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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou
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kamen vor dem ehemaligen Haus von Mycroft Doyle an. Boz trat mit seinen unveröffentlichten Manuskripten in der Hand ein.
     
    Ein paar Dutzend Meter entfernt saßen Sheridan, Melanchthon, Colby und O’Rourke in einem mobilen Einsatzwagen des FBI vor einer Abhöranlage und einer Batterie von Lautsprechern, die noch den leisesten Wortwechsel zwischen Franklin und Boz übertrugen.
    Sie haben es recht gemütlich hier … Und dort schreiben Sie Ihren Essay … Das ist ideal … Sie leben alleine? … Wirklich? Das hätte ich nicht gedacht.
    Die Agenten des Teams »Letztes Wort« hatten an sämtlichen Orten, die der Schriftsteller während seines Aufenthalts in Durrisdeer aufsuchen sollte, versteckte Mikrophone installiert.
    Doch die Unterhaltung an diesem Abend drehte sich auch während des Essens beinahe ausschließlich um das Leben und die Persönlichkeit von Frank Franklin. Boz stellte unaufhörlich Fragen über seine in Arizona lebende Mutter, sein Treffen mit dem Verleger, seine Beziehung zu seinen Schülern und so weiter. Anschließend musste Franklin sich über das Leben und die Hirngespinste von Ian E. Iacobs auslassen.
    »Das ist ein großartiger Ort, den er sich hier gebaut hat«, sagte Boz mit Blick auf die Universität.
    Drei Stunden später wurde der Schriftsteller vom Professor zum Schloss zurückbegleitet. Seine neuen Texte blieben in Franklins Wohnzimmer.
    »Lasst ihn keine Sekunde aus den Augen!«, befahl Melanchthon ihren Untergebenen in dem Lieferwagen.
    Sie war den ganzen Tag bei ihnen geblieben, um auf Boz zu warten. Nun machte sie sich zum Aufbruch bereit.
    »Ich werde morgen nicht bei Ihnen sein. Halten Sie mich ständig auf dem Laufenden! Ich bin immer für Sie erreichbar!«
    Sie war bereits am Gehen, als Franklin vor dem Lieferwagen auftauchte.
    »Er ist in seinem Zimmer«, sprudelte er hastig hervor. »Ich habe seine Manuskripte, die unveröffentlichten, während unseres Gesprächs überflogen. Sie handeln alle vom Tod eines FBI-Agenten. Er hat mir sieben mitgebracht. Oder davon, wie diese Agenten bei vorgetäuschten Unfällen ums Leben kamen.«
    Melanchthon, O’Rourke und Colby erbleichten.
    »Wenn er ahnt, dass wir in Durrisdeer sind … Das ist eine Provokation«, knurrte Patricia. »Machen Sie mir schnell Kopien. Ich muss jetzt weg. Ein Hubschrauber erwartet mich auf der Militärbasis.«
    »Wohin fliegen Sie?«
    »Nach Rhode Island. Zur Fortsetzung der Ermittlungen.«

20
    Am nächsten Morgen geleitete der Dekan Boz zu Franklins Klassenzimmer. Der Pavillon von Mycroft Doyle im Wald sollte als Ort der Begegnung zwischen dem Schriftsteller und einigen sorgsam von Frank ausgewählten Studenten dienen.
    Emerson hatte sich seinem jungen Professor gegenüber kooperativ gezeigt. Im Allgemeinen empfing Durrisdeer nie bekannte Persönlichkeiten. Doch auch wenn Agatha Emerson seit der Entdeckung der Liaison zwischen Frank und Mary vor Wut schäumte und mit allen Mitteln seine Entlassung betrieb, so war Lewis seinerseits über diese Neuigkeit eher glücklich, denn er fand Franklin begabt und intelligent. Seine Erlaubnis, Ben O. Boz Zutritt zur Universität zu gewähren, war ein Gunstbeweis, eine Art, ihm zu zeigen, dass er insgeheim auf seiner Seite war.
    Der Dekan erging sich in zeremoniösem Gehabe und akademischen Schmeicheleien Boz gegenüber, obwohl er zwei Tage zuvor noch nicht einmal etwas von der Existenz dieses Kriminalautors gewusst hatte. Franklin fand seine pathetische Beflissenheit und seine Auslassungen über den hohen literarischen Wert von Kriminalliteratur hohles Geschwätz. Je mehr Emerson schwadronierte, umso verärgerter wurde Boz’ Gesichtsausdruck.
    Als der Schriftsteller das Klassenzimmer betrat, zählte er etwa ein Dutzend Schüler. Franklin stellte ihn vor und alle applaudierten. Bei der ersten Gelegenheit ergriff der Dekan das Wort.
    »Erweist euch der Ehre, die euch zuteil wird, würdig. Durrisdeer empfängt nie Gäste, das wisst ihr. Die Ausnahme heute verdankt ihr eurem Professor. Mr. Franklin arbeitet mit Mr. Boz an seinem nächsten Essay. Durch eure Fragen nehmt ihr am Austausch zwischen diesen Männern teil, und das freut mich.«
    Emerson wusste nicht das Geringste über die Machenschaften seines Professors im Dienste des FBI. Zufrieden ging er von dannen und überließ die Veranstaltung sich selbst. Frank formulierte sodann einige Willkommensbezeugungen, die wohlwollender aufgenommen wurden als die von Emerson. Er stellte außerdem die Studenten der Reihe nach

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