Kein Blick zurueck
Mr. Wright.«
Frank ließ ein lautes Lachen hören. »Billy ist einer der Besten«, sagte er zu Mamah, als der Mann davonging. »Du wirst hier draußen keinen solchen Zimmermann mehr finden.« Er führte Mamah durch die ganze Länge des einstöckigen Gebäudes. Das Haus bestand eigentlich aus drei horizontalen Quadern, die zu einem U aneinandergefügt waren, das sich an den Hügel schmiegte. Die eine Seite dieses U’s bildete den Schlafzimmerflügel, der gegenüberliegende Flügel beherbergte Ställe für Pferde und Kühe und eine Garage. Dazwischen lagen die Zimmer für die Geselligkeit und die Arbeitsräume, eine Reihe von Zimmern, deren Fenster auf die weite Aussicht über das tief unter ihnen liegende Tal hinauszeigten. An vielen Stellen führten Glastüren auf die Terrassen, die das Haus umgaben.
Frank zeigte ihr das Wohnzimmer und ihr Schlafzimmer, dann das Zimmer, das den Kindern gehören würde, wenn sie zu Besuch kamen. Er beschrieb ihr, wie jedes Zimmer aussehen würde. Das Haus war genau so, wie er es beschrieben hatte, ein Ort, an dem Schutz und Natur eins wurden miteinander. Sie konnte sich vorstellen, wie es aussehen würde, wenn es fertig wäre. Dass Gäste durch den Eingangsbereich mit der niedrigen Decke gehen würden, dieden Raum optisch verkleinerte und so etwas wie Spannung erzeugte. Dass sie dann unvermittelt, körperlich spüren würden, wie diese Spannung sich löste und der Freude Platz machte, wenn sie das geräumige Wohnzimmer betraten, von dem aus sich ein weiter Blick auf den Himmel und das grüne Land darbot, die sich so weit erstreckten, wie das Auge reichte.
Doch worauf der Blick jetzt tatsächlich fiel, waren nackte Pfosten und Verkleidungspaneele. Öffnungen, wo Türen und Fenster hinkommen sollten. Eimer, um Gips anzurühren. Sandsäcke. Sägeböcke. Und überall Staub. Holzstaub. Gipsstaub. Schmutzstaub.
Frank las die Frage auf ihrem Gesicht. »In ein paar Wochen…«
»Wo werden wir schlafen?«
»Bei Jennie.«
»Aber…« Sie sprach nicht aus, was sie dachte. Mit Jennies Kindern im selben Haus zu wohnen, in dem ihre Tante Catherine gewöhnlich untergebracht war, wenn sie mit Frank zu Besuch kam? Im selben Haus wie Anna Wright?
Wie auf ein Stichwort hin trat Franks Schwester Jennie durch eine der Öffnungen und brachte ihnen in einem Korb das Mittagessen. Sie stellte den Korb auf dem Boden ab, dann kam sie auf Mamah zu und hielt ihr die Hand hin.
»Mamah«, sagte sie warm, »wie schön, Sie kennenzulernen.«
Mamahs Knie gaben beinahe nach vor Dankbarkeit. Frank hatte gesagt, Jennie würde freundlich sein. Sie war eine hübsche Version von Franks Mutter, trug das dunkle Haar in der Mitte gescheitelt und im Nacken eng zusammengenommen. Niemand hätte sie jedoch für Franks Schwester gehalten. Ihr Auftreten war schüchtern, was durch die durchdringenden dunklen Augen wettgemacht wurde, die einen Momentzu lange auf dem Sprechenden ruhten, als wäre unter der Oberfläche einer Bemerkung, die dieser soeben gemacht hatte, eine tiefere Bedeutung verborgen.
»Ich habe in meinem Haus ein Zimmer für Sie vorbereitet«, sagte sie.
»Ich denke, heute Nacht bleiben wir hier«, sagte Frank.
»Auf dem Fußboden? Bist du sicher?« Jennies Augen musterten ihn.
»Ich werde das Bett aufbauen, das ich im Schuppen verstaut habe.«
»Gut, wenn du also darauf bestehst. Wir sehen uns morgen früh.«
Als Mamah Franks Schwester auf dem Rückweg zu ihrem Haus zwischen den Bretterstapeln hindurchgehen sah, empfand sie Erleichterung. »Das war nicht so schwer«, sagte sie. »Es muss seltsam für sie sein.«
»Betrachte sie als deine Freundin.«
Mamah und Frank gingen, den Hund auf den Fersen, zum Wisconsin River, der unterhalb des Hauses dahinfloss. Es hatte aufgehört zu regnen. Am Fluss warfen weiße Birken ihre Rinde ab wie abgestorbene Haut und ließen darunter rosige Stellen sehen. Mamah und Frank aßen die belegten Brote, die Jennie ihnen mitgebracht hatte, und sahen zu, wie die Männer Schubkarren mit Sand beluden.
Nach einiger Zeit gingen sie hinter den Arbeitern her wieder den Hügel hinauf. Draußen auf dem Hof rührten die Männer Sand, Kalk und Wasser zu einer braunen »Schlamm«-Mixtur zusammen. Ein junger Stukkateur schleppte einen Eimer ins Haus und verteilte einiges davon als erste Schicht auf einer Wand im Wohnzimmer. Während es trocknete, ging Frank zum Wagen und holte Pigmente, die er in der Stadt gekauft hatte. Er schüttete unterschiedliche Mengen Ocker und Umbra in
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