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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Richtung Freiberg, dessen Qualitäten erst in Abwesenheit der Person wahrhaft unübersehbar wurden. Ludewig war kein Freiberg, und im Moment gab es, wie Baltasar mit leisem Keckem vor sich hin murmelte, »kein Freibier für Matzbach«. Andererseits war er beinahe froh darüber; ohne Rücksicht auf Walter Freiberg würden sich etliche Gesetze leichter brechen lassen.
    In der
Spelunke
war Flaute, noch oder schon. »Montagsmäßig«, sagte Yü; Matzbach schnaubte und deutete auf das Büro. Sie nahmen Kaffeebecher mit; Yü schloß die Tür sehr sorgfältig.
    »Ich werde«, sagte Baltasar, »gleich versuchen, meinen Freund den Hacker zu erreichen, und ein paar andere. Laß uns aber zuerst ...«
    Yü unterbrach. »Nein, zweitens. Ich nehme an, was Hugo Hacker sagt, sollte bedacht und beredet werden. Also nicht zuerst reden.«
    »Die Weisheit des Ostens«, knurrte Matzbach.
    Der Hacker meldete sich beim vierten Klingeln. »Ah du«, sagte er. »Mittelmäßige Beute. Soll ich losschießen?«
    »Aber bitte doch.« Matzbach hielt den Hörer ein wenig vom Ohr weg, so daß Yü, der auf der Schreibtischkante hockte und sich vorbeugte, mithören konnte.
    »Der Kandidat«, sagte der Hacker, »kostet dich noch mal zwei Riesen.«
    »Okay.«
    »Gut. Willst du alle Einzelheiten?«
    »Hilfe, nein; Überblick.«
    »Ah ja. Na schön. Also: Es gibt an die zwei Dutzend Konten, einige schwer mit ihm zu verbinden. Zum Beispiel, abstrakt gesagt, gehört Konto elf einer Firma für Gastronomiebedarf, die Firma wiederum gehört Konto siebzehn, Konto siebzehn gehört einer GmbH mit Minimalkapital, die keine Gehälter zahlt und nichts tut. Der Geschäftsführer heißt Erler. So ungefähr. Klar?«
    »So weit, so unklar.«
    Der Hacker kicherte. »Der Mann ist pleite, und zwar gründlich. Allerdings spielen die Banken wohl bisher mit. In den letzten Monaten hat es einige große Überweisungen auf ein Konto bei einer Commerzbank-Filiale in Köln gegeben, alle mit dem Vermerk ›Laut Rechnung vom ersten April‹. Da mußte ich« – er räusperte sich – »einen Kollegen bemühen, richtiges
whiz kid
, weil ich nicht über eine Sperre weggekommen bin. Oder rumgekommen, egal. Wir haben ein paar Stunden gebraucht, um da weiterzukommen.«
    Er brach ab; Matzbach seufzte lautlos und sagte: »Toll gemacht, Junge; ich bin dir wirklich dankbar.«
    »Hm. Also – Empfänger ist eine Firma namens KKK ...«
    »Wie Kölner Klüngel Kumpels? Ku Klux Klan?«
    »Genau. Die versorgt Teile der Kölner Kneipenwelt mit Spielautomaten und gehört wieder einer anderen Firma, die an etlichen Kneipen und Striplokalen beteiligt ist. Das geht so weiter; die nächste Kette. Am Ende steht ein Typ namens Müller, wie Wanderlust.« Lange Pause. »Und von dem, heißt es, sollte man die Finger lassen.«
    Matzbach sonderte höfliche und geziemend dankbare Geräusche ab und versprach, in den nächsten Tagen den Rest bar vorbeizubringen. Der Hacker erkundigte sich, ob es in der
Spelunke
auch Cola gäbe; als Matzbach ungern bejahte, sagte er, er werde in etwa zwei Stunden vorbeikommen, falls Bargeld verfügbar sei.
    »Ist verfügbar. Noch mal danke, und bis alsdann.«
    Yü betrachtete den aufgelegten Hörer, grunzte leise und ging zu den Sesseln vor dem Schreibtisch. Er ließ sich nieder, trank aus dem Becher, stellte ihn auf die Tischplatte; erst dann sah er Matzbach an.
    »Unverhoffter Reichtum an Fährnissen hat sich eingestellt«, sagte er. »Wir sollten uns anschnallen, das Rauchen einstellen und die Kotztüten bereithalten.«
    Baltasar bleckte die Zähne, lehnte sich zurück, legte ein Bein auf den Schreibtisch und zündete eine Panetela an. »Gebt mir Eure Deutung, Herr.«
    »Albo«, sagte Yü langsam. »Durch ein Mißgeschick verliert er Lust und Leben. Der unabsichtlich Schuldige läßt die Leiche nicht einfach liegen, sondern beschließt sie zu nutzen.«
    »Motiv?« knurrte Baltasar.
    »Knete?« Yü hob die Schultern. »Oder rätselhafte Formen des Zorns? Wer weiß schon, was da alles vorgeht. Bei der von ihm gewählten Form der Leichennutzung – bleiben wir mal so abstrakt, ja? – wird er beobachtet. Sagen wir, er hat zwei Ziele: Leiche beseitigen und Geld eintreiben. Erler erfährt von der Beobachtung, schaltet sich ein, beteiligt sich an der Nutzung der Leiche, ebenfalls mit mindestens zwei Zielen: Er will die
Spelunke
, und er will – reine Mutmaßung, klar – aus den Klauen des edlen Herrn Müller oder KKK in Köln heraus, dem er offenbar Geld schuldet. Bietet dir, also

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