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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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Sie gingen alle vier in die Hocke und warteten. Nach einer Weile taten ihnen die Beine weh, und sie standen auf, um nach Hause zu gehen.
    »Schaut«, sagte Mamah.
    In dem hohen Gras hatten die Kraniche mit einer Art Menuett begonnen – sie verneigten sich voreinander, sprangen hoch, schlugen mit den Flügeln. Sie hielten inne, um den Kopf zurückzulegen und Rufe auszustoßen, dann fintierten sie wieder oder rissen mit dem Schnabel Grasbüschel aus dem Sumpf.
    »Bald ist es so weit, dann wird es Eier geben«, sagte Frank.
Kapitel 47
    Im Mai war klar, dass es keinen japanischen Koch geben würde. Der Mann, der sie in Tokyo so begeistert hatte, wurde nicht nur aufgehalten, sondern hatte, einer knappen Mitteilung zufolge, die er ihnen auf Englisch schickte, überhaupt kein Interesse daran, nach Wisconsin zu kommen. Mamah würde eine neue Haushaltshilfe suchen müssen, gerade jetzt, kurz vor dem Sommer, wenn die Nachfrage groß war. Nur wenige Tage nach dem Brief aus Tokyo verkündete Frank, dass er einen neuen Kandidaten gefunden habe. John Vogelsang, der Mann, der das Restaurant in Midway Gardens führte, erzählte Frank, er habe genau die passende Lösung für sie, eine wunderbare Frau aus Barbados mit dem Namen Gertrude.
    »Kocht alles Übliche und bereitet offenbar hervorragende Desserts zu«, sagte Frank eines Abends zu Mamah. »Sie hat einen Ehemann, der sie begleiten wird. Vogelsang sagt, es handle sich um einen geschulten Mann, der überall einspringt, vieles kann. Wir könnten noch einen Helfer gebrauchen, meinst du nicht?«
    »Warum ist Vogelsang gewillt, sie ziehen zu lassen?«
    »Bei seinen Beziehungen kann er in Chicago jederzeit gute Hilfen finden. Ich glaube, er will uns einen kleinen Gefallen tun. Er sagte, den beiden würde es auf dem Land gefallen.«
    Mamah war unentschlossen. Es würde sich nicht nur um eine Person handeln, sondern um zwei. Wie üblich lebten sie in Ungewissheit, was das Geld anbelangte. Frank hatte für Midway Gardens einen kleinen Vorschuss bekommen. Für das Imperial Hotel würde Geld hereinkommen, doch wann, wusste niemand.
    »Warum laden wir sie nicht ein, ein Wochenende hier zuarbeiten?«, sagte sie. »Und sehen uns an, wie sie sich machen?«
    Als Gertrude Carlton aus Chicago ankam, brachte sie einen Kissenbezug voll Essen mit. Sie war jung, hatte glatte, braune Haut und ein sanftes, selbstsicheres Auftreten. Sie trug eine weiße Bluse und einen blauen Sergerock und balancierte einen Sonnenschirm über ihrem Sonntagshut.
    Mamah zeigte ihr Küche und Garten. Die junge Frau stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, und betrachtete prüfend die Gemüsebeete, und ein billigender Ausdruck trat auf ihr Gesicht. »Paprika«, sagte sie.
    »Aber noch lange nicht reif«, sagte Mamah.
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe welche mitgebracht, frisch gepflückt.« Sie bückte sich und pflückte eine Handvoll Schnittlauch und Petersilie.
    In der Küche, angetan mit der Schürze, die sie mitgebracht hatte, schlang Gertrude sich einen leuchtend bunten Schal um den Kopf. Mamah blieb der Mund offen stehen, als sie die Lebensmittel sah, die sie aus dem Kopfkissenbezug zog. Guaven. Okra. Limonen.
    »Meine Güte, wo haben Sie diese Sachen aufgetan?«
    Gertrude lachte. »Mr. Carlton hat Freunde.« Ihre Stimme war ein sonniger Singsang. In diesem Moment sah Mamah in ihr eher ein Mädchen als eine Frau. Wie alt mochte sie sein, zweiundzwanzig?
    Als Gertrudes Hand Gläser mit roten und gelben Gewürzen zutage förderte, seufzte Mamah wehmütig auf. »Mr. Wright zieht einfaches Essen vor. Fisch und Hühnchen. Kartoffeln.« Gertrude lächelte. »Warten Sie nur. Ich koche einfaches Essen.«
    »Wir haben Hühner. Möchten Sie für heute Abend ein Hühnchen zubereiten?«
    »Morgen. Heute Fisch aus dem Fluss. Mr. Carlton wird welche fangen.«
    »Mr. Wright mag nichts Gebratenes.«
    »Ich brate nicht, Madam.«
    »Auch keine Gewürze.«
    Gertrudes Gesicht nahm einen nachsichtigen Ausdruck an. »Nur ein winziges bisschen auf dem Fisch, Madam.«
    Julian Calton schien nicht recht zu seiner Frau zu passen. Er war ungefähr dreißig, klein, gut gebaut und gut aussehend, mit einem ernsthaften Gebaren, das durch sein makelloses Hemd und die Krawatte noch unterstrichen wurde. Sein Englisch war knapp und britisch, ganz anders als der Singsang seiner Frau.
    Draußen im Hof deutete Frank auf ein Fenster, das geputzt werden musste.
    »Lass Julian fischen gehen«, rief Mamah ihm zu. »Er fängt unseren

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