Kein Job fuer schwache Nerven
Petra hatte ja alles schon gehört und jetzt, vor Ort, rasteten immer wieder Teile der Erzählungen ein, klick, in die Wirklichkeit. Sie hat versucht, es sich hinterher nicht anmerken zu lassen, aber sie war stolz auf sich, und das zu Recht. Und ab diesem Augenblick plante ich sie immer wieder fast schon ohne nachzudenken ein. Bis zu einem Fall mit einem besonders unappetitlichen Messie. Da haben wir dann ein Abkommen getroffen:
Petra fährt nur dann mit, wenn Not am Mann ist.
Petra übernimmt lieber Einsätze mit eher frischem Blut.
Keine Messie-Wohnungen mehr.
Weil für sie der Ekel in Messie-Wohnungen größer ist. Da kann sie richtig wütend werden, was auch daran liegt, dass sie den Messies mehr Schuld am Chaos gibt als den Toten. Ich weiß, sie weiß, wir alle wissen: Das ist nicht fair, weil die Toten nichts für ihren Tod können und die Messies meistens nichts fürs Chaos, weil sie eben krank sind, krank im Kopf. Und trotzdem ist Petra da oft stinksauer. Diese Messies sehen halt oft nicht krank aus. Und nach diesen Regeln schicke ich Petra dann los. Manchmal sogar allein, wie zu dem schwulen Selbstmörder.
Eine rührende Geschichte, über ein Pärchen, das in München in einer Wohnung zusammenlebte, ein älterer Mittfünfziger und ein jüngerer Mittdreißiger und ein riesiger Rottweiler, der Petra am meisten Sorgen bereitet hatte. Weil das nicht beruhigend ist, an einem Rottweiler vorbeizugehen, wenn man gerade nach dem Blut vom Herrchen riecht. Der Hund war aber brav.
Die beiden Herren waren schon lange zusammen, und sie hatten sich einen kleinen Brauch zugelegt. Wer zuerst nach Hause kam, der machte eine Flasche Sekt auf. Jeden Tag. Und als der ältere Herr eines Tages nach Hause kommt, denkt er sich auch nichts, als tatsächlich sein Sektglas schon eingeschenkt auf dem Tisch steht. Sonst ist niemand da, außer dem Hund. » Vielleicht ist ja der jüngere noch was einkaufen gegangen « , denkt er. » Oder er telefoniert grade in einem anderen Zimmer – nein, das würde man hören. « Also setzt er sich, trinkt einen Schluck Sekt und würde langsam anfangen, sich zu wundern, wo der andere bleibt, wenn der Hund nicht so unruhig wäre und ständig zur Badezimmertür rennen würde. Und da hat er ihn dann gefunden.
Das Waschbecken war blutverschmiert. Und in dem Blut war eine gut lesbare Namensliste. Sie war deshalb so gut lesbar, weil der jüngere Mann sie mit einem fetthaltigen Abdeckstift auf das Waschbecken geschrieben hatte. Dann hatte er sich vor dem Waschbecken auf einen Polsterstuhl gesetzt und die Schlagadern am Arm geöffnet. Das Blut verteilte sich auf dem Waschbecken, haftete aber nicht an dem Fettstift, weshalb jeden Buchstaben immer eine Art » blutfreier Aura « umgab. Die Liste erstreckte sich auf beiden Seiten des Waschbeckens. Und mit demselben Abdeckstift hatte er auf den Spiegel » Danke« geschrieben, und ganz groß den Namen des Älteren. Im Waschbecken selbst war Blut, der Polsterstuhl war komplett vollgesogen, weil er bewusstlos darauf zusammengesunken war. Dann war er nach hinten weggekippt, in die offene Dusche. Oben, neben ihm, auf der Abstellfläche eines kleinen antiken Schränkchens, stand die Sektflasche, noch mit dem Korken und dem Sicherungsdraht dazu daneben. Und das zweite Sektglas.
Es war sicher nicht die schlechteste Idee, Petra dorthin zu schicken.
11 . Zimmer mit Aufwisch
Wir haben bei unserer Arbeit viel mit Gerüchen zu tun. Allerdings sind sie nicht alle gleich unangenehm. Manche sind eklig, manche abstoßend, einer hingegen ist – ich weiß nicht recht – nur makaber, fast ein wenig gespenstisch. Denn diesen Geruch können wir nicht beseitigen. Und wer ihn kennt, weiß sofort, was passiert ist: Es ist der Geruch von Blut.
Wir waren gerade unterwegs zu einer Schabenbekämpfung bei der Polizei und blödelten ein bisschen, dass wir ja immer gewusst hätten, dass es bei der Polizei Wanzen gibt, aber Schaben … Ist natürlich Unfug, wo es eine Behörde gibt, gibt es eine Kantine, und wo eine Kantine ist, da können auch Schaben sein, und das heißt zu guter Letzt auch nicht, dass bei der Behörde alle gschlamperte Dreckbären sind, die noch nie einen Putzlappen gesehen haben, sondern es heißt einfach, dass da jemand rechtzeitig Bescheid gesagt hat und uns ruft, damit wir die paar Schaben beseitigen und damit keine Plage draus wird. Das ist kein Skandal, sondern so etwas kann jedem passieren, der ein Restaurant oder ein Lokal leitet, das gehört einfach zum
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