Kein Entrinnen
hinten, im Gänsemarsch hintereinanderher gegangen«, erklärte der Captain. »Das hat zur Folge, dass wir keine blasse Ahnung von der genauen Anzahl von Personen haben, die die vierundzwanzig begleitet haben! Es könnten zwei, fünfzehn oder dreißig gewesen sein, das würde nichts ändern. Die Abdrücke überlagern sich gegenseitig. Das macht es unmöglich, Schuhe zu identifizieren, die nicht zu unseren vierundzwanzig Leichen gehören. Eine erstaunliche Vorsicht.«
Sheridan verzog das Gesicht. Das war kein gutes Zeichen. Die beiden Männer folgten der Spur.
»In Basile Kings Labor«, sagte der Captain, »hat man Abgüsse von den Schuhen der vierundzwanzig angefertigt. Wir haben sie heute Morgen mit den Schuhabdrücken der Arbeiter verglichen, die gestern auf der Baustelle waren. Nach dieser Überprüfung sind wir sicher, dass kein einziges Opfer am Tatort herumgegangen ist. Diese Abdrücke hier …«
Er wies auf die gelben Pflöcke, die Sheridan bereits aufgefallen waren. … bringen nichts Neues. Man hat jedem eine Identität zugeordnet. Die vierundzwanzig sind von der Straße direkt und geordnet zur Grube gegangen, ohne das geringste Zögern. Um dort zu sterben.«
Sie erreichten den Rand der Grube und glitten unter die blaue Plane. Die Stelle, an der die vierundzwanzig Leichen aufgehäuft waren, war in der Mitte des vom Schnee befreiten Teils genau markiert. Ringsherum erkannte man deutlich die Fußabdrücke von Basile King und seinem Assistenten sowie von all denjenigen, die sich den Toten genähert hatten, um sie aus dem Loch zu heben.
»Auch dort keine anderen Abdrücke?«
»Nein. Nur die vierundzwanzig. Wie außerhalb der Grube.«
Sheridan bemerkte, dass der Streifen aus Fußabdrücken um den markierten Kreis herumführte.
»Es scheint, als hätten sie oben gestanden, und dann stieg jeder der Reihe nach hinab, um sich töten zu lassen. Vor den Augen der anderen. Was den Mörder angeht, so kann man annehmen, dass er ungefähr die gleiche Position einnahm wie wir jetzt gerade; die Ballistik wird das bestätigen.«
Sheridan malte sich die Szene aus. Das Schauspiel eines blutigen Rituals. Eiskalt durchgezogen.
»Hinter dem Drama dieser Nacht steckt eine verdammt gute Organisation«, sagte der Captain. »Eine solche Geschichte kann man nicht einfach improvisieren. Man muss die Örtlichkeiten und die Arbeitszeiten auf der Baustelle kennen und um alle Indizienfaktoren wissen, die einem die Polizei auf den Hals jagen könnten. Sich unsichtbar machen, sozusagen. In dieser Größenordnung schafft das nicht jeder.«
Sheridan stimmte zu. Für einen Ermittler gab es nichts Schlimmeres als einen derart weitläufigen Tatort … der nichts verriet! Oder aber der nur das sagte, was die Mörder preisgeben wollten.
Das Handy an seinem Gürtel läutete; eine SMS seiner Sekretärin. Die FBI-Agenten Melanchthon, O’Rourke und Colby waren soeben im Hayes Building eingetroffen.
»Ich geh dann mal«, sagte er zu dem Captain.
Er eilte zu seinem Auto. Jetzt, da die Bundesbeamten angekommen waren, würde er endlich begreifen, was los war!
Auf dem Polizeihauptquartier traf er auf eine Bohnenstange in eng sitzendem Kostüm und zwei ziemlich mürrische Typen. Patricia Melanchthon bestand sogleich darauf, dass die Abteilungsversammlung auf so wenige Teilnehmer wie möglich beschränkt wurde. Die Frau wirkte unsympathisch auf ihn, doch er erhob keine Einwände, denn er wartete ungeduldig darauf, etwas von ihr über den Fall zu hören.
Die Zusammenkunft verlief unerfreulich. Eine Stunde lang weigerte sich Patricia Melanchthon trotz Sheridans beharrlichem Nachfragen, ihre Anwesenheit zu erklären. Sie kündigte nur die Ankunft von etwa dreißig Agenten an, die den Wald von Farthview Woods von Grund auf durchsuchen sollten, und betonte nachdrücklich, wie wichtig es sei, die Nachrichtensperre so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Das schloss sogar die Familien der Opfer ein, die fürs Erste nichts von den entdeckten Leichen erfahren sollten!
Sheridan tobte und drohte. Der Gipfel war erreicht, als Melanchthon ihn aufforderte, er solle ihr entgegen dem üblichen Verfahren auf der Stelle alle Ergebnisse seiner Ermittlungen zur Verfügung stellen.
Die Regelung mit dem FBI war einfach: Solange die Aspekte eines Verbrechens einen einzigen Staat betrafen, lag der Fall ausschließlich in den Händen der betreffenden Polizeibehörde und das FBI leistete nur unterstützende Hilfsdienste. Entstand über den mutmaßlichen Mörder
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