Kein Kanadier ist auch keine Lösung
einem Werbetext vom Kollegen Mark. Irgendetwas stimmte damit nicht, die Worte lösten nichts in ihr aus. Allerdings fand sie dieser Tage überhaupt nichts, das irgendetwas in ihr auslöste. Wenn sie sich bloß besser konzentrieren könnte! Plötzlich erschien Bärbels Gesicht in der Tür, dann der Rest ihrer schlanken Gestalt.
„ Der Chef verlangt nach dir.“
Sandra ließ die Arbeit sinken, ging in Rolfs Büro und ließ sich auf den Ledersessel vor seinem Schreibtisch fallen.
„ Ich weiß nicht, ob Sie es überhaupt hören wollen“, fing er an.
Sandras Gesicht wurde heiß.
„ Sie haben von John gehört?“
„ Ich nehme das als ein Ja.“
Sie nickte ungeduldig.
„ Sie haben die Wilderer gefunden.“
Sandra ließ die Luft heraus, die sie angehalten hatte, ohne es zu merken. Sie war nicht in der Lage etwas zu sagen. Endlich hörte sie etwas von ihm und es war überwältigend aufregend.
„ Aufgrund von Johns Personenbeschreibung hatten sie die Bande ganz schnell beim Genick.“
Rolf wartete, ob Sandra etwas sagen würde. Sie blieb stumm, also entschloss er sich den zweiten Teil der Botschaft zu übermitteln.
„ Ich hab ihm Ihre Emailadresse gegeben.“
Sie schnappte nach Luft.
„ Sie haben was? Meine private?“
„ Kommen Sie schon, Sandra, was spielt das für eine Rolle? Privat, geschäftlich, ich hab ihm beide gegeben, verdammt noch mal. Ich bin kein Kuppler, aber Sie laufen rum wie ein Geisterwesen, und ihm scheint es auch nicht besser zu gehen. Das ist lächerlich, Sie müssen endlich miteinander kommunizieren.“
Sandra hörte ihn kaum durch das Rauschen in ihren Ohren.
„ Ihm geht es auch nicht besser? Woher wissen Sie das?“
„ Er sagte, er vermisst Sie. Ich soll Sie grüßen und Ihnen sagen, es tut ihm leid, falls Sie ihn im Krankenhaus falsch verstanden haben. Er wollte Sie nur wissen lassen, dass es okay für ihn ist, wenn Sie sofort nach Hause wollen, nach all dem Mist, den Sie durch ihn erleben mussten. Er wird Ihnen bald schreiben und alles selbst erklären. So, das war’s, mein Job ist getan, nun gehen Sie und machen was draus.“
Sie starrte ihn mit offenem Mund an. John hatte sie nur nach Hause geschickt, weil er höflich sein wollte?
„ Dieser Idiot! Warum hat er mir das nicht gleich gesagt?“
„ Ich hab keine Ahnung. Nordamerikanische Zurückhaltung oder so was, raus jetzt hier!“
Sie erhob sich wie in Trance und starrte auf Rolfs verschmitztes Lächeln.
Das Email erschien am nächsten Morgen in ihrem Computer zu Hause. Sie hatte die Nacht nicht geschlafen und ihr Kopf drohte zu zerplatzen. Sie stellte die große Kaffeetasse ab, schlang den Morgenmantel enger um sich und starrte auf die Emailadresse. John Stuart , Titel des Emails: Ich vermisse dich .
Eine glühende Kugel traf ihre Brust, blieb dort stecken und strahlte kribbelnde Hitze durch ihren gesamten Körper. So etwas Albernes. Sie hatte es noch nicht einmal gelesen. Warum benahm sie sich plötzlich wie ein hormongesteuerter Teenager? Gudrun hatte also recht gehabt. John ging es nicht besser als ihr. Allein diese Tatsache nahm ihr einen Felsen von der Brust. Wenigstens hatte sie sich nicht allein zum Narren gemacht. Nervös und neugierig öffnete sie das Email, griff nach ihrem Kaffeepott und begann zu lesen.
„ Liebe Sandra,
ich wünschte, ich hätte die Courage dich anzurufen. Aber nachdem du aus meinem Zimmer im Krankenhaus gestürmt bist, dachte ich, jetzt ist alles aus. Du musst mich falsch verstanden haben. Ich wollte dich nicht loswerden. Rolf sagte mir das, ich wäre nie allein drauf gekommen. Mein Gott, Weib, ich verzehre mich nach dir! Weißt du das denn nicht? Ich werde bald Urlaub nehmen. Ich muss das klar kriegen in meinem Kopf. Du lässt mich Dinge denken, die ich nicht auszusprechen wage. Ich denke dauernd drüber nach, was du über Beziehung gesagt hast. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob es so etwas gibt. Können zwei Menschen ein Leben lang miteinander glücklich sein? Das ist eine ziemlich lange Zeit, findest du nicht? Und die Welt ist voller schöner Frauen. Woher soll ich wissen, welche die Richtige ist? Ich würde es gern mit dir versuchen. Da, nun habe ich es ausgesprochen. Gott helfe mir! Wenn überhaupt, dann nur mit dir. Du bist die fantastischste Frau, die ich je getroffen habe. Gib mir eine Chance, ich bitte dich. Ich bin ein nervliches Wrack mit einer Dauererektion.
Love, John.“
Sandra lachte laut auf und goss fast den Kaffee in ihre Tastatur. Doch im
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