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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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die Sterntaste gedrückt und eine Durchwahlnummer gewählt.
    »Sind Sie noch da?«
    »Geben Sie mir den Anschluss vier-sechs-drei«, las Grace vom Display ab.
    Das Rufzeichen ertönte dreimal.
    »Apparat Sandra Koval.«
    »Ich möchte Mrs. Koval sprechen.«
    »Wen darf ich melden?«
    »Grace Lawson.«
    »Und worum geht es?«
    »Um meinen Mann Jack.«
    »Augenblick bitte.«
    Grace umfasste den Hörer fester. Dreißig Sekunden später meldete sich die Stimme zurück.
    »Tut mir Leid, aber Mrs. Koval ist in einer Besprechung.«
    »Es ist dringend.«
    »Tut mir Leid …«
    »Es dauert nicht lange. Richten Sie ihr aus, es sei sehr wichtig.«
    Der Seufzer am anderen Ende war deutlich hörbar. »Augenblick bitte.«

    Die Pausenmusik klang nach indischen Yogarhythmen und wirkte unerwartet beruhigend.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Die Stimme klang geschäftsmäßig. »Mrs. Koval?«
    »Ja.«
    »Ich bin Grace Lawson.«
    »Was wollen Sie?«
    »Mein Mann, Jack Lawson, hat Sie gestern in Ihrem Büro angerufen.«
    Keine Antwort.
    »Er ist verschwunden.«
    »Wie bitte?«
    »Mein Mann ist verschwunden.«
    »Tut mir Leid, das zu hören. Aber ich begreife nicht …«
    »Wissen Sie, wo er ist, Mrs. Koval?«
    »Woher zum Teufel soll ich das wissen?«
    »Er hat gestern Abend mit Ihnen telefoniert. Kurz bevor er verschwunden ist.«
    »Na und?«
    »Ich habe die Wahlwiederholung gedrückt. Daraufhin ist Ihre Nummer erschienen.«
    »Mrs. Lawson, diese Kanzlei beschäftigt mehr als zweihundert Juristen. Er könnte praktisch jeden angerufen haben.«
    »Nein. Er hat Ihren Anschluss gewählt. Soviel steht auf meinem Display. Er hat Sie angerufen.«
    Keine Antwort.
    »Mrs. Koval?«
    »Ja bitte?«
    »Warum hat mein Mann Sie angerufen?«
    »Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
    »Wissen Sie, wo er ist?«
    »Mrs. Lawson, haben Sie schon mal was von der anwaltlichen Schweigepflicht gehört?«

    »Selbstverständlich.«
    Wieder herrschte Stille.
    »Soll das heißen, dass mein Mann Sie um Rechtsbeistand gebeten hat?«
    »Ich kann über diese Angelegenheit nicht mit Ihnen sprechen. Auf Wiederhören.«

9
    Es dauerte nicht lange, bis Grace ein Licht aufging.
    Das Internet kann ein fabelhaftes Instrument sein, vorausgesetzt, man versteht, es zu nutzen. Grace hatte sich in das Google-Suchprogramm eingewählt und den Begriff »Sandra Koval« eingegeben. Daraufhin erschien die Website der Kanzlei Burton & Crimstein mit den Lebensläufen sämtlicher dort beschäftigter Juristen. Sandra Koval war Absolventin der Northwestern University. Ihren Doktor hatte sie an der UCLA gemacht. Nach den Jahreszahlen der absolvierten Examen zu urteilen, musste Sandra Koval mittlerweile ungefähr 42 Jahre alt sein. Sie war mit einem gewissen Harold Koval verheiratet. Sie hatten drei Kinder.
    Sie lebten in Los Angeles.
    Das war der Knackpunkt gewesen.
    Grace hatte weitere Nachforschungen angestellt, einige auf die altbewährte herkömmliche Art: per Telefon. Allmählich fügten sich die Puzzleteile zusammen. Nur ergab das Bild keinen Sinn.
    Die Fahrt nach Manhattan hatte weniger als eine Stunde gedauert. Die Räume der Kanzlei Burton & Crimstein lagen im fünften Stock. Die Frau hinter der Empfangstheke war gleichzeitig Sicherheitsbedienstete und begrüßte sie mit einem schmallippigen Lächeln. »Ja bitte?«
    »Grace Lawson. Ich möchte zu Sandra Koval.«
    Die Frau wählte eine Nummer und hauchte etwas kaum Vernehmliches
in den Hörer. Einen Moment später sagte sie: »Mrs. Koval ist gleich bei Ihnen.«
    Das kam unerwartet. Grace hatte sich darauf eingestellt, entweder massiv drohen oder lange warten zu müssen. Sie wusste, wie Sandra Koval aussah. Die Website der Anwaltsfirma hatte auch ein Foto von ihr gezeigt. Hätte alles nichts gefruchtet, wäre Grace sogar bereit gewesen, der Anwältin beim Verlassen der Kanzlei aufzulauern.
    Nach reiflicher Überlegung hatte Grace sich entschlossen, ohne Voranmeldung nach Manhattan zu fahren. Das Überraschungsmoment schien ihr wichtig, und sie wollte Sandra Koval Auge in Auge gegenübertreten. Ob aus einem inneren Bedürfnis heraus oder aus Neugier: Grace musste diese Frau einfach persönlich sehen.
    Es war noch früh am Tag. Emma war nach der Schule mit einer Freundin verabredet. Max hatte Förderunterricht. Damit blieben ihr einige Stunden zur freien Verfügung.
    Der Empfangsbereich von Burton & Crimstein war konservativ europäisch eingerichtet – reichlich Mahagoni, tiefe Teppiche, Gobelinbezüge, eben jene Ausstattung, die

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