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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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eines Mitglieds aus Marshas Gemeinde eingestellt worden, und obwohl Matt der Gedanke einer im Haus wohnenden Babysitterin nicht ganz geheuer war (auch wenn sie eine College-Studentin war), schien das Ganze hervorragend zu funktionieren. Kyra war ein ziemlich tolles Mädchen und hatte mit ihrem erfrischenden Lächeln etwas vom dringend erforderlichen Sonnenschein aus einem der mit »I« beginnenden Staaten des Mittelwestens mitgebracht – welcher es war, vergaß er immer wieder.
    Matt stieg aus dem Wagen. Kyra schirmte mit einer Hand die Augen ab und winkte mit der anderen. Sie lächelte so, wie es nur junge Menschen können. »Hi, Matt.«
    »Hey, Kyra.«

    Als die Jungs seine Stimme hörten, drehten sie ihre Köpfe um wie Hunde, die hören, dass ihr Herrchen Leckerbissen aus der Tasche holt. Sie rannten auf ihn zu und riefen: »Onkel Matt! Onkel Matt!«
    Matt fühlte sich erleichtert. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als die Jungs sich auf ihn stürzten. Ethan umklammerte sein rechtes Bein. Paul zielte auf die Körpermitte.
    »McNabb läuft zurück, um einen Pass zu werfen«, verkündete Matt mit seiner besten Greg-Gumbel-Stimme. »Obacht! Strahan durchbricht die Abwehrreihe und erwischt ihn am Bein …«
    Paul brach ab. »Ich will Strahan sein«, sagte er.
    Ethan wollte nichts davon wissen. »Nein, ich bin Strahan.«
    »Hey, ihr könnt beide Strahan sein«, sagte Matt.
    Die beiden Jungs sahen Matt an wie den begriffsstutzigen Jungen aus der letzten Reihe. »Man kann keine zwei Michael Strahans haben«, sagte Paul.
    »Genau«, pflichtete sein kleiner Bruder ihm bei.
    Dann senkten sie die Schultern und stemmten sich wieder gegen ihn. Matt legte die fast Pacino-mäßige Darstellung eines Quarterbacks hin, der von den Verteidigern überrascht wird. Er machte ein paar hastige Schritte, sah sich verzweifelt nach imaginären Mitspielern um, denen er den Ball zupassen könnte, führte mit dem unsichtbaren Football eine Wurfbewegung aus und ging schließlich in Zeitlupe zu Boden.
    »Juhu!« Die Jungs standen auf, klatschten sich ab und ließen die Brustkörbe aufeinanderprallen. Mit einem Stöhnen richtete Matt sich auf. Kyra unterdrückte ein Kichern.
    Paul und Ethan hatten ihren Siegestanz noch nicht beendet, als Marsha in der Tür erschien. Matt fand, dass sie sehr gut aussah. Sie trug ein Kleid und Make-up. Ihre Haare waren aufwändig verstrubbelt. Die Autoschlüssel klimperten schon in ihrer Hand.

    Nach Bernies Tod waren Matt und Marsha so am Boden zerstört gewesen, dass sie versucht hatten, eine Beziehung aufzubauen, in der Matt die Rolle des Vaters und Ehemanns übernehmen konnte.
    Es war ein Debakel gewesen.
    Sie hatten eine angemessene Zeit abgewartet – ein halbes Jahr – und sich dann eines Abends betrunken, ohne weiter darüber gesprochen zu haben, weil sie beide wussten, was passieren würde. Marsha hatte den Anfang gemacht. Sie hatte ihn geküsst – leidenschaftlich geküsst. Dann hatte sie angefangen zu schluchzen. Das war das Ende gewesen.
    Vor dem »Ausrutscher« war Matts Familie vom Glück gesegnet gewesen, vielleicht aber auch nur gesegnet naiv. Als Matt 23 Jahre alt war, lebten alle vier Großeltern noch und waren bei bester Gesundheit – zwei in Miami und zwei in Scottsdale. Andere Familien hatten Tragödien erlebt, die Hunters jedoch waren davon verschont geblieben. Mit dem Ausrutscher hatte sich das geändert. Auf das, was folgen sollte, waren sie schlecht vorbereitet.
    So ist das mit Tragödien: Wenn sich erst einmal eine herangeschlichen hat, durchbricht sie alle Verteidigungslinien und räumt ihren Kameraden den Weg frei. Drei von Matts Großeltern starben während seines Gefängnisaufenthalts. Die Belastung brachte seinen Vater um und nahm seiner Mutter den Lebensmut. Mom floh nach Florida. Seine Schwester kniff nach Seattle aus. Bernie bekam sein Hirn-Aneurysma.
    Und mit einem Mal waren sie alle fort.
    Matt stand auf. Er winkte Marsha zu. Sie winkte zurück. Kyra fragte: »Kann ich jetzt gehen?«
    Marsha nickte. »Danke, Kyra.«
    »Kein Problem.« Kyra setzte ihren Rucksack auf. »Tschüss, Matt.«
    »Tschüss, Kleine.«

    Matts Handy klingelte. Auf dem Display erschien die Nummer von Cingle Shaker. Er bedeutete Marsha, dass er rangehen musste. Sie nickte ihm zu. Matt ging ein paar Schritte auf die Straße und nahm das Gespräch an.
    »Hallo.«
    »Ich hab was über das Kennzeichen«, sagte Cingle.
    »Und?«
    »Ein Mietwagen. Von der Avis-Niederlassung am Newark

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