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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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den Holzstapel. Wer war er andernfalls? Er brauchte Partner bei seiner Arbeit, Menschen, die für seine Kunst bezahlten und sich selbst und ihre Träume als Stoff zur Verfügung stellten, um ihm als Inspirationsquelle zu dienen. Kunden zu verlieren bedeutete so viel mehr, als nur ein Einkommen zu verlieren. Es bedeutete den Verlust einer grundlegenden Dynamik. Er würde weiterhin entwerfen; er konnte gar nicht anders. Doch zu bauen, mit einem Ort und seiner Beschaffenheit in Beziehung zu treten, im Laufe dieses Prozesses Entscheidungen zu treffen, die dem Ort Leben einhauchten…
    Es wäre ein Unglück, wenn die Welt sich entscheiden würde, nicht anzunehmen, was ich zu geben habe.
    Nachts saß er brütend vor dem Feuer und vermaß die Loyalität seiner alten Bauherren. Darwin Martin. Die Littles. Die Coonleys. Menschen, die in der Vergangenheit mutig genug gewesen waren, mit Frank zu träumen. Sie bedeuteten ihm mehr als Geld. Sie waren es, die wahrhaft an ihn glaubten, damals und heute. Und nun, an diesen sorgenvollen Abenden, führte er Buch über Freunde und Feinde.
    »Ich hätte auf meinen Instinkt hören sollen«, sagte Mamaheines Abends zu ihm. Der Hund lag neben dem Kamin auf ihren Füßen.
    »Ich wünschte, du würdest das nicht tun«, sagte Frank, als er sah, dass sie Reste vom Abendessen mitgebracht hatte und den Hund mit Rindfleischstückchen fütterte. »Er hat einen Napf.«
    »Ich mache mir Vorwürfe.«
    Frank wedelte diese Bemerkung beiseite. »Ich dachte, du hieltest weibliche Intuition ohnehin für eine Fiktion.«
    Das war nicht der Fall. Sein Ausdruck ärgerte sie, als stützten sich Frauen nicht auf Intelligenz und Erfahrung – so wie Männer das taten –, um kluge Entscheidungen zu treffen. Frank, selbst Edwin, hatten ihr vorgeworfen, eine Sache zu Tode zu denken. Doch manchmal hörte sie einfach auf ihren Instinkt. Dieses Mal wünschte sie sich, sie hätte zugehört, als er ihr sagte: Verriegle die Tür und sag kein Wort. Sie war es, die Frank dazu überredet hatte, offen mit den Zeitungsleuten zu sprechen, um dann voller Entsetzen zu sehen, wie er sich mit der Presse auf einen perversen Reigen einließ. Es war, als könne er nicht mehr aufhören, nachdem die Sache einmal begonnen hatte. Am Ende war er es, der als Dummkopf dastand, weit mehr als sie.
    Das war nun nicht mehr zu ändern. Der vergangene Monat war ein Albtraum gewesen, den sie aus ihrem Gedächtnis verbannen wollte. Nur ein Quentchen Gutes war dabei herausgekommen. Als Anna aus Oak Park zurückgekehrt war, hatte sie sich im Haus ihrer Tochter Jennie einquartiert, nicht bei Frank und Mamah.
    »Wie geht es im Büro?«, fragte Mamah ihn.
    »Nun, Shermann hält mir noch die Stange. Er macht mit dem Haus in Glencoe weiter. Zwei Unentwegte sind noch übrig. Fred schickt die Monografie an die Buchhändler, die sie bestellt haben, aber das Geschäft läuft sehr schleppend.«Fred war der Büroleiter in Chicago. Sie fragte sich, wie Frank es sich angesichts all seiner anderen finanziellen Verpflichtungen leisten konnte, die Miete in der Orchestra Hall zu zahlen, von dem jungen Architekten ganz zu schweigen. »Und die Kinder?«, fragte sie ihn. Er hatte sie seit seiner Rückkehr noch nicht erwähnt.
    »Sie hassen mich eigentlich immer noch.«
    Sie hegte den Verdacht, dass er sich die Zeit, die er mit ihnen verbrachte oder über sie nachdachte, sorgfältig einteilte. Auf diese Weise gelang es ihr, den Tag zu überstehen. Johns und Marthas Briefe aus ihrem Sekretär zu holen, sobald sie den Impuls danach verspürte, war zu gefährlich. Sie wäre nur noch ein nutzloses Häuflein Elend, wenn sie es täte.
    »Wann siehst du sie?«
    »Das hängt davon ab, was du mit ›sehen‹ meinst. Ich besuche sie vielleicht einmal pro Woche.« Er verstummte.
    »Ja?« Sie legte ihre Hand auf die seine, die auf der Armlehne lag.
    »Doch es gibt Zeiten… nachts, wenn es dunkel ist… dann nehme ich den Zug nach Oak Park.«
    Sie wartete ab und horchte auf das Zischen des feuchten Holzes auf dem Rost.
    »Die Lichter sind immer an, und wenn ich auf der Terrasse stehe, kann ich sie durchs Fenster sehen. Llewellyn und Frances sind so ungestüme kleine Dinger. Sie rennen meistens herum. Manchmal stelle ich mich einfach irgendwo hin und sehe ihnen zu.« Er schüttelte den Kopf und schwieg.
    Vor dem Fenster ihres Arbeitszimmers hing ein taubengrauer Februarhimmel. Nichts rührte sich. Selbst die verdorrten Gräser, die aus dem Schnee ragten, zitterten nicht mehr im

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