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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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an ihren Tisch. Er betrachtete die Zeichnung, sah dann zögernd von Mamah zu Frank, als wartete er auf ein Signal. Schließlich bedeutete ihm Frank, die Schalen abzustellen und den Entwurf so zu verdecken.
Kapitel 28
    In Villino Belvedere waren die späten Abende den Büchern vorbehalten. Manchmal las Frank ihr vor, und dann unterhielten sie sich über diese Passagen.
    »›Die Farbe Blau‹«, las er eines Abends aus Ruskin vor, »›ist für alle Zeit von der Gottheit als eine Quelle der Freude definiert worden.‹« Es ging hin und her, als sie über die besten Blautöne diskutierten – azurblau, kobaltblau, kornblumenblau, das Blau des Mittelmeers. Oder über die subtilen Unterschiede zwischen den verschiedenen Orange- und Rottönen – Venezianisch-Rot im Gegensatz zu China-Rot im Gegensatz zu Cherokee-Rot.
    Wenn ihre Übersetzungsarbeit an diesem Tag erfolgreich verlaufen war, wurde Frank mit Auszügen aus Liebe und Ethik erfreut. Doch sie vermieden jedes weitere Gespräch über Wisconsin oder die Hügelkuppe.
    Eines Morgens, als die Sonne besonders heiß herabbrannte, betrat Mamah das provisorisch eingerichtete Studio, um sich ein wenig Kühlung zu verschaffen. Frank hatte es sparsam eingerichtet mit Gegenständen, die ihm gefielen – ein über den Tisch gebreiteter Wollschal, auf dem ein dicker, glasierter Behälter mit einigen Zweigen stand, Architekturzeichnungen, die an die Blümchentapete geheftet waren, ein kleines Regal mit schlichten italienischen Vasen. Er und Taylor arbeiteten schweigend an verschiedenen Tischen. Sie trat neben Frank und legte ihm eine Hand auf die Schulter, um zu sehen, woran er gerade arbeitete.
    »Jetzt hast du mich ertappt«, sagte er.
    Sie lachte. »Wobei ertappt?«
    »Sieh es dir kurz an.«
    Er arbeitete an zwei Zeichnungen, die auf einer Seite angeordnet waren, eine über der anderen.
    »Das hier ist mein Haus«, sagte sie, als sie die obere Abbildung sah. In den Ecken des Bildes kräuselte sich Marion Mahoneys kunstvoll gezeichnetes Laubwerk und hing über die Terrassenmauer. Es handelte sich um genau dieselbe Zeichnung, die sie und Edwin 1903 für Franks Entwurf eingenommen hatte.
    Sie betrachtete die darunterliegende Abbildung. Sie zeigte ein Haus mit geraden Linien und ausladenden Terrassenmauern, das stolz an der Flanke eines steilen Hügels aufragte. Unter der Zeichnung stand VILLA FÜR EINEN KÜNSTLER .
    »Diese beiden Zeichnungen hätte ich gerne zusammen auf einer Lithografie«, sagte er.
    »Warum das?«
    »Weil ich sie beide für dich entworfen habe.«
    Sie legte verdutzt den Kopf zur Seite und sah sich die untere Zeichnung noch einmal genauer an.
    Taylor stand auf und streckte sich. »Ich glaube, ich lege eine Pause ein«, sagte er und ging in den Garten hinaus.
    »Das untere ist nur ein Versuch«, sagte Frank. »Ich wollte herausfinden, wie ein Haus sich hier an den Abhang anpasst… ein organisches Haus.«
    »Du hast ein Haus für Fiesole gezeichnet?«
    »Ja.«
    »Oh, Frank!«, rief sie. »Mir gefällt es. Ist das hier ein ummauerter Garten?«
    Er nickte.
    Sie schlang die Arme um seine Schultern. »Die Idee ist gar nicht so abwegig, wirklich nicht. Wir wären nicht die Ersten, die eine Weile im Ausland lebten.« Sie umarmte ihn fest. »Überall in diesen Hügeln lebten Menschen, die sich zurückgezogen haben und aus freien Stücken im Ausland leben. Denk nur an all die Künstler, für die dieser Ort ein Refugium war – Shelley, Proust, Ruskin.«
    Sie nahm die Zeichnung mit ans Fenster und hielt sie gegen das Licht. »Es ist wunderbar. Wunderbar.« Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, sah sie, dass sein Blick auf ihr ruhte. »Verstehst du denn nicht, Frank? Hier wären wir keine Aussätzigen. Wir könnten Freunde haben, einen Bekanntenkreis. Hier gibt es so viel Kultur. Und eine Weile in Europa zu arbeiten könnte deiner Karriere durchaus nützlich sein. Sobald die Mappe veröffentlicht ist, werden die Europäer dir die Türen einrennen.«
    »Wir werden sehen«, sagte er vage.
    Sie sagte nichts mehr, verkniff es sich, den Gedanken weiterzuspinnen.
    Von da an verfolgten Mamahs Wanderungen in den Hügeln einen bestimmten Zweck. Frank hatte keine Versprechungengemacht. Doch es war Ende Juli und seine Arbeit beinahe beendet. Es war immer sein Plan gewesen, im September oder Oktober nach Chicago zurückzukehren. Falls sie bleiben wollten, würden sie rasch einen Ort finden müssen, wo sie wohnen könnten. Vielleicht könnten sie etwas bauen.
    An einem Freitagmorgen,

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