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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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die Münze zusammen mit der Leiche vergraben worden war, konnte sich der Tod nicht vor 1975 ereignet haben.
    Die Polizeiführung hatte veranlasst, dass zwei Baustellen-Verpflegungswagen in die Wonderland Avenue kamen, um die am Tatort beschäftigte Truppe mit Essen zu versorgen. Die Mittagspause war spät, und die Leute waren hungrig. Einer der Lkws gab heiße Mahlzeiten aus, der andere Sandwiches. Bosc h wartete mit Julia Brasher am Ende der Schlange vor dem Sandwich-Lkw. Die Schlange schrumpfte nur lang sam, aber es störte ihn nicht. Sie unterhielten sich hauptsächlich über die Ermittlungen auf dem Hügel und tauschten Klatsch über Vorgesetzte aus. Es ging darum, sich gegenseitig kennenzulernen. Bosch fühlte sich zu ihr hingezogen, und je mehr er sie von ihren Erfahrungen als Berufsanfängerin und Frau bei der Polizei erzählen hörte, desto mehr war er von ihr angetan. Sie legte in Hinblick auf ihren Job eine Mischung aus gespannter Erwartung, Ehrfurcht und Zynismus an den Tag, die Bosch von seinen Anfangstagen bei der Polizei gut in Erinnerung hatte.
    Als ihn noch ungefähr fünf Personen vom Bestellfenster des Essenslasters trennten, hörte Bosch, wie jemand im Lkw einem der Kadetten Fragen über die Ermittlungen stellte.
    »Sind es Knochen von mehreren Leuten?«
    »Keine Ahnung, Mann. Wir suchen bloß nach ihnen, sonst nichts.«
    Bosch beobachtete den Mann, der die Frage gestellt hatte.
    »Waren sie richtig zerstückelt?«
    »Schwer zu sagen.«
    Bosch ging von da, wo er mit Brasher stand, auf die Rückseite des Lkws. Durch die offene Hecktür konnte er sehen, dass im Innern des Lkws drei Männer mit Schürzen arbeiteten. Beziehungsweise zu arbeiten schienen. Sie merkten nicht, dass Bosch sie beobachtete. Zwei der Männer machten die bestellten Sandwiches. Der Mann in der Mitte, der dem Kadetten die Fragen gestellt hatte, bewegte lediglich die Arme auf der Arbeitsplatte unter dem Bestellfenster. Er tat nichts, aber für jemanden außerhalb des Lkws sah es so aus, als machte er ein Sandwich. Bosch sah zu, wie der Mann rechts ein Sandwich durchschnitt, es auf einen Pappteller legte und dem Mann in der Mitte zuschob. Der Mann in der Mitte reichte es dem Kadetten, der es bestellt hatte, durch das Fenster.
    Bosch stellte fest, dass die zwei richtigen Sandwichmacher Jeans und T-Shirts unter ihren Schürzen trugen, der Mann in der Mitte dagegen eine Hose mit Aufschlag und ein Hemd mit Kragen. Aus der Gesäßtasche seiner Hose ragte ein Notizblock. Einer von diesen langen, dünnen, wie Reporter sie benutzten.
    Bosch steckte seinen Kopf durch die Tür und sah sich um. Auf einem Bord neben der Tür sah er einen zusammengerollten Sportsakko. Er nahm ihn und trat von der Tür zurück. Bei der Durchsuchung seiner Taschen fand er einen vom LAPD ausgestellten Presseausweis an einer Umhängekette. Auf dem Ausweisfoto war der mittlere Sandwichmacher abgebildet. Er hieß Victor Frizbe und war für die New Times tätig.
    Bosch hielt den Sakko mit gestrecktem Arm zur Seite, sodass er aus dem Innern des Lkw nicht zu sehen war, und klopfte von außen an den Lkw. Als sich die drei Männer zu ihm umdrehten, winkte er Frizbe zu sich heran. Der Journalist zeigte mit einem Blick auf seine Brust, der Wer, ich? bedeutete, und Bosch nickte. Frizbe kam an die Tür und beugte sich zu Bosch herab.
    »Ja?«
    Bosch packte ihn am Latz der Schürze und riss ihn aus dem Lkw. Frizbe landete auf den Füßen, musste aber mehrere Schritte laufen, um nicht hinzufallen. Als er sich umdrehte, um zu protestieren, schleuderte ihm Bosch den zusammengeknüllten Sakko gegen die Brust.
    Zwei Streifenpolizisten – sie aßen immer als erste – warfen in der Nähe Pappteller in einen Abfalleimer. Bosch winkte ihnen zu.
    »Bringen Sie ihn zur Absperrung zurück. Wenn Sie ihn noch mal hier reinschleichen sehen, verhaften Sie ihn.«
    Die Cops nahmen Frizbe an den Armen und führten ihn in Richtung Absperrung ab. Frizbe fing an zu protestieren, und sein Gesicht wurde so rot wie eine Cola-Dose, aber die Streifenpolizisten ignorierten alles bis auf seine Arme und führten ihn seiner Demütigung vor den anderen Reportern entgegen. Bosch sah ihnen eine Weile nach, dann nahm er den Presseausweis aus seiner Gesäßtasche und warf ihn in die Mülltonne.
    Er kehrte wieder zu Brasher in die Schlange zurück. Jetzt waren sie nur noch zwei Kadetten davon entfernt, etwas zu essen zu bekommen.
    »Worum ging’s da eben?«, wollte Brasher wissen.
    »Verstoß gegen die

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