Kein Engel so rein
zurück.«
»Mehr nicht?«
Wütend steckte Edgar den Schläger, den er benutzt hatte, in seinen Golfsack zurück und bedachte Bosch mit seinem vernichtendsten Blick. Bosch musste sich anstrengen, um nicht laut loszulachen.
»Jetzt stell dich nicht so an, Jerry, ich möchte den Kerl aus der Nähe zu sehen bekommen. Kannst du nicht noch ein paar Bälle schlagen? Wie es aussieht, ist er gleich fertig.«
Edgar sah auf die Range hinaus. Der Traktor war jetzt in der Nähe der 50-Meter-Markierungen. Gesetzt den Fall, dass er hinten an der Schallschutzmauer angefangen hatte, musste er in Kürze fertig werden. Um noch einmal die ganze Range abzufahren, lagen nicht genügend neue Bälle herum – nur die von Edgar und den zwei Geschäftsleuten.
Wortlos lenkte Edgar ein. Er holte eins seiner Hölzer heraus und ging zu dem grünen Quadrat aus künstlichem Gras zurück. Er schlug einen schönen Ball, der fast bis zur Schallschutzmauer flog.
»Da kann sich Tiger Woods ’ne Scheibe von abschneiden«, sagte er.
Den nächsten Ball setzte er in das echte Gras drei Meter vom Tee.
»Scheiße.«
»Wenn man richtig spielt, schlägt man da auch von diesem künstlichen Gras ab?«
»Nein, Harry , das macht man nicht. Ich übe hier nur.«
»Aha. Dann stellst du also beim Üben nicht die tatsächliche Spielsituation her?«
»Etwas in der Richtung.«
Der Traktor fuhr von der Driving Range und steuerte auf einen Schuppen hinter dem Stand zu, an dem Edgar den Eimer mit Bällen bezahlt hatte. Die Tür des Schutzkäfigs ging auf, und ein Mann Anfang sechzig stieg aus. Er begann, Drahtgeflechtkörbe mit Bällen aus dem Sammler zu ziehen und in den Schuppen zu tragen. Bosch sagte Edgar, er solle weiter Bälle schlagen, damit es nicht so auffällig wäre. Dann schlenderte er gemächlich zu dem Stand und kaufte einen weiteren halben Eimer Bälle. Auf diese Weise kam er auf rund fünf Meter an den Mann heran, der den Traktor gefahren hatte.
Es war Samuel Delacroix. Bosch erkannte ihn von dem Führerscheinfoto, das Edgar besorgt und ihm gezeigt hatte. Der Mann, der einmal einen blonden, blauäugigen, arischen Soldaten gespielt und einer Achtzehnjährigen den Kopf verdreht hatte, war inzwischen etwa so aufregend wie ein Schinkensandwich. Blond war er zwar immer noch, aber er hatte dabei kräftig nachgeholfen, und er war bis zum Scheitel kahl. Seine einen Tag alten Bartstoppeln schimmerten weiß in der Sonne. Seine Nase war von der Zeit und vom Alkohol aufgedunsen und von einer schlecht sitzenden Brille zusammengekniffen. Sein Bierbauch wäre bei jeder Truppe ein Entlassungsgrund gewesen.
»Zwei fünfzig.«
Bosch sah die Frau hinter der Registrierkasse an.
»Für die Bälle.«
»Natürlich.«
Er zahlte und nahm den Eimer am Griff. Er blickte ein letztes Mal zu Delacroix hinüber, der plötzlich im selben Moment zu Bosch herübersah. Einen Moment trafen sich ihre Blicke, und Bosch sah beiläufig weg. Er ging zu Edgar zurück. In diesem Moment begann sein Handy zu trällern.
Er gab den Eimer rasch Edgar und zog das Handy aus der Gesäßtasche. Es war Mankiewicz, der diensthabende Sergeant der Tagschicht.
»Hey, Bosch, was machen Sie gerade?«
»Ein paar Bälle schlagen.«
»Hätte ich mir fast denken können. Sie machen sich einen Lenz, während wir die ganze Arbeit machen.«
»Haben Sie meinen Mann gefunden?«
»Wir denken schon.«
»Wo?«
»Er arbeitet in der Washateria. Sie wissen schon, Trinkgelder und rumliegendes Kleingeld abstauben.«
Die Washateria war eine Autowaschanlage an der La Brea. Dort wurden Hilfskräfte eingestellt, um die Autos auszusaugen und sauber zu wischen. Sie arbeiteten hauptsächlich für die Trinkgelder und für das, was sie aus den Autos klauen konnten, ohne erwischt zu werden.
»Wer hat ihn entdeckt?«
»Zwei Typen von der Sitte. Sie sind sich zu achtzig Prozent sicher. Sie wollen wissen, ob Sie möchten, dass sie ihn sich gleich krallen, oder ob Sie selbst dabei sein wollen.«
»Sagen Sie ihnen, sie sollen warten, wir sind bereits unterwegs. Und noch was, Mank. Wir glauben, bei diesem Typ besteht Fluchtgefahr. Haben Sie eine Einheit, auf die wir als zusätzliche Verstärkung zurückgreifen können, falls er abhaut?«
»Ähm …«
Es wurde still, und Bosch nahm an, Mankiewicz sah in seiner Einsatztabelle nach.
»Da, Sie haben Glück. Ich habe zwei Drei-Elfer, die früh anfangen. Sie müssten in fünfzehn Minuten mit dem Appell fertig sein. Ist das für Sie okay?«
»Absolut. Sagen Sie ihnen,
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