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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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herüber. »Darf ich?«
    Matzbach wies stumm auf einen Stuhl. Wingolf schlug den Springer, nach langem Bedenken, und hob ihn zum Mund. Dann wackelte er mit dem Kopf und starrte Matzbach glasig und wütend an.
    »Du bissein mieses Schschwein, Massbach.« Er lallte beinahe. »Gleich hab ich dich, und ... ich kannich mehea.« Er trank den Springer leer, rülpste und ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken.
    »Technischer k. o.«, sagte Matzbach. »Ziemlich selten bei Schach.«
    »Was ist denn drin?« Der Monteur deutete auf die Figuren.
    »Sliwowitz. Aber das war
seine
Idee. Was bewog Sie, derlei gewalttätige Schreie nach mir auszustoßen?«
    »Ich bin Tobias Neumann.«
    Matzbach nickte. »Das ist ein ästhetisches Problem, aber kein Grund, nach mir zu schreien.«
    »Ich hab Ihnen neulich ne Todesanzeige geschickt.«
    »Sie sehen aber ganz lebendig aus.«
    »Sie waren nicht auf der Beerdigung, oder?«
    Matzbach blähte die Wangen. »Ich gehe nur zu Beerdigungen, wenn ich den Todesfall billige. Carlo hätte ruhig noch länger leben dürfen. Ich nehme an. Sie sind mit ihm verwandt, oder?«
    »War mein Onkel.«
    »Bißchen früh zum Abtreten.«
    »Fünfundfünfzig. Wie Sie, nehm ich mal an. Sie haben zusammen studiert, ne?«
    »Mhm. Und jetzt hat er den Löffel abgegeben. Tja tja tja.« Matzbach wiegte den Kopf. »Die Einschläge rücken immer näher.«
    »Sie werden sich wahrscheinlich fragen, was ich von Ihnen will.«
    Matzbach schüttelte den Kopf und betrachtete das Gesicht, dann die Hände des Mannes. Unter den Nägeln, in den Nagelbetten und an den Porenrändern klebte eine schwarze Substanz. »Nee«, sagte er.
    »Nee?«
    »Ich geh mal davon aus, daß Sie es mir gleich sagen. Deshalb frag ich mich nicht. Ich nehme an, Sie sind selbständig, basteln an Autos herum und waren bis eben in der Werkstatt, ja?«
    Neumann blickte verblüfft. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ach, ich hab ein bißchen Sherlock Holmes gespielt.« Matzbach grinste. »Angestellte machen früher Schluß. Ihr Overall« – er beugte sich vor und tippte gegen die Brusttasche des Mannes, auf der ARAL stand – »spricht von Benzin und Autos, und Ihre Hände von Öl.«
    Neumann nickte. »Ich bin beeindruckt. Wenn Sie’s genau wissen wollen: Ich hab ne kleine Autowerkstatt in Beuel, bin selbständig und solo und hab bis eben meine Ölheizung repariert, aber nicht in der Werkstatt, sondern zu Hause.«
    »Aua. Ätsch.« Matzbach kicherte. »Na ja, ein halber Treffer ist besser als ein ganzer Versager.«
    Neumann seufzte. »Sie sind ne komische Nummer. Gibt’s hier was zu trinken?«
    Matzbach deutete auf die Schachfiguren. »Jede Menge Sliwowitz.«
    »Also, mein Onkel hat hin und wieder von Ihnen erzählt – immer, wenn mal wo was über Sie zu lesen war. Sagt, Sie wären immer schon ein Strolch gewesen.«
    »Wollen Sie heißen Kakao? Und ich armes possierliches Getüm ein Strolch? Nimmer.«
    »Lieber ne Bloody Mary, mit Strohhalm.«
    »Bloody Mary mit Strohhalm«, sagte Matzbach laut. Yü hob die Hand.
    »Als Student der Philosophie, hat mein Onkel gesagt, waren Sie ein Denkstrolch. Danach ein Geldstrolch, und jetzt hauptsächlich eine Art Lümmelstrolch. Hobbylümmel. Nee, Hobbydetektiv. Lümmelholmes.«
    Matzbach stand auf, ging zum Tresen, kam mit einem Becher Kakao zurück und setzte sich auf den umgedrehten Stuhl, Brust an die Lehne gedrückt. »Ich krieg ja glatt Respekt vor mir. Aber sagen Sie endlich mal, was Sie eigentlich wollen.«
    Neumann schwieg, bis Yü ihm die Bloody Mary mit Strohhalm gebracht hatte. Red Horse, Lucy und Tshato verabschiedeten sich und gingen. Der Mechaniker dankte Yü mit einem schrägen Lächeln, benutzte den Strohhalm zum Rühren, legte ihn beiseite und trank.
    »Tja«, sagte er schließlich. »Also. Ich bastle da an alten Autos rum, vor allem Engländer. Ein Kunde, der zwei schöne MGs und einen Bentley hat, sagte vor ein paar Tagen, ich sollte das doch alles mal mit Ihnen bereden.«
    »Was heißt alles, und wer ist der Kunde?«
    »Ein Unternehmer, heißt Erler. Und alles ... Hm. Also, der teure tote Onkel ...«
    »Wie teuer?«
    »Ich bin der Haupterbe.«
    »Gut für Sie. Weiter.«
    »Onkel Carlos Tod gefällt mir nicht.«
    Matzbach holte tief Luft und schüttelte den Kopf. »Erbt alles, oder fast, und ist immer noch unzufrieden? Diese Jugend! Was paßt Ihnen denn nicht?«
    »Irgendwas ist da faul, aber der Arzt hat keine Bedenken, und der Kripomann, dem ich was vorgeweint hab, will sich auch nicht weiter damit

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