Kein König von Geburt
Drache war außer Kontrolle geraten, als seine Crew davonlief, und stürzte nun dem Meer entgegen.
Aiken stöhnte.
Vilkas in seiner Hosenboje schwang zur Seite und nach oben, außer Reichweite des zerschmetternden roten Drachen. Sekunden später trieb er gemächlich zur Erde. Der blaue Drache reagierte auf eine plötzliche psychokinetische Bö, erholte sich von seinem negativen Angriffswinkel und stieg so hoch, wie es ihm das Halteseil erlaubte. Es hatte sich völlig abgewickelt, da niemand mehr an der Winde stand. Jetzt kamen die Männer eilends wieder zurück, legten den Bremsmechanismus ein und sorgten für eine ordnungsgemäße Landung. Erleichterte Ausrufe waren von den menschlichen Crews unten am Strand zu hören, Jubelgeschrei von den Adligen, die das gefährliche Geschehen von einem Aussichtspunkt auf einer Düne angesehen hatten. Dazu kaum eine kaum wahrnehmbare mentale Entschuldigung von Sullivan-Tonn im intimen Modus des Königs.
Mercy hatte sich vor Aiken gestellt, erstaunt, welche Anstrengung ihn das gekostet hatte. Sie zog ein seidenes Taschentuch aus dem Ärmel, wischte seine nasse Stirn und seine Augen ab, und als sein röchelnder Atem sich beruhigte und er entspannt den Kopf zurücklegte, sagte sie:
»Das wußte ich nicht. War es Felice?«
»Wer sonst?« Er betrachtete sie mit verengten, schmerzverschleierten Augen. »Also - jetzt weißt du es. Vergiß ja nicht, ihm die gute Nachricht sofort zu übermitteln! Aber erinnere ihn, daß der Speer ausgezeichnet funktioniert ... und ich habe noch ein paar Überraschungen im Verlies, mit denen ich ihn begrüßen kann, falls er sich entscheidet, uns beiden einen freundschaftlichen Besuch zu machen.«
Mercy schwieg.
»Und sag ihm, er soll nicht zu lange auf sich warten lassen!« setzte Aiken hinzu. »Ich bin ein komischer Kerl, Lady Wildfeuer, Lady Kreatorin. Jedesmal, wenn ich dich besteige, macht meine Genesung einen kleinen Fortschritt. Olone hat mir ein bißchen geholfen - doch du bist meine richtige Medizin. Wenn du bleibst, arbeitest du vielleicht an deiner eigenen Niederlage. Und seiner!«
Ihre Finger berührten seine über den Wangenknochen gespannte Haut, die lange, gutgeformte Nase, die dünnen, jetzt blutleeren Lippen. Sie kniete sich auf die Kissen, die neben seinem Thron aufgehäuft waren, legte ihre kühlen Hände auf seine Augen und küßte ihn mit sanfter Leidenschaft. Sie zog ihren mentalen Schleier beiseite, und er sah das Gewürz der Furcht, unentwirrbar mit Begehren vereinigt. »Amadän«, flüsterte sie. »Tödlicher Amadän meiner Seele.«
»Aber nicht deines Herzens. Das niemals.«
»Es ist alles, wie es damals im Mai-Hain war. Deshalb nimm, was du willst, mein König! Nimm, was du brauchst! Nimm es, solange du kannst, denn wenn ich fort bin, wirst du keine andere finden.«
5
Auf dem letzten Teil der Reise schrie Tony Wayland, halb tot vor Hunger und Durst und dem endlos ruckenden Schritt des Packtiers und der sadistischen Gehirnstocherei seiner fremden Wächter:
»Ich habe euch belogen! Es gibt gar keine Flugmaschinen. Ich habe das alles erfunden, damit ihr mich nicht wie die anderen abschlachtet. Aber es ist nicht wahr. Ich habe gelogen, sage ich euch! Tötet mich. Bitte, tötet mich!«
Feuer explodierte hinter seinen verhüllten Augen. Das Monster mit dem schmelzenden Gesicht lugte daraus hervor und kicherte. »Alles zu seiner Zeit, Geringer.
Du bist sehr schlau gewesen, wie? Und du bildest dir immer noch ein, schlau zu sein, wenn du lügst, du habest gelogen.« Das Wesen verpaßte ihm einen fürchterlichen neuralen Schlag und verwandelte die Feuerdrachen-Illusion in einen Schwarm winziger orangefarbener Kreisel. »Du wirst schon die ganze Wahrheit sagen, wenn ich dich vor den Hochkönig und die Königin bringe, oder ich will nicht Karbree der Wurm heißen!« Die Vision wurde wurmartig. Ekelhafte Schlängelwesen schienen Tony durch die Nasenlöcher in den Kopf zu kriechen. Er würgte und kreischte und versprach, alles zu tun, was man wollte, und verlor das Bewußtsein und träumte ...
Rowane, seine Heulerfrau, kam, ihn zu trösten.
Manchmal war sie bezaubernd, und manchmal war sie ihr wahres Selbst mit dem einen lidlosen Auge in der Mitte der Stirn und den weichen Schuppen an Ellbogen und Rückgrat und Kopf- und Körperhaaren von der Farbe eines Blaufuchses.
Sie sagte: »Oh, mein Toniie. Was haben sie dir angetan? Laß mich dir helfen! Hier ist Wasser und Essen. Hier ist sanfter Frieden in meinen Armen und ein
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