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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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war noch nicht zu einem Entschluß gelangt, was vor allem am Platzmangel lag, als ihn ein Schild aus seinen Bedenkungen riß:
RESTAURANT VORÜBERGEHEND GESCHLOSSEN WEGEN REPARATUREN.
    Es war Yüs Schrift, und der Chinese hatte einen dicken schwarzen Edding-Stift benutzt. Die helle Pappe hing am Geländertor, das nur angelehnt war. Matzbach seufzte leise, stieg die Kaitreppe hinab und betrachtete die
Spelunke
.
    Die Tür am Ende des Anlegers war aufgebrochen; zwei Fenster des Kneipendecks wiesen insgesamt vier Einschußlöcher auf: vielzackige Sterne mit einem kleinen Nichts in der Mitte.
    Lucy, Dany, Tshato und Yü hatten etwa ein Drittel der Katastrophe beseitigt. Ein paar zerbrochene Stühle und Tische lagen nahe der Treppe; alles stank nach Alkohol, der aus zerschlagenen oder zerschossenen Flaschen ausgelaufen war. Der Scherbenhaufen konnte als dekonstruktivistische Improvisation zum Thema Mount Everest durchgehen. Etwa die Hälfte aller Gläser war dahin; die Musikanlage fehlte, und die Videokamera überm Tresen schien mit einem Beil halbiert.
    »Gemütlich habt ihr’s hier«, sagte Matzbach. »Wie und wann ist das passiert, und wo steckt Don?«
    Tshato richtete sich hinterm Tresen auf, wo er offenbar etwas zusammengekehrt oder gewischt hatte. Er griff nach einem hohen Glas mit brauner Flüssigkeit, Cuba Libre oder derlei, hob es wie zum Gruß und sagte: »Willkommen daheim, Sahib; nee, Bwana; ach was – Massa.«
    Daniela lehnte den langstieligen Schrubber an die Kante des unversehrten Billardtischs, stemmte die Hände in die Hüften und sagte: »Scheiße, was?«
    Lucy, auf den Knien, legte den Schraubenzieher weg, mit dem sie an den Verstrebungen eines Barhockers gewerkelt hatte, blickte auf und sagte: »Ach, Chef, kannst du uns vielleicht erklären, was hier eigentlich abläuft? Der Chinese schweigt verbissen.«
    Yü stand im Durchgang zum VIP-Teil, die Reste der Genscher-Figur in den Armen. »Beharrlichkeit bringt Heil«, sagte er. »Es ist, denke ich mir, förderlich, eine Reise anzutreten. Zur Zeit mag das Sanfte gar nicht nach oben dringen.«
    Baltasar zündete sich eine Zigarre an, streichelte Lucys Wuschelkopf und lehnte sich an den Tresen. »Wie, wann? Und wo Don?«
    Yü betrachtete den zerfetzten Genschman, warf ihn widerwillig auf den Haufen der Möbeltrümmer und kam zum Tresen. »Gleich. Ich geb eine Runde Bier aus, Freunde.« Er suchte Gläser zusammen.
    »Nh-nh. Kein Freibier für Matzbach«, sagte Baltasar. »Matzbach trinkt Wein.«
    »Elitärer Arsch.« Yü schob ihm eine halbleere Flasche Hautes Côtes de Beaune und ein Glas hin. »Da. Schwarzbier, die anderen? Gut.« Er blickte auf die Uhr, sagte leise »zwanzig vor neun« und begann zu zapfen.
    »Deine Zeitmessung in allen Unehren, aber bitte, bitte!«
    »Die Happenings in der Reihenfolge, Metzelbach? Eh voilà. Gestern abend, als du dich in Paderborn amüsiert hast, wie ich hoffe, hing draußen wieder so ein Zettel aus Zeitungsbuchstaben. ›Letzte Warnung‹, stand darauf. Der Happenings zweites war ein hektischer Anruf des ehrenlosen Abgeordneten Auerberg, -bach, -tal oder -hahn, wie auch immer; er habe gehört, jemand hätte den Safe geknackt, und was du zu tun gedächtest. Ich habe ihm gesagt, du westest nicht an, würdest aber zweifellos deine Pflicht tun.«
    Lucy, inzwischen aufgestanden, starrte auf das sich füllende Glas unterm Zapfhahn und giggelte. »Ich hab zufällig gehört, was er gesagt hat, von wegen Pflicht. ›Der sehr ehrenwerte Skipper dieser Barke gleicht dem sorgenden Pelikan, der sich den Busen zerfleischt, um jene zu befriedigen, deren Aussicht auf Heil von ihm abhanget.‹ So?«
    »Titten«, sagte Yü. »Ich habe nicht Busen gesagt, sondern Titten.«
    »Wider mich?«
    »Exakt.«
    »So. Und, was sagt Monsieur EmDeBe dazu?«
    »Wann du wieder hier bist, und dann, daß er um neun herkommt. In einigen Minuten, sozusagen.«
    »Woher weiß er das mit dem Safe?« sagte Baltasar. »Stand was in der Zeitung?«
    »Manche Leute haben lange Ohren. Aber weiter. Heute früh hatte ich einen Termin, du weißt, bei unserem Steuerbüro. Dany hat ein bißchen eingekauft. Der Happenings drittes trug sich beim Steuerberater zu, als ich erwähnte, daß ja vor einigen Tagen einer der ehrbaren Mitarbeiter des irdischen Überdrusses ledig wurde.«
    » ›Ward‹ «, sagte Matzbach. »Wenn schon, dann ›ward‹.«
    »Von mich aus. Und ich erwähnte auch, daß der nunmehr Selige vorher mit Herrn Erler bei uns gegessen hat. Worauf ich hörte,

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