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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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hatten.
    Das Café war voll besetzt mit Gästen, die zu Abend aßen und sich angeregt unterhielten. »Eier«, sagte der Kellner. »Mehr haben wir nicht. Ist Ihnen das recht?«
    »Ja. Ein Omelette wäre wunderbar«, sagte sie.
    Als der Wein kam, prostete Frank ihr zu. »Auf Italien«, sagte er. »Wir fahren morgen und können am Freitag dort sein.«
    Mamahs Schultern sanken nach vorne.
    Er ergriff ihre Hand. »Du bist müde, nicht wahr? Wir fahren übermorgen. Dann können wir morgen ausschlafen.«
    Sie sah ein Omelette, das auf einem Tablett vorbeigetragen wurde, und stellte fest, dass sie kurz vor dem Verhungern war. Sie brachte es nicht übers Herz, ihm von Leipzig zu erzählen, noch nicht; er wirkte so glücklich. Sie würde ihm morgen von dieser Idee erzählen.
    Sie tranken eine Flasche Wein, und Frank unterhielt sie mit Geschichten von seinen Pariser Begegnungen, und sie erzählte aufgeregt davon, was sie gerade übersetzte.
    Auf dem Rückweg ins Hotel gingen sie eine Straße an der Seine entlang.
    »Ich bin ein bisschen beschwipst«, gestand sie. Frank nahm ihren Ellbogen und führte sie um ein großes Loch herum, wo die Straße eingebrochen war.
    »Die Franzosen sind gerade alle ein wenig beschwipst«, sagte er. »Es wird niemandem auffallen.«
    Petroleumlampen erhellten das Flussufer, wo Arbeiter sich bemühten, einen Holzpier zu befreien, der sich unter einer Brücke verkeilt hatte.
    »Das Studio in Florenz steht bereit. Lloyd wird herüberkommen und mir mit den Zeichnungen helfen. Und ein junger Mann aus Salt Lake, der schon früher für mich gearbeitet hat – Taylor Woolley –, kommt auch. Ich brauche sie beide.« »Ich hätte nie gedacht, dass Catherine es zulassen würde, dass Lloyd von der Universität abgeht. Dass er sich am selben Ort aufhalten dürfte wie ich.«
    »Ich habe sie davon überzeugt, dass sich eure Wege nichtkreuzen werden. Ich werde für ihn und Taylor irgendwo anders ein Zimmer finden. Sie sind jung – sie werden Florenz auf eigene Faust erkunden wollen.«
    »Dann hast du also aus Oak Park gehört?«
    Frank blieb stehen und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen etwas auf der anderen Flussseite. »Ich möchte nicht daran denken«, sagte er.
    Als sie wieder in ihrem Hotelzimmer waren, deutete er auf die Kommode. »Dort liegt ein Brief für dich. Wasmuth hat ihn weitergeleitet.« Frank teilte ihr dies so behutsam mit, wie sie es ihm mitgeteilt hätte – ohne jedes Gefühl in der Stimme. Mamah durchquerte zögernd das Zimmer und warf aus einiger Entfernung einen Blick darauf. In der linken oberen Ecke prangte das Emblem von Edwins Firma Wagner Electric. Sie wusste, was der Umschlag enthielt. Wie konntest du? Komm zu Verstand.
    Frank verursachte einigen Lärm, als er ihr Gepäck in einer Ecke verstaute, und hielt den Blick abgewandt. Sie wusste, dass er ihr damit einen Gefallen erweisen wollte. Es war die erste Post, die sie seit den Zeitungsausschnitten erhielt, und er bot ihr das wenige an Privatsphäre, das möglich war. Sie schlitzte den Brief mit dem Daumennagel auf, dann legte sie ihn zurück.
    »Ich werde ihn morgen früh lesen«, sagte sie.
    Als sie erwachte, spürte Mamah, wie verkrampft ihre Kiefer waren. Sie hatte mit den Zähnen geknirscht, möglicherweise die ganze Nacht. Während Frank weiterschlief, schlüpfte sie aus dem Bett und nahm Edwins Brief aus dem Umschlag. Seine Worte trafen ins Schwarze – der Haushalt an der East Avenue tauchte lebhaft, schmerzlich vor ihrem inneren Auge auf. Seine alte Mutter lebte inzwischen bei ihnenund versuchte zu helfen. Lizzie hielt die Stellung und unterstützte sie bei Martha und John. Louise hatte sich als heroisch erwiesen und die Reporter in die Flucht geschlagen, die am Weihnachtstag aufgetaucht waren. Am Schluss fügte Edwin hinzu, dass die kleine Jessie das Haus verlassen und bei den Pitkins leben würde, ihrer Familie väterlicherseits.
    Mamahs Kiefer pochte. Sie legte den Kopf auf den Tisch. Nach einiger Zeit stand sie auf, nahm ein Bad, zog sich ein Kleid über und ging hinaus, um etwas zu essen zu finden. Als sie allein durch die Straßen ging, versuchte sie, das friedvolle Selbstvertrauen wiederzuerlangen, das sie tags zuvor empfunden hatte. Als sie mit Brot und Kaffee zurückkam, griff sie nach einem Stift und begann, Edwin einen Brief zu schreiben.
    »Wie spät ist es?«, murmelte Frank vom Bett aus.
    »Neun.«
    »Hmm.« Er setzte sich auf und reckte die Arme. »Um zwölf geht ein Zug nach Mailand. Ich kann in einer

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