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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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fühlte, hörte, roch, schmeckte. Er saß auf einem gepolsterten Tisch, und das Laken rutschte von seinem splitternackten Körper. Er war ganz. Der Tisch stand in der Mitte einer kleinen Dekamol-Unterkunft,
    die an allen vier Seiten der Lüftung wegen Maschendraht hatte. Draußen waren ein typischer spanischer Dschungel und die übliche Kakophonie aus Stimmen von Säugetieren, Vögeln, Amphibien und Insekten. Drinnen waren Elizabeth und Creyn und Dionket, beide in informellen Redakteursroben, und ein ledergesichtiger Tanu mit kurzem blondem Bart, einem Prinz-Eisenherz-Haarschnitt und Augen in kompromißlosem Koerzierer-Blau. Diese Persönlichkeit hielt ihm eine goldene Jockey-Unterhose hin.
    »Gestatte mir ...«
    Der schwache, desorientierte König ließ es zu, daß er in seinen Anzug mit den vielen Taschen gekleidet wurde. Alles andere hätte er lieber getragen. Er fragte: »Also ist Felice tot?«
    »Ihr Körper fiel wie ein flammender Meteor in den Genil«, antwortete Dionket, und sein Geist projizierte das Bild. »Es gab eine merkwürdige sekundäre psychokreative Erschütterung, die eine zweihundert Meter hohe Klippe auf sie stürzen ließ. Einige deiner Leute wurden von dem Steinschlag getötet.«
    »Ich - habe Leute sterben gefühlt.« Aiken starrte mit leeren Augen auf den Dschungel draußen. »Wer?«
    Elizabeths redigierende Kraft hielt ihn. »Sechsundneunzig werden vermißt. Aluteyn Handwerksmeister. Artigonn von Amalizan. Der menschliche Operante Elaby Gathen. Culluket der Inquisitor. Und Mercy.«
    »Mercy tot?« Er sah von Gesicht zu Gesicht. »Das glaube ich nicht!«
    »Ihre Leiche ist nicht gefunden worden«, räumte Elizabeth ein, »aber der Steinschlag und die Springflut des Flußwassers waren fürchterlich. Der ganze Lauf des Genil wurde verändert. Man hat die Überreste des Handwerksmeisters und Elaby Gathens wie auch die Leichen einiger geringerer Adliger gefunden. Du weißt vielleicht schon, daß Owen Blanchard, der ältere Operante, an einem Gehirnschlag gestorben ist.«
    »Und er hätte uns alle beinahe mitgenommen!« rief Aiken bitter aus. »Ich spürte ihn gerade in dem Augenblick zusammenbrechen, als Felice ihren Angriff begann. Wenn Marc nicht gewesen wäre ...« Er taumelte, ließ sich auf die Tischkante fallen und saß da, den Kopf in die Hände gestützt. »Was er geleistet hat! Gott, wenn ihr es nur wüßtet!« Er blickte auf, und in seinen Augen stand ein seltsames Licht. Seine verspannten Lippen verzogen sich zum Lächeln. »Es war eine Lehre. Eine schmerzliche.«
    »Du wirst etwa einen Monat lang den größten Kater der westlichen Welt haben«, bemerkte Elizabeth. »Mach langsam! Laß deinen Geist voll ausheilen!«
    Er nickte ungeduldig. »Wo, zum Teufel, sind wir?«
    »Im Basislager an der Mündung des Genil. Deine Leute haben darauf gewartet, daß du das Bewußtsein zurückerlangst. Nur ganz wenige von ihnen sind schwer verletzt, abgesehen von denen, die der Bergrutsch voll erwischt hat, und einigen anderen, deren Gehirn ausbrannte, als der Schirm schwankte. Die Verwundeten erholen sich in Afaliah in der Haut.«
    Aiken sah Elizabeth verlegen an. »Danke, daß du gekommen bist, Elizabeth. Ich meine - ich bin damals ziemlich grob gewesen, Baby. Entschuldige.«
    »Ach, zum Teufel.« Sie lächelte.
    Aiken wandte sich an den stämmigen bärtigen Tanu, dessen mentale Unterschrift so bekannt war wie das Dreizack-Abzeichen auf seiner azurblauen Tunika. »Ich nehme an, du hast die medizinische Abteilung von der Schwarzen Klippe eingeflogen.«
    Die Andeutung eines Nickens.
    »Vielen Dank, Minanonn. Ich wünschte, du würdest es in Betracht ziehen, dich uns anzuschließen. Es ist ein neues Regime im Vielfarbenen Land. Vieles ändert sich. Du könntest helfen.«
    Der häretische Ex-Schlachtenmeister gestattete sich ein wintriges Lächeln. »Ich werde dich von den Pyrenäen aus beobachten. Besuche mich einmal! Ohne deine Armee.«
    »Wird gemacht.« Aiken dankte Creyn und Dionket, setzte seinen Federhut sehr vorsichtig auf den hämmernden Kopf und zögerte, denn ein letzter wichtiger Punkt fiel ihm ein.
    »Ihr wißt wohl nicht, was aus meinem Speer geworden ist?«
    Elizabeth seufzte. »Er ist sicher auf deinem Flaggschiff, bei Tag und Nacht von Bleyn und Alberonn bewacht. Und er ist repariert worden.«
    »Kaleidoskopisch!« Der König strahlte sie alle an. »In einer Weise bin ich froh, daß ich nicht dazu gekommen bin, ihn gegen Felice zu benutzen. Er ist eine heilige Waffe, wißt ihr. Zu gut

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