Kein Kerl zum Verlieben
jeder nahm sich, was er wollte. Hier merkte Ricarda wieder einmal, dass fast alle Thaigerichte reich an Chili waren. Es trieb ihr die Tränen in die Augen, doch sie mochte es und aß mit großem Appetit.
Oom beobachtete sie lächelnd und fragte: „Schmeckt es dir?“
„Oh, es schmeckt super, ich liebe es!“, schwärmte Ricarda.
„Ist es nicht zu scharf?“
„Nein.“
„Scharf heißt pet“, sagte Naree, und zu ihrer Schwester: „Ich lehre Ricarda unsere Sprache. Sie kann schon einige Wörter und die Zahlen.“
„Das ist seht gut“, Oom machte einen Moment ein ernstes Gesicht, dann war das Lächeln zurück. „Wenn es dir schmeckt, sage: arroy.“
„Arroy“, wiederholte Ricarda und lachte.
„Oom hat jetzt Zeit, mich zu besuchen“, begann Naree. „Unsere Familie lebt in einem kleinen Dorf nahe Sisaket. Sie muss sich um unsere Eltern kümmern, die schon alt sind und nicht mehr arbeiten können. Und sie muss sich um den Reis kümmern. Wir besitzen ein Reisfeld und mein Bruder hat ein Chilifeld. Bis vorige Woche musste Oom den Reis ernten lassen, das machen Männer mit Maschinen, sie bekommen dafür Reis und etwas Geld. Dann musste der Reis getrocknet werden und kam in ein Vorratshaus. Jetzt hat sie etwas Zeit und ist hier. Wenn ich frei habe, am Sonntag, zeige ich ihr die Stadt. Du kannst gern mitkommen, wenn du magst.“
Oom, die zugehört hatte, nickte heftig.
„Vielleicht“, sagte Ricarda und fügte schnell hinzu: „Ich würde sehr gern mit euch die Stadt anschauen, aber ich weiß noch nicht genau. Ich habe einen Nachbarn, er ist auch Deutscher und arbeitet als Model. Wir waren schon einmal aus, im Erawan-Museum.“
Naree zuckte die Schultern, sie kannte das Museum nicht. Oom lächelte wieder. „Ein Mann oder die Familie sind die einzigen Gründe, bei denen man Freunden absagen darf. Gib meiner Schwester Bescheid, wenn du mit uns kommst, ich würde mich freuen.“
„Dankeschön, das mache ich.“
Der Abend war wunderschön verlaufen und hatte Ricarda sehr gefallen, doch sie drängte bald zum Aufbruch. Sie musste am nächsten Tage wieder arbeiten und sie war ein Mensch, der mindestens seine acht Stunden Schlaf brauchte. Es konnten auch gern mehr sein. Nur, wenn es weniger wurden, litt ihr inneres Gleichgewicht, sie bekam Kopfschmerzen und schlechte Laune. Naree und Oom verstanden das, sie wollten auch heim und Oom gähnte schon ganz oft.
Als Ricarda aus dem Fahrstuhl trat, sah sie Oliver vor ihrer Tür sitzen. ‚Nicht jetzt, nach dem schönen Abend‘, dachte sie. Sie war müde und wollte ins Bett.
Olivers trauriger Blick ließ sie die Müdigkeit vergessen. „Komm rein“, sagte sie nur und schloss die Tür auf. „Aber nur fünf Minuten, ich muss schlafen und morgen arbeiten, okay? Ich biete dir auch nichts zu trinken an.“
„Das ist voll in Ordnung. Nur rede mit mir, Ricarda. Es tut mir so leid, wie ich dich behandelt habe. Ich fand den Nachmittag und das Essen so schön mit dir, warum nur musste ich das kaputtmachen?“
„Das habe ich mich auch gefragt. Meine beste Freundin in Deutschland riet mir, dir noch eine Chance zu geben, wenn mir etwas an dir liegt und das will ich tun. Du bist in das typische Model- oder Starverhalten gefallen und dachtest, mich als Groupie flachlegen zu können, richtig?“
„Ja, leider.“
„Ich bin nicht dein Fan und ich himmle dich nicht an. Für mich bist du zuerst ein Mann, den ich interessant finde. Dein gutes Aussehen war für mich eher ein Hinderungsgrund, dich kennenlernen zu wollen, da ich nicht wie ein Model aussehe und nicht mit dir mithalten kann. Ich denke, du bist im Innern ein guter Kerl, der es wert wäre, kennengelernt zu werden und ich glaube, ich irre mich da nicht. Obwohl meine Menschenkenntnis, was Kerle betrifft, wohl doch nicht so gut ist, wenn man meinen Exfreund mit einbezieht. Aber egal, beim nächsten Rückfall von dir ist es aus! Endgültig und für immer, das ist dir klar?“
„Glasklar. Ich danke dir. Ich werde dich auf Händen tragen und ...“
„Lass den Blödsinn, ich bin zu müde dafür. Reiß dich in Zukunft zusammen und behandle mich wie eine Frau, die du respektierst.“
„Ich verschwinde gleich und lasse dich schlafen, ich will nur noch schnell etwas fragen. Ich muss von Freitag bis Sonntag weg, in einen Nationalpark im Norden. Dort machen wir Fotoaufnahmen für eine neue Werbekampagne. Du weißt schon, Sonne, Dschungel, nasses Haar. Doch dank Fan sitzt die Frisur. Ich kann jemanden mitnehmen und ich
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