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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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ihm den Knebel ab. Lawson bettelte nicht, noch flehte er oder stellte Fragen. Über dieses Stadium war er hinaus. Wu band ihn mit den Beinen an einen Stuhl. Er durchsuchte Speisekammer und Kühlschrank. Sie aßen beide schweigend. Anschließend spülte Wu das Geschirr ab und räumte auf. Jack Lawson blieb an den Stuhl gefesselt.
    Wus Handy klingelte. »Ja?«
    »Wir haben ein Problem.«

    Wu wartete.
    »Als du ihn dir geschnappt hast, hatte er eine Kopie des Fotos dabei, richtig?«
    »Ja.«
    »Und er hat gesagt, es gäbe keine weiteren Abzüge?«
    »Ja.«
    »Das stimmt nicht.«
    Wu schwieg.
    »Seine Frau hat eine Kopie. Und sie geht damit hausieren.«
    »Verstehe.«
    »Kümmerst du dich darum?«
    »Nein«, sagte Wu. »Ich kann in die Gegend nicht zurück.«
    »Warum nicht?«
    Wu antwortete nicht.
    »Vergiss, dass ich gefragt habe. Wir bitten Martin. Er weiß über ihre Kinder Bescheid.«
    Wu sagte nichts. Die Idee gefiel ihm nicht, aber das behielt er für sich.
    »Wir kümmern uns darum«, sagte die Stimme am Telefon, bevor aufgelegt wurde.

28
    »Josh lügt«, sagte Grace.
    Sie waren wieder auf der Main Street. Wolken verdichteten sich bedrohlich, doch vorerst blieb es bei hoher Luftfeuchtigkeit. Scott Duncan deutete auf ein Gebäude weiter oben. »Ich könnte jetzt einen Kaffee bei Starbucks brauchen«, gestand er.
    »Warten Sie. Sie glauben nicht, dass er lügt?«
    »Er ist nervös. Das ist ein Unterschied.«
    Scott Duncan zog die Glastür auf. Grace ging hinein. Vor der Theke hatte sich eine Schlange gebildet. Es gibt wohl immer
eine Schlange bei Starbucks. Aus den Lautsprechern tönte ein altmodischer Blues gesungen von Billie Holiday, Dinah Washington oder Nina Simone. Als das Lied zu Ende war, setzte eine Mädchenstimme begleitet von einer Westerngitarre ein. Grace tippte auf Jewel, Aimee Mann oder Lucinda Williams.
    »Was ist mit seinen Ungereimtheiten?«, fragte sie.
    Scott Duncan runzelte die Stirn.
    »Womit soll was sein?«
    »Sieht Ihr Freund Josh wie jemand aus, der bereitwillig mit Behörden kooperiert?«
    »Nein.«
    »Also was erwarten Sie dann?«
    »Sein Boss sagt, es habe einen Notfall in der Familie gegeben. Und er erzählt uns, er sei krank gewesen.«
    »Das ist eine Ungereimtheit«, stimmte er zu.
    »Aber?«
    Scott Duncan zuckte übertrieben mit den Schultern, womit er Josh kopierte. »Ich habe eine Menge Fälle bearbeitet. Und wissen Sie, was ich dabei in Bezug auf Widersprüche gelernt habe?«
    Sie schüttelte den Kopf. Im Hintergrund sprang der Milchschäumer an. Grace fühlte sich an das Getöse der Autostaubsauger an Tankstellen erinnert.
    »Es gibt sie. Würde mich misstrauischer machen, wenn da gar keine wären. Die Wahrheit hat immer viele Gesichter. Hätte seine Geschichte ganz plausibel geklungen, wäre ich misstrauischer. Würde mich automatisch fragen, ob er sie erfunden und auswendig gelernt hat. Eine Lüge widerspruchsfrei zu erzählen, ist nicht schwierig. Aber was diesen Josh angeht … fragen Sie ihn zwei Mal, was er zum Frühstück gegessen hat, und er kriegt’s mit Sicherheit nicht mehr auf die Reihe.«
    Sie rückten in der Schlange weiter auf. Die Bedienung hinter der Theke fragte nach ihren Wünschen. Duncan sah Grace an. Sie bestellte einen doppelten geeisten Espresso. Er nickte und
sagte: »Für mich dasselbe.« Er bezahlte mit einer Starbucks -Kundenkarte. Dann warteten sie auf ihre Getränke.
    »Sie meinen also, er hat die Wahrheit gesagt?«, fragte Grace.
    »Ich weiß nicht. Jedenfalls haben bei mir die Alarmglocken nicht geläutet.«
    Grace war sich nicht so sicher. »Er muss es gewesen sein.«
    »Warum?«
    »Es kommt niemand anderes in Frage.«
    Sie nahmen ihre Getränke und fanden einen Tisch in Fensternähe. »Erzählen Sie’s mir noch mal der Reihe nach«, bat er.
    »Was?«
    »Wie’s gewesen ist. Sie haben die Abzüge abgeholt. Josh hat Ihnen den Umschlag gegeben. Haben Sie sich die Fotos sofort angesehen?«
    Grace starrte zur Decke und dann nach rechts. Sie versuchte sich an die Einzelheiten zu erinnern. »Nein.«
    »Gut. Sie haben den Umschlag also genommen. Haben Sie ihn in Ihre Handtasche gesteckt?«
    »Ich hab ihn in der Hand behalten.«
    »Und dann?«
    »Bin ich in den Wagen gestiegen.«
    »Den Umschlag in der Hand?«
    »Ja.«
    »Wohin haben Sie ihn dann getan?«
    »Auf die Konsole gelegt. Zwischen den beiden Vordersitzen.«
    »Wohin sind Sie gefahren?«
    »Ich wollte Max von der Schule abholen.«
    »Haben Sie auf dem Weg irgendwo

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