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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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selbst?«, fragte ich Sebastian.
    »Was meinen Sie?«
    »Haben Sie keine Angst vor den anderen Arischen Brüdern, die Ihnen womöglich heimzahlen wollen, was Sie ihrem Kumpel Buddy angetan haben?«
    »Vielleicht, wenn ich Familie hätte. Aber als echter Unternehmer sollte man sich nicht mit solchen Dingen belasten.«
    Ich sah abermals aus dem Fenster. Ich wusste, dass ich mir eine Blöße gab, aber mir ging der Arsch auf Grundeis. »Was soll das? Wieso halten Sie hier an?«
    Welland warf einen Blick in den Rückspiegel, wartete auf die nächste Anweisung seines Chefs.
    »Hübsch hier draußen, was?«, sagte Sebastian. »Gerade mal eine Meile von der Hauptstraße entfernt, und man kommt sich vor, als hätte man die Zivilisation schon vor Ewigkeiten hinter sich gelassen.«
    Ich legte die Hand an den Türgriff, bereit, aus dem Wagen zu springen. Obwohl ich genau wusste, dass meine Chancen, hier draußen zu entkommen, gegen null tendierten.
    »Aber manchmal ist es in der Natur so gefährlich wie in meinen Knästen«, fuhr Sebastian fort. »Speziell für Leute wie Sie, David. Tja, so schnell kann es vorbei sein.«
    Wir sahen uns in die Augen. Ich gab mein Bestes, seinem Blick nicht auszuweichen, auch wenn ich mir beinahe in die Hose machte. Möglich, dass meine Leiche für immer unter diesem Waldboden verschwinden würde, nachdem Welland mich erledigt hatte.
    Schließlich gab Sebastian einen müden Seufzer von sich und richtete den Blick auf Welland. »Ich denke, wir können wenden«, sagte er, ehe er sich wieder zu mir drehte. »Heute ist Ihr Glückstag, David. Sie werden sich wundern, aber ich glaube Ihnen, was Ihre Informantin betrifft.«
    Einen Moment lang war ich unendlich erleichtert. Ein, zwei lange Momente hatte ich um mein Leben gefürchtet, aber tatsächlich hatte ich über Elmont Sebastians Erpressungsversuche sogar meine anderen Probleme vergessen.
    Ich schwieg. Die Limousine setzte sich wieder in Bewegung. Welland fand eine schmale Abzweigung, wendete und fuhr zur Hauptstraße zurück.
    »Madeline hat Sie informiert, stimmt’s?«, sagte ich.
    »Pardon?«, sagte Sebastian.
    »Madeline Plimpton. Unsere Herausgeberin.«
    »Was meinen Sie?«
    »Madeline hat die E-Mail an Sie weitergeleitet. Natürlich kann sie sich als Verlegerin problemlos Zugang zu allen E-Mail-Konten in der Redaktion verschaffen. Ich habe die Mail ziemlich schnell gelöscht, aber wahrscheinlich nicht schnell genug. Ist das der Deal? Sie hintergeht ihre Mitarbeiter, hält Ihnen den Rücken frei, und im Gegenzug sanieren Sie ihre Finanzen, indem Sie ihr das Grundstück abkaufen.«
    Einen Moment lang schien Sebastian mir zuzuzwinkern.
    »Immer dasselbe mit euch Zeitungstypen«, sagte er dann. »Wie kann man bloß so zynisch sein?«

29
    »Warum siehst du dir eigentlich dauernd dieses Bild an?«, fragte Horace Richler seine Frau.
    Gretchen saß auf der Treppe vor ihrem Haus an der Lincoln Avenue, hatte die Unterarme auf die Knie gestützt und hielt das Foto in der Hand, das David Harwood ihr gegeben hatte.
    Horace bemerkte, dass neben ihr ein gerahmtes Foto ihrer Tochter Jan lag.
    »Was machst du da?«, fragte er.
    »Ich denke bloß nach«, sagte sie.
    »Willst du einen Kaffee? Oder ein Wasser?«
    Gretchen schwieg. Sie sah von dem Bild auf und starrte auf die Straße hinaus. Sie sah die beiden vor sich. Zwei kleine Mädchen, die zusammen im Garten spielten, sich jagten, mal lachten, mal zankten.
    Dann Horace, der aus der Haustür hetzte, sich hinters Steuer schwang, den Rückwärtsgang einlegte und aufs Gas trat.
    »He, Gretchen, Kaffee?«
    Gretchen wandte den Kopf, was ihr große Mühe bereitete. Am schlimmsten war es, wenn sie vor dem Supermarkt rückwärts aus einer Parklücke stieß und sich ganz auf die Rückspiegel verlassen musste.
    »Nein, danke, Schatz.«
    »Woran denkst du?«
    Als Gretchen nicht antwortete, setzte sich Horace neben sie. Was ziemlich beschwerlich war; seine Knie schmerzten teuflisch.
    »Ich habe letzte Nacht von Bradley geträumt«, sagte er leise. »Ich habe geträumt, es hätte gar keinen Krieg in Afghanistan gegeben. Dass Bradley nie drüben war und dass es dort gar keine Taliban gibt. Ich saß hier auf den Stufen, zusammen mit dir, genau wie jetzt, und plötzlich kam er in seiner Uniform die Straße entlang.«
    Eine Träne lief über Gretchens Wange.
    »Und weißt du, wer bei ihm war? Jan. Sie war immer noch ein kleines Mädchen, und er hielt sie an der Hand. Zusammen kamen sie zu uns. Nach Hause.«
    Mit der einen

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