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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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an alles gedacht.« Er schloß den Jiffy, steckte die Nieten durch und drückte sie vorschriftsmäßig auseinander.
    Yü hatte die Arme verschränkt. »Erleuchte mich, weiser Westler«, sagte er mit deutlich mürrischer Stimme. »Wie kommt diese Scheißsumme zustande, und wieso konntest du das vorher wissen und abzählen?«
    »Kurzes scharfes Denken,
mon vieux
. Eine auffällige Summe unter dreißigtausend. Da fiel mir diese ominöse Anzahlung ein, und zweimal eins zwei drei vier fünf ist vierundzwanzig sechshundertneunzig. Klar?«
    »Nee. Was soll denn das Ganze?«
    Matzbach schob die Unterlippe vor. »Ich fürchte, das reicht tief in die Metaphysik. Oder die Pataphysik, eher. Aber eine überzeugende Erklärung muß ich mir und dir im Moment schuldig bleiben.«
    »Weißt du was?« sagte Yü, als sie das Büro wieder verließen. »Bleib mir die Erklärung am besten bis ans Ende meiner Tage schuldig. Ich wüßte nur gern, wie du die ganze Knete, die wir heute verloren haben, vom Safe bis zu dem da, verschmerzen willst.«
    »Verschmerzen?« sagte Matzbach. »Ei, überhaupt nicht. Ich will sie mit Zins und Zinseszins zurück.«
    Der Kurier nahm den unbeschrifteten, nur mit Nieten verschlossenen Jiffy entgegen und steckte ihn in seine Umhängetasche. Er nickte und wollte gehen; Matzbach hielt ihn fest.
    »Was passiert jetzt damit?«
    Der Radfahrer blähte die Wangen auf. »Mann, woher soll ich das wissen?«
    »Was sollen Sie jetzt tun?«
    »Ich soll in die Rheinaue fahren«, sagte der Mann. »Zu einem bestimmten Abfalleimer. Da soll ich den Umschlag reinstecken, zusammen mit« – er griff in die Umhängetasche und zog etwas heraus –
»dem
. Und verschwinden.«
    Was er hochhielt, war eine Dose mit Kaminanzündern.
    Matzbach nickte. Yü schüttelte den Kopf. Der Kurier hob die Hand und ging. Der Gast leerte sein Bier, nickte und ging ebenfalls.
    »Was geht hier eigentlich vor, Chief?« sagte Red Horse, als sie unter sich waren.
    »Hier?« sagte Matzbach. Er sah sich um. »Halb sieben durch und kein einziger Gast, das geht hier vor.«
    »Komm, mal ernsthaft«, sagte Lucy.
    »Hol Tshato, dann sag ich’s euch.«
    Als sich der Aschanti – murrend, wegen der Unterbrechung beim Vorbereiten des Menüs – auf einen Hocker gehievt hatte, sagte Matzbach:
    »So, also. Albo Schmidt, den ihr ja gekannt habt, ist mit der gleichen Waffe umgebracht worden, die man dir an den Kopf geknallt und dann in dem Typen vergessen hat, dem du helfen wolltest, Nomey. Albo ist wahrscheinlich erpreßt worden; seine Schwester – Rapunzel, auch bekannt, ja? – weiß irgendwas und ist untergetaucht. Wobei mich ein bißchen wundert, daß offenbar bisher noch keiner versucht hat, ihre Wohnung zu durchsuchen. Aber egal. Rapunzel ist untergetaucht; von uns erpreßt man Schutzgeld, indem man uns aidsverseuchtes Blut und Briefchen schickt; ein paar Körnerfresser drohen mit Schiffchenversenken, falls wir weiterhin Fleisch anbieten; und weil Yü und ich vermutlich ein bißchen gefährdet sind, werden auch wir dieses Wochenende verschwinden – uns zerstreuen und unauffindbar sein. Euch kann ich nur raten, seid vorsichtig; ich glaube aber eigentlich nicht, daß ihr in Gefahr seid.«
    »Wo steckt der Zwerg?« sagte Tshato.
    »Der ist in einer Sondermission unterwegs.« Matzbach blickte zum Ufer; vier prospektive Gäste kamen gerade über den Anleger. »So, erst mal Schluß damit. Sobald wir mehr wissen, sagen wir euch mehr. Ich glaube, da kommt Kundschaft.«
    Der Abend wurde bald lebhafter; gegen acht war die
Spelunke
fast voll. Abgesehen von Hektik und Umsatz ereignete sich nichts. Irgendwann rief Red Horse Matzbach, der mit ein paar Gästen plauderte, ans Telefon. Baltasar nahm den Hörer, lauschte, stellte ein paar Gegenfragen und legte schließlich auf. Er winkte Yü und ging mit ihm aufs momentan leere Bugdeck.
    »Das war der unauffällige Schwarzbiertrinker«, sagte er. »Der Umschlag wurde in den Abfalleimer gesteckt. War einiges an Betrieb in der Rheinaue, dicke Spaziergängertrauben, und manchmal war der Eimer nicht genau zu sehen. Irgendwann stand eine Gruppe Männlein und Weiblein drum rum, später dann eine andere. Bei denen waren Raucher; einer oder eine von denen muß entweder eine Kippe oder ein brennendes Streichholz reingeschmissen haben, und pfft.«
    Yü seufzte. »Schade um die schöne Knete. Und was soll das alles bloß?«
    »Das weiß der Geier. Wir wissen aber noch was.« Matzbach grinste schief. »Ein geistesgegenwärtiger Mensch

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