Vielleicht braucht er eine Schulung. Was soll’s. Ich brauche jetzt jedenfalls ein heißes Bad!«
    Auf ihren silberfarbenen Pumps mit Pfennigabsätzen überragte sie Christy um gute zwanzig Zentimeter und hatte etwas von einem strahlenden Stern - was sie auch ganz genau wusste. Passanten blieben stehen und gafften neugierig. Einige zückten ihre Handys und fotografierten Miss H. Aber sie machte einfach weiter, als wäre es das Natürlichste von der Welt. Für heute war Christys Bedarf an aufsehenerregenden Menschen wahrlich gedeckt. Toni hatte die New Yorker mit seinem guten Aussehen umgehauen, seit er aus dem Flugzeug gestiegen war, aber Miss H legte es darauf an - das war der Unterschied. Christy begann sich zu fühlen, als wäre sie selbst eine Berühmtheit, und stellte sich vor, auf wie vielen Paparazzi-Fotos sie heute im Hintergrund zu sehen sein würde.
    In dem Moment fiel der Blick von Miss Hs glänzenden

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