Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
Vom Netzwerk:
angerufen und auch Florence. Beide hatten ihr Mitgefühl entgegengebracht, aber auch zu verstehen gegeben, dass sie ohne einen Mann, der sich nicht binden wollte, besser dran sei.
    Sandra wusste das, doch dieses Wissen konnte nicht die brennende Sehnsucht abstellen, die sie quälte. Völlig bar jeder Vernunft sehnte sie sich nach Johns Nähe und seinen unmöglichen Bemerkungen. Seinem heißen Blick und der Ausbeulung in der Hose, die er so schamlos zur Schau stellte. Es war verrückt und fremdartig, fast so, als hätte sie ein Stück von sich selbst in Kanada gelassen. Beängstigend. Sie hätte ebenso gut nachgeben und mit ihm schlafen können, die Stärke ihrer Gefühle hätte nicht schlimmer sein können. Dieses Opfer hatte sie umsonst gebracht.
    Die Tage zogen sich dahin wie Sirup, die Nächte wurden immer einsamer. Sandra lachte kaum noch, schien wie auf einem anderen Planeten zu leben. Ihre Kollegen beschwerten sich schon darüber, nur Rolf schwieg, sprach mit ihr wie mit einem kranken Kind, die Augen voller Mitgefühl. Es kam ihr so vor, als habe er sie vom Kanada-Projekt abgezogen, ohne es ihr direkt gesagt zu haben. Sie erkundigte sich nicht danach, sondern erledigte dankbar andere Aufgaben.
    Sie las sich einen Auftrag auf ihrem Schreibtisch durch, ohne ein Wort des Inhalts zu verstehen. Stattdessen dachte sie darüber nach, ob es gesund war, Einladungen zu Grillpartys abzulehnen und sich zu Hause zu vergraben. Aber sie konnte das Lachen glücklicher Paare nicht ertragen. Ihr war, als ob sie ihren Geliebten verloren hätte, dabei konnte davon doch keine Rede sein. Das Gefühl der Leere begleitete sie, Trauer um einen verlorenen Menschen, der doch nie richtig der ihre war. Wie konnte das sein? Es war verwirrend und gespenstisch.
    Erschöpft von der Endlosschleife ihrer Gedanken schlug sie die vor ihr liegende Mappe zu und lehnte sich zurück. Ihre Augen brannten. Wann hatte sie das letzte Mal geblinzelt?
    Warum rief er sie nicht an? Er hatte sie einfach so abgehakt, als wäre sie nie in sein Leben getreten. Mistkerl! Sie hatte doch recht gehabt, er war es nicht wert. Warum trauerte sie einem solchen Mann nach? Sie verstand sich selbst nicht mehr. Weil sie sich trotz allem mit ihm wohl gefühlt hatte? Das beruhte aber nicht auf Gegenseitigkeit, denn wäre er wirklich an ihr interessiert, hätte er sie längst im Büro angerufen. Nein. Wahrscheinlich war er entsetzt gewesen, wie sie sich in der Wildnis angestellt hatte. Und wollte sie generell lediglich ins Bett bekommen. Nachdem das gescheitert war, gab er auf. Wie aber konnten ihre eigenen Gefühle derart stark sein und nicht erwidert werden? Hatte sie sich alles nur eingebildet? Das musste es sein. Sie hatte in seine Aufdringlichkeit mehr hineininterpretiert, als wirklich da war. Für ihn war es nur ein Spiel, genau wie sie es ihm vorgeworfen hatte. Ein Teil von ihr hatte gehofft, er wäre im Grunde ein anderer Mensch, als er vorgab zu sein. Dabei war er immer ehrlich mit ihr gewesen. Er hatte von Anfang an klargemacht, dass er keine Beziehung wollte, und doch etwas anderes ausgestrahlt. Sture Sandra hatte mal wieder in ihren eigenen Vorstellungen gelebt, fern ab der Realität. Sie hatte sich eingebildet, mehr zu sehen als pures Verlangen. Da war eine Sehnsucht in seinen Augen ... aber vielleicht war es doch nur Geilheit gewesen. Wieder mal war sie auf dem Holzweg. Wann würde sie endlich die Männer verstehen?
    Es klopfte an ihrer Tür. Sie hob den Kopf und vor ihr stand Herr Bode, mit Papieren in der Hand. Er legte sie in das Eingangskörbchen, nickte kurz und wollte wieder verschwinden.
    „ Wie geht es Ihrem Kopf?“, fragte sie ihn.
    „ Danke der Nachfrage, alles bestens.“
    Unschlüssig stand er da und Sandras Blick schweifte in die Ferne.
    „ Also dann ...“, fing er an und wandte sich zum Gehen.
    „ Haben Sie schon mal bei minus vierzig Grad im Schnee gecampt?“
    Er blinzelte verwirrt.
    „ Oder einen Bären erlegt?“
    „ Äh, nein.“
    „ Vielleicht einen klitzekleinen?“
    „ Nur, wenn Gummibärchen zählen.“
    Sandra fing an zu lachen und hörte nicht mehr auf. Tränen kullerten, sie schüttelte sich und hielt sich den Bauch. Herr Bode machte ein Gesicht, als hätte er aus Versehen eine Tür in einer Irrenanstalt geöffnet, und beeilte sich aus dem Zimmer zu kommen. Leise schloss er die Tür hinter sich, als wolle er ihren Wahnsinn nicht weiter provozieren.
    Sandra schüttelte den Kopf, versuchte die Geister zu vertreiben. So konnte es

Weitere Kostenlose Bücher