Kein Augenblick zu früh (German Edition)
los.
Es war unmöglich! Wir durften uns doch gar nicht mehr im Camp oder auch nur in der Nähe blicken lassen! Die Einheit war eine Elitetruppe und funktionierte noch effizienter als eine Armee. Und wir waren ganz allein. Selbst wenn uns Demos und die anderen hier in Mexiko fanden, würden wir es nicht mit der Einheit aufnehmen können, das stand fest, seit wir uns mit der Elitetruppe im Joshua-Tree-Park einen Schusswechsel geliefert hatten. Ryder war dabei ums Leben gekommen, er war tot! Wie viele Leute würden noch ihr Leben riskieren müssen – in einem Kampf, der nicht mal ihr eigener Kampf war? Demos hatte wenigstens einen guten Grund – er liebte meine Mutter. Aber was war mit Suki? Oder Nate? Key? Amber? Warum sollte sich Amber auf unsere Seite stellen, nachdem der Mann, den sie geliebt hatte, getötet worden war?
Bevor ich es merkte, rollten mir Tränen über die Wangen. Ryder hatte mich immer fair behandelt. Und war vor meinen Augen von der Einheit erschossen worden.
»Wir können doch gar nicht in das Camp eindringen, Alex. Das ist unmöglich!«
Alex blickte auf das dunkle, weite Meer hinaus. »Es gibt immer einen Weg«, sagte er leise. »Das haben sie uns oft genug eingetrichtert. Jede Rüstung hat eine Schwachstelle. Wir müssen sie nur finden.«
5
»Ich liebe dich«, flüsterte ich.
Das hatte ich bisher nur ein einziges Mal ausgesprochen, in der Nacht, als wir aus dem Joshua-Tree-Park geflohen waren. Als wir Jack schwer verwundet und blutend im Wüstensand zurücklassen mussten, Ryder tot neben ihm. Erst nach einer Stunde hatte Alex gewagt, auf einem Truckparkplatz anzuhalten. Ich zitterte, befand mich im Schock, hatte die Arme eng um mich geschlungen, um gegen die Schüttelanfälle anzukämpfen, während das Schluchzen schier meine Brust zerriss, sodass ich kaum noch Luft bekam. Alex hatte mich zu sich hinübergezogen, hielt mich fest an sich gepresst und versuchte, mich zu beruhigen. Verzweifelt klammerte ich mich an ihn, während er mir immer und immer wieder zuflüsterte, dass alles wieder in Ordnung kommen würde.
Nach einer Weile hatte ich zu zittern aufgehört und die Finger gelockert, die sich in seine Schultern verkrampft hatten. Mein Atem hatte sich ein wenig beruhigt. Er hatte mich weiter fest im Arm gehalten und mir beruhigend zugeredet. Doch dann hatte ich meine Stimme wiedergefunden, hatte den Kopf gegen seine Brust sinken lassen und geflüstert: Ich liebe dich .
Obwohl ich seit vielen Jahren genau diese Worte immer wieder in Gedanken gesagt hatte, klangen sie jetzt wieder, laut ausgesprochen, so ungewohnt und neu, als hinge noch das Preisschild daran.
Das Blut schoss mir ins Gesicht und mir wurde flau im Magen. Hätten wir nicht schon im Bett gelegen, ich hätte vermutlich nicht mal mehr richtig stehen können. »Ich liebe dich«, wiederholte ich, aber dieses Mal blickte ich ihm tief in die Augen.
»Ich weiß«, antwortete er, schaltete die Leselampe über dem Bett aus und zog mich enger an sich. »Schon seit du fünf warst …«
Ich knuffte ihn in die Seite.
»Keine Ahnung, warum ich nie was merkte.«
Ja genau, ich hatte auch keine Ahnung. Selbst wenn ich es mir auf die Stirn geschrieben hätte, hätte es nicht offensichtlicher sein können.
»Nicht mal in zehntausend Jahren hätte ich erwartet, dass du mich auch magst«, murmelte ich und streichelte seine Brust. Und nicht mal in zehntausend Jahren würde es mir überdrüssig werden, seinen muskulösen Körper zu berühren.
»Warum nicht?«
»Darum«, sagte ich mit umwerfender weiblicher Logik. Musste ich das wirklich erst noch erklären?
Er lachte und strich mir über die Wangen. »Du hast keine Ahnung, wie schwer es ist, dir zu widerstehen. Natürlich nicht, als du fünf warst«, fügte er schnell hinzu. »Damals warst du zwar auch schon ein wahnsinnig nettes Kind. Aber als du vor ein paar Wochen hier aufgetaucht bist, hab ich dich plötzlich mit ganz anderen Augen gesehen.«
»Echt? Das hast du aber gut verborgen. Ich hatte nämlich zuerst nicht den Eindruck, dass du mich überhaupt wahrgenommen hast.«
»Was soll ich dazu sagen?« Er zuckte die Schultern. »Ich bin schließlich für verdeckte Ermittlungen ausgebildet worden. Erinnerst du dich, als der Alarm im Camp losging und du bei mir übernachten musstest? Ich lag die ganze Nacht wach.«
»Im Ernst?« Ich lachte und rollte mich auf den Rücken. Dieselbe Nacht hatte ich mich mit Horrorvorstellungen herumgequält – dass Alex in Rachel verliebt sei –
Weitere Kostenlose Bücher