Kein Erbarmen
einfach nur froh, dass du nicht mehr unter Verdacht stehst. Lisa hat mir erzählt, was du in Dänemark rausgekriegt hast, und das passt ganz gut zu dem, was ich inzwischen weiß. Vielleicht haben wir auch ein bisschen zu viel getrunken. Oder ich habe Lisa immer schon gemocht und es nur nicht wahrhaben wollen, weil ich Angst vor dir hatte, wenn da was zwischen uns laufen würde, was weiß ich? Aber jedenfalls kam eins zum anderen und das war’s dann. Wir sind zusammen in der Kiste gelandet. Und jetzt zu den guten Nachrichten …«
Er zog einen Plastikbeutel mit einem Handy aus der Jacketttasche.
»Das Handy von Herrn Respekt. Interessante Anruferliste, du wirst es nicht glauben, mit wem er telefoniert hat, warte, ich zeig’s dir! – Drei Anrufe, die interessant sind«, sagte Lepcke, während er gleichzeitig das Menü aufrief. »Zwei davonhat er bekommen, einen hat er selber geführt. Willst du es chronologisch?«
Tabori nickte.
»Nummer eins, hier, am 7. September um 19:26 Uhr.«
»B-Wolf«, las Tabori vom Display ab. Er blickte fragend hoch.
»War nicht so schwer rauszukriegen, wer sich dahinter verbirgt«, grinste Lepcke. »Die Nummer gehört Damaschke. Und jetzt halt dich fest. Der Anruf ist über das dänische Netz reingekommen! Das heißt, Damaschke war in Dänemark. Ich weiß«, stoppte er Tabori, bevor er noch etwas sagen konnte, »aber das passt zu eurer Theorie, Damaschke hat also tatsächlich mit Respekt telefoniert, an dem Tag, an dem …«
»Er sich mit der Anwärterin getroffen hat und sie gute zwei Stunden vorher gesehen worden sind.«
»Bingo. Und jetzt Anruf Nummer zwei, diesmal von respekt selber. Am nächsten Vormittag, 8. September, 10:06 Uhr. Respekt hat die Kollegen vom 1. Kommissariat am Welfenplatz angerufen. Sie haben den Vorgang brav protokolliert: Respekt hat das Auto seiner Schwester als gestohlen gemeldet, einen blauen Nissan Micra, aber das dachtest du dir ja wahrscheinlich schon … was ist?«
»Das Auto seiner Schwester?«
Lepcke lachte. »Ach so, sorry, das habe ich noch nicht gesagt, Respekt hat nicht unter seinem Namen angerufen, sondern nannte sich ganz dreist Koschinski! – Nein, vergiss es, er ist wirklich nicht mit ihr verwandt, ich habe das schon überprüft. Keine Stiefgeschwister oder irgendwas, nichts.«
»Sie hatten ein Auto zu viel«, überlegte Tabori laut. »Das war eine der Fragen, die ich mir gestellt hatte: Warum sindsie das Risiko eingegangen, dass der Nissan da oben gefunden wird und es damit eine Spur gibt?«
»Keine Spur, jedenfalls keine, die irgendjemanden interessieren würde. Ein gestohlener Wagen, der irgendwann in Dänemark auftaucht und zufällig einer Frau gehört, die in Deutschland Selbstmord begangen hat. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun, der Selbstmord-Fall ist längst abgeschlossen, warum sollte da jemand noch mal nachhaken?«
»Es passt«, sagte Tabori und zündete sich eine neue Zigarette an. »Damaschke hat Respekt nach Dänemark beordert – er war da, er ist in eine Geschwindigkeitskontrolle geraten …«
»Ich weiß, hat Lisa erzählt.«
»Und sie mussten sich was wegen dem Auto einfallen lassen. Abfackeln wäre eine Möglichkeit gewesen, aber das hätte wahrscheinlich für zu viel Aufmerksamkeit gesorgt, gerade jetzt, nach diesem Sommer, wo sie wegen der Trockenheit in den Wäldern … Außerdem hatten sie keine Zeit. Nicht schlecht als Lösung, die Karre einfach als gestohlen zu melden und darauf zu hoffen, dass noch einige Zeit vergehen wird, bis sie überhaupt entdeckt wird. – Dieser Anruf von Respekt, ist der auch über das dänische Netz gekommen?«
»Habe ich noch nicht überprüfen lassen, weil ich ja auch erst gestern Nacht von Lisa gehört habe, dass Respekt da oben war, aber lasse ich noch machen. Und ich wette darauf, Alter, dass es genauso war.«
»Und der letzte Anruf? Du hast von drei Anrufen gesprochen.«
Lepcke zog sich wieder das Handy heran.
»9. September, kurz nach ein Uhr nachts, unbekannterTeilnehmer«, las er vom Display ab. »Also noch in derselben Nacht, in der die Anwärterin auf den Gleisen gefunden worden ist. Übrigens auch der letzte Anruf, den er überhaupt gekriegt hat.«
»Und der unbekannte Teilnehmer war wer?«, fragte Tabori.
»Ein Anruf von einem öffentlichen Telefon.«
»Standort?«
Lepcke grinste.
»Die Hauptstraße in Elze. Und zwar nicht das Elze in Richtung Alfeld, sondern …«
»Der Nachbarort von Bennemühlen, wo zufällig die Ausbildungsstätte
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