Kein König von Geburt
Bleyn ist, obwohl ihr Schwager, ein Außenseiter, und hat keine Autorität. Verdammt noch mal, Aiken! - ich hätte gute Lust, hinunterzureisen und Eadnar jetzt gleich zu heiraten, nicht erst beim Großen Liebesfest im Mai!«
»Das kannst du nicht tun, kreativer Bruder«, fiel der Inquisitor ein. »Es würde noch mehr zum Aufruhr reizen als Bleyns Verhalten. Die alte Lady Morna-Ia besteht stur darauf, daß die Trauerzeit für ihren verstorbenen Sohn eingehalten wird. Sie hält sogar den Mai für einen zu frühen Termin zum Heiraten.«
Alberonn blickte düster drein. »Ich hätte die alte Fledermaus ertrinken lassen sollen. Aber da trieb sie auf den Trümmern mit Eadnar dahin - also was konnte ich tun?«
»Jetzt geht's rund.« Aiken steckte den Kopf durchs Gatter. Die Cowboys öffneten den Pferch. Brazos Ben hielt, nachdenklich kauend, die Longe in der linken Hand und einen anderen Strick, der auf komplizierte Weise an den vorderen Fesseln des Chalikos befestigt war, in der rechten. Das Tier schoß hinaus in den tiefen Schlamm, rollte sein weißes Auge und erzeugte mit seinen Klauen laute quatschende Geräusche.
»Was soll denn das Tauwerk an seinen Füßen?« fragte Alberonn. »Ich dachte, Ben wolle das Tier reiten.«
»Halt den Mund und sieh zu!« befahl Aiken.
Brazos Ben beruhigte das Chaliko nicht länger durch seinen Silberreif. Tatsächlich schien er das Tier absichtlich zum Widerstand aufzustacheln, indem er scharf an der Longe riß, die zu dem Hackamore führte. Die Flanken des Chalikos wogten. Sein Hals zuckte, es reckte den Kopf vor. Gerade als Ben es in die Mitte des Korrals manövriert hatte, fing es wild zu bocken an. Die Steigbügel des großen, sesselähnlichen Sattels schlugen gegen den Widerrist. Schlamm flog in alle Himmelsrichtungen, und Aiken errichtete hastig einen psychokinetischen Schild.
Ben zog die Fußfessel vorsichtig an, die von der rechten Seite des Sattels nach unten durch einen Ring zur rechten Fessel, hinauf über eine Rolle am Sattelgurt, wieder hinunter zur linken Fessel, über die hohe Steigbügelplatte und in Bens Hände lief. »BB nennt das ein laufendes W«, erklärte Aiken. »Man muß es richtig benutzen, oder man versaut das Chaliko. Aber es kann aufsässigen Viechern tatsächlich Gottesfurcht beibringen.«
Das Anziehen der Leine zwang das riesige Chaliko, auf die Knie in den Matsch zu fallen. Ben hielt es dort fest, sprach leise mit ihm und schnalzte mit der Zunge. Er rieb das Geschöpf an beiden Seiten des Halses, versuchte jedoch nicht, den Blick seiner von panischer Angst erfüllten Augen einzufangen. Nach ein paar Minuten lockerte er die W-Leine und ließ das Chaliko aufstehen. Ihm immer weiter zuredend, brachte er es mit behutsamem Ziehen an der Longe zum Gehen. Das Chaliko bäumte sich auf, kreischte und sammelte sich zum Losrasen. Doch da zog Ben wieder die W-Leine an. Von neuem brach das große Tier langsam in die Knie und versank tief in schwarzem Schlamm.
»Jetzt ist Travis wieder im Geist des Tiers.« Bewunderung hellte die düstere Schönheit von Cullukets Gesicht auf. »Er sagt ihm, wer der Herr ist - aber sanft. Seht ihr? Das Tier reagiert. Es ist nicht dumm. Trotzdem wird es noch einmal versuchen, durchzugehen, nur um sich zu vergewissern.«
Der Vorgang wiederholte sich. Brazos Ben summte tonlos vor sich hin, als es ihm gelang, das Chaliko ein Dutzend gehorsamer Schritte am Ende der Longe tun zu lassen, bevor es von neuem bockte und mit den Klauen um sich schlug. Ben spuckte Tabaksaft aus und ließ das Tier verächtlich an dem Segen teilhaben. Sich niederhockend, massierte er ihm das Gesicht, ermahnte es und schnalzte mit der Zunge. Die zurückgelegten Ohren drehten sich nach vorn, und die angespannten Halsmuskeln lockerten sich. Ben ließ den großen Blauschimmel aufstehen, gab ihm einen leichten Schlag mit der Longe und blieb mit befriedigtem Lächeln stehen, während dieser langsam um ihn herumtrottete, jetzt den Befehlen der Longe gehorchend. Und der trockene Gedanke kam:
Er ist eingebrochen, Erhabene.
Sie erkannten seine Leistung mit einem herzlichen Slonshal! an. Der Trainer winkte einem seiner Helfer, die beiden Seile zu übernehmen, überprüfte ein paar Minuten lang den Geist des Chalikos, um sich zu vergewissern, daß es keine Teufelei mehr plante, und watete aus dem sumpfigen Korral zu Aiken, Culluket und Alberonn zurück.
»Dann wirst du ihn heute nicht reiten?« erkundigte sich der Mischling enttäuscht.
»Ich könnte es mit dem W. Aber
Weitere Kostenlose Bücher