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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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hervor. »Lederkombi? Du meinst, er war ein Motorradfahrer?«
    Gunnar nickte.
    »Ja, klar, seine Maschine stand ja da auch rum. Sie war mit so einem blauen Japaner da und er mit einem Motorrad. Fand ich auch komisch.«
    Tabori schüttelte den Kopf. Da war ein vages Bild, das er nicht zu fassen kriegte. Ein Motorradfahrer mit einer neongrünen Warnweste über der Lederkombination, der ihm irgendwo aufgefallen war. Aber wo? Es war gar nicht unbedingt die Warnweste gewesen, Tabori hatte sich eher gewundert, warum jemand in der Hitze mit seinen Motorradklamotten …
    Das war es! Alle anderen hatten leichte Sommerkleidung angehabt. Tabori sah das Bild jetzt wieder genau vor sich: Das ältere Ehepaar, die beide völlig versunken in die Welt ihrer dickbauchigen Romane eingetaucht waren, der Mann mit dem Border Collie, der partout die Möwen hüten wollte, der Glatzkopf und die Blondine mit dem verwirrend tiefen Dekolletee – und der Motorradfahrer, der vom Parkplatz her auf die Sonnenterrasse gestiefelt kam und dann eine Weile regungslos über die Düne aufs Meer gestarrt hatte, bevor er wieder umdrehte und Tabori sich gleich darauf über das nervtötende Geblubber einer Harley geärgert hatte, als er davon fuhr. Er war da gewesen, vor Elsbets Strandhotel! Ein Motorradfahrer mit einer Warnweste über der Lederkombi …
    »Was war das für ein Motorrad?«, fragte Tabori, »weißt du die Marke noch?« Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Und er kannte die Antwort schon, bevor Gunnar sie gab. Ganz deutlich hatte er die Szene vor Augen, als er und Lisa mit Carlos und Ulrike geredet hatten und deren Kollege ihnen ein paar Informationen zu dem entführten Polizisten gegebenhatte: Ein Typ, der keinen Meter ohne sein Motorrad zurücklegte, der immer eine Warnweste über der Kombi trug, genauso wie sein Hund, den er im Beiwagen mit sich herumkutschierte …
    »Harley Davidson Electra Glide in Schwarzweiß«, sagte Gunnar ohne Zögern. »Ohne den albernen Beiwagen wäre das Ding echt cool gewesen.«
    »Hatte er einen Hund dabei?«, fragte Tabori, obwohl es eigentlich keine Rolle spielte. Es wäre nur …
    »Quatsch«, lachte Gunnar mit schneeweißen Zähnen, »Wo sollte er denn … ach so, du meinst, im Beiwagen?«
    »Also du kennst den Typen?«, fragte jetzt Michael. »Auch ein Kollege von dir?«
    »Kollege?«, echote Gunnar verständnislos.
    »Ich bin mir fast sicher«, antwortete Tabori. »Wenn nicht irgendjemand anders zufällig das gleiche Motorrad haben sollte oder die Maschine geklaut hatte. Aber das kriegen wir schnell raus. Hast du einen PC, den ich benutzen kann?«, fragte er Michael. »Und eine E-Mail-Adresse?«
    »Natürlich, im Büro drüben. Die E-Mail ist einfach, mohair@mohairbutik, in einem Wort, dot dk.«
    Tabori folgte ihm ins Büro, während er schon die richtige Nummer in seinem Adressbuch aufrief.
    Er hoffte, dass Carlos das Telefonat annehmen würde. Carlos würde nicht weiter überrascht sein und keine langen Fragen stellen, er würde im Gegenteil mit hämischer Genugtuung einmal mehr den Dienstweg missachten. Aber dann war es doch Ulrike, die er am Hörer hatte.
    »Hier ist ein alter Kollege von euch«, sagte Tabori, ohne seinen Namen zu nennen. »Ich brauche eure Hilfe, aber ichhab nicht viel Zeit für lange Erklärungen. Sag mir nur, ob ich das richtig in Erinnerung habe, dass ihr voll ausgestattet seid in eurem Bulli. Schafft ihr es dann auch, mir ein Foto rüberzuschicken? Dann würde ich dir gerne eine E-Mail-Adresse durchgeben …«
    »Ach, du bist es«, kam Ulrikes Stimme leicht verzerrt über die Leitung. »Du scheinst uns ja echt zu vermissen!«
    Für einen Moment war Tabori irritiert, dass sie sofort gewusst hatte, mit wem sie sprach. Er benutzte ein neues Handy, für das er gerade erst einen Vertrag abgeschlossen hatte und dessen Nummer sie unmöglich gespeichert haben konnten. Aber vielleicht unterschätzte er auch die Möglichkeiten des modernen Überwachungsstaates.
    »Geht das? Mit dem Foto, meine ich?«
    »Es geht alles.« Ulrike lachte wieder. »Das Einzige, was ich brauche, ist eine möglichst plausible Begründung, um mich zu überzeugen. Ohne Begründung läuft gar nichts, da kann ich nicht tätig werden. Also, was hast du mir anzubieten?«
    Tabori erinnerte sich wieder, dass Ulrike es liebte, irgendwelche Spielchen zu spielen. Das war ihre Art, sich vor der maßlosen Idiotie zu schützen, mit der der interne Polizeiapparat seine Mitarbeiter zunehmend konfrontierte.
    »Risiko der

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