Kein Drehbuch für die Liebe (Junge Liebe )
fragte er weiter.
Ich überlegte und antwortete: „Nein, aber ich kann's mir durchaus vorstellen."
Tom sah mich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an. Erst nach einigen Sekunden fand er seine Sprache wieder.
„Und du willst ganz bestimmt schon heute fahren?"
„Ja."
„Willst du's dir nicht noch mal überlegen?"
„Du hast recht!", entgegnete ich übertrieben euphorisch. „Stimmt! Dann könntest du mir noch mal ausführlich das Küssen beibringen. Da hätte ich auch selbst drauf kommen können."
Meine Aussage triefte nur so vor Ironie.
„Dan, hör auf damit!", befahl Tom mit einem Klang des schlechten Gewissens in seiner Stimme.
„Womit?", frage ich zurück.
Tom blickte mit in Falten gelegter Stirn aus dem Fenster und biss sich auf die Unterlippe.
„Könntest du mir denn höflichkeitshalber mal das Telefon bringen?", bat ich genervt.
„Ja", erwiderte er leise, stand auf und reichte mir einen Telefonhörer, welcher auf einem kleinen Regal gelegen hatte.
„Danke."
Für einen kurzen Moment sah ich mir die Tastatur des Telefons an und wählte schließlich meine Hausnummer.
„Allen", meldete sich meine Mom.
Ich lachte kurz auf: „Ja, hier auch."
„Dan, wie geht's dir?", fragte meine Mutter erfreut.
„Danke, gut. Ich wollte eigentlich fragen, ob mich einer von euch abholen kann."
„Wann?", fragte meine Mom verwundert zurück.
„Na, heute Abend oder so."
„Dan, warum denn das? Ist irgendetwas passiert?"
Sie schien sichtlich irritiert zu sein.
„Mom ... ja oder nein?", drängelte ich, denn ich hatte keine Lust, ihr in meiner momentanen Verfassung irgendwelche Gründe zu nennen.
„Ja, natürlich kann ich dich abholen, aber was ist denn überhaupt los?"
„Danke, Mom", sagte ich. „Es ist nichts los, mir geht's bloß nicht gut."
„Dann muss es ja was Ernstes sein", erwiderte meine Mutter besorgt. „Wann soll ich denn losfahren?"
„So schnell es geht. Mir geht's wirklich dreckig", erklärte ich und war froh, dass meine Ausrede keiner vollständigen Lüge entsprach.
„In Ordnung. Ich werde mich beeilen. Nicht, dass du noch jemanden ansteckst!", warnte sie.
„Danke, Mom."
„Das ist doch selbstverständlich. Bis dann!", verabschiedete sie sich schließlich.
„Ja, bis nachher!"
Nach diesen Worten legte ich auf und streckte Tom das Telefon entgegen. Da dieser jedoch wie gebannt aus dem Fenster starrte, legte ich das Telefon selbst zurück aufs Regal.
Lange Zeit beobachtete ich Tom und spürte das Verlangen in mir, ihn in meine Arme zu schließen und zu berühren. Gleichzeitig war ich mir allerdings klar, dass Tom einen miesen Charakter hatte. Bekanntermaßen konnte man Gefühle jedoch nicht einfach abstellen.
Tom blickte verloren aus dem Fenster. Ich hätte zu gern gewusst, worüber er nachdachte.
„Worüber denkst du nach?", rutschte es plötzlich ungewollt aus mir heraus.
Er antwortete, ohne mich anzusehen: „Darüber, dass ich dich morgen vermissen werde und ich einfach der größte Idiot bin."
Kurz nachdem er seine Antwort beendet hatte, stand er auf und verließ das Zimmer. Dabei würdigte er mich keines Blickes. Aus einem unerfindlichen Grund begann er mir leid zu tun und ich fragte mich, warum immer mich das schlechte Gewissen plagte, wenn andere Fehler machten.
Vielleicht war es kindisch von mir, einfach wegzurennen, aber ich konnte unmöglich bleiben. Ich empfand zu viel für Tom und würde wahrscheinlich immer wieder auf ihn hereinfallen. Etwas anderes, als mich von ihm zu distanzieren, blieb mir also nicht übrig.
Instinktiv wusste ich, dass ich ihm längst wieder verziehen hatte. Erst wenn ich angestrengt an den Vortag dachte, die verschiedenen Szenen vor meinem inneren Auge ablaufen ließ und ein schreckliches Gefühl in mir hochstieg, wurde mir wieder bewusst, dass ich Tom keine weitere Chance geben konnte. Er hatte mich zu sehr verletzt und zusätzlich angelogen. Wenn sein Verhalten bereits nach zwei Tagen so ausartete, mochte ich mir nicht vorstellen, wie es in einer Woche, einem Monat oder gar einem Jahr sein würde. Ich befand mich in einer fürchterlichen Situation. Gerade, als ich abwog, wegzurennen oder vielleicht doch zu bleiben, kam Toms Vater ins Wohnzimmer.
„Na, du!", grinste er, „hoffen wir mal, dass du nachher wieder fit bist."
„Warum?", fragte ich interessiert.
„Marc und seine Frau, Melissa, kommen nachher noch mal zum Kaffeetrinken vorbei. Sie bleiben eine Nacht hier und wollen natürlich auch wissen, wie es dir geht."
Er
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