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Kein Job fuer schwache Nerven

Kein Job fuer schwache Nerven

Titel: Kein Job fuer schwache Nerven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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hätte. Hätte ja sein können, wenn das Auto nur ein, zwei Jahre älter gewesen wäre.
    Dann kauft irgendwer das Auto. Mit Blut und allem Drum und Dran. Und putzt es so, wie er es für richtig hält, und fährt drin. Oder es kauft irgendein windiger Gebrauchtwagenhändler für wenig Geld, lässt es seinen Cousin dritten Grades für 50 Euro schwarz durchwischen und verkauft es wieder. Und wenn er ganz, ganz ehrlich ist, sagt er sogar dazu, dass der Wagen einen kleinen Unfall hatte, auf der rechten Seite. Das mit dem Blut sagt er nicht. Muss er auch nicht. Das schreibt kein Gesetz der Welt vor.
    Auch kein schöner Gedanke.

23 . Der Tod des Weihnachtsmanns
    Wer mal auf der A 96 Richtung Memmingen fährt, enormen Hunger bekommt und plötzlich ein Ausfahrtschild sieht, auf dem » Holzgünz« steht, dem kann ich nur empfehlen, zügig rauszufahren. Holzgünz selber ist winzig, das sind keine 2000 Menschen, die da wohnen, aber trotzdem ist Holzgünz groß genug für ein Schloss mit einer Schloss-Schänke, böhmisch-tschechische Küche, und die braten ein Schnitzel – zum Niederknien. Mit Pommes frites, wenn man mag, aber ich würde zum Kartoffelsalat raten, die machen einen Kartoffelsalat, da wird das famose Schnitzel beinahe zum Nebendarsteller. Und das ist genau das Richtige, wenn man so einen bohrenden, nagenden Hunger hat, weil man gerade einen harten Tag hinter sich hat, auf der Autobahn oder im Büro oder in der Styroporfabrik, wo man eben die Reste eines verdienten Mitarbeiters von den Maschinen gewischt hat.
    Der Leiter der Fabrik rief uns an, und er war völlig durch den Wind. Ein Mitarbeiter war auf einen Betonboden gestürzt, und jetzt suchte er rasche Hilfe. Diese Firma war schließlich kein kleines Unternehmen, da wurde in mehreren Schichten gearbeitet, und jede Stunde, in der er seinen Mitarbeitern aus Rücksicht und Einfühlungsvermögen nicht zumuten wollte, an der blutigen Todesstelle vorbeizugehen, war zugleich auch teuer.
    Wir sagten ihm, dass wir so schnell wie möglich kämen, aber ein wenig Geduld müsse er noch haben: Wir waren nur für Wespennester ausgestattet, und für einen solchen Einsatz wollten wir lieber alles dabeihaben, was man vielleicht brauchen konnte. Zwei Stunden später waren wir in Holzgünz.
    Die Fabrik ist und war beeindruckend, der Leiter war dennoch sichtlich geknickt. Über hundert Mitarbeiter, das ist zwar nicht wenig, aber längst nicht groß genug, dass der Chef nicht jeden seiner Angestellten kennen würde. Und anders als am Bau, wo schwere Unfälle immer wieder vorkommen können, war sowas in diesem Unternehmen praktisch unbekannt. Was wohl einerseits daran liegt, dass das eine tadellose und seriöse Firma ist, die auch auf die Sicherheit ihrer Mitarbeiter achtet, aber andererseits auch am Produkt selber: Von herunterfallendem Styropor ist noch kein Mensch erschlagen worden, da ist eigentlich die Arbeit in jeder Brauerei gefährlicher, wahrscheinlich sogar die in jedem Spielzeuggeschäft. Aber der Tod findet seinen Weg überallhin.
    Styropor (oder besser: Polystyrol, so heißt das Material nämlich, Styropor ist ja nur ein Markenname) besteht in seiner Urform aus kleinen Kügelchen. Man sieht ja oft die Styroporplatten oder Schutzformen für Elektrogeräte in den Kartons und denkt sich: » Wozu der Umweg über die Kügelchen, können die das nicht gleich in die richtige Form gießen? « Die Antwort ist nein. Erst sind die Kügelchen da, und dann kann man alles draus kleben, was man will, Dämmplatten, Polsterecken, was auch immer. Und wenn man die kleinen Kügelchen hergestellt hat, muss man sie zunächst zwischenlagern, in großen, gut belüfteten Silos. Die Firma hatte eine ganze Halle davon, riesige Blechzylinder, zehn oder zwölf Meter hoch. Und einen dieser Silos hatte der Verstorbene inspizieren wollen.
    Es gab überhaupt keinen Anlass, das für einen auch nur ansatzweise lebensgefährlichen Plan zu halten. Zu jedem der Silos führte eine Leiter zehn oder zwölf Meter in die Höhe, und die Leiter war auch vorschriftsmäßig bis oben hin gesichert, mit solchen kreisrunden Kletterkäfigen. Da konnte eigentlich nichts passieren. Der Mann kletterte hinauf, zu Revisions- oder Reparaturarbeiten, genauso wie er es vorher schon Dutzende Male problemlos gemacht hatte, und dabei verließ er diesen Käfig. Auch das war nicht beunruhigend. Halle, Silos, Röhren, all das stand ja recht eng beieinander, es gab überall Kanten oder Wände, an denen man sich festhalten oder

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