Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
Mails ärgern.« Er hält mir seine Hand hin.
Ach so. Deshalb hilft er mir? Damit ich ihm das Handy wiedergebe?
»Nein!« Ich halte mich daran fest. »Ich meine … bitte! Ich brauche es. Jeden Augenblick könnte das Hotel anrufen. Mrs. Fairfax hat diese Nummer …«
Ich weiß, es ist absurd, aber ich habe das Gefühl, den Ring nie mehr wiederfinden zu können, wenn ich dieses Handy aus der Hand gebe.
Ich halte es sicherheitshalber hinter meinen Rücken und sehe ihn flehend an.
»Himmelherrgott.« Sam seufzt. »Das ist doch lächerlich . Heute Nachmittag stellt sich eine neue Assistentin vor. Das ist ein Firmenhandy. Sie können es nicht einfach behalten!«
»Will ich auch nicht! Aber kann ich es nicht noch ein paar Tage haben? Ich werde Ihre Mails auch nie mehr kritisieren«, füge ich lahm hinzu. »Versprochen.«
»Okay, Leute!«, unterbricht uns Mark. »Gute Nachrichten. Ich habe eine Fassung gefunden. Jetzt suche ich mal ein paar Steine, die ihr euch ansehen könnt. Entschuldigt mich mal eben …«
Als er hinausgeht, piept mein Handy mit einer neuen Nachricht.
»Die ist von Willow«, sage ich mit einem Blick darauf. »Hier.« Ich deute auf meine Finger. »Weiterleiten. Ohne einen einzigen Kommentar. Absolut ohne.« 51
»Mmmhh.« Sam gibt das gleiche undurchsichtige Knurren von sich wie eben, als ich Willow erwähnte.
Es folgt eine betretene kleine Pause. Eigentlich sollte ich etwas Höfliches fragen wie: »Wie haben Sie beide sich denn eigentlich kennengelernt?«, und »Wann wollen Sie heiraten?«, und dann fangen wir ein Gespräch über Hochzeitslisten und die Preise fürs Catering an. Aus unerfindlichem Grund jedoch kann ich mich dazu nicht bewegen. Ihre Beziehung ist so sonderbar, dass ich lieber gar nicht davon anfangen möchte.
Ich weiß, er kann knurrig und harsch sein, aber trotzdem kann ich ihn mir nicht mit einer mauligen, egomanen Hexe wie Willow vorstellen. Besonders nachdem ich ihn nun in persona kennengelernt habe. Sie muss wirklich, wirklich, wirklich attraktiv sein, denke ich. Wahrscheinlich ist sie ein Supermodel. Ihr blendendes Aussehen hat alles andere überstrahlt. Das ist die einzige Erklärung.
»Haufenweise Leute antworten auf die Mail wegen Lindsays Geburtstag«, bemerke ich, um die Stille auszufüllen. »Die haben offensichtlich kein Problem damit.«
»Rundmails sind ein Werk des Teufels.« Sam zuckt mit keiner Wimper. »Ich würde mich eher erschießen, als darauf zu antworten.«
Na, das ist ja reizend.
Diese Lindsay ist offenbar beliebt. Alle zwanzig Sekunden erscheint eine neue Allen-Antworten-Nachricht auf dem Display, zum Beispiel: »Happy Birthday, Lindsay! Feier schön, was du auch vorhast!« Das Handy summt und blinkt unablässig. Es ist, als fände da drinnen eine Party statt. Nur Sam weigert sich, mit einzusteigen.
Ich halt’s nicht aus. Wie schwer kann es sein, »Happy Birthday« zu tippen? Was spricht dagegen? Es sind doch nur zwei Worte.
»Kann ich ihr nicht in Ihrem Namen ›Happy Birthday‹ wünschen?«, bettle ich. »Kommen Sie. Sie müssen überhaupt nichts machen. Ich tippe es für Sie ein.«
» Verdammte Scheiße!« Sam blickt von seinem Handy auf. »Okay. Meinetwegen. Gratulieren Sie ihr zum Geburtstag. Aber keine Smileys oder Küsschen«, fügt er warnend hinzu. »Nur: ›Happy Birthday. Sam‹.«
»Happy Birthday, Lindsay!«, tippe ich trotzig. »Hoffe, Sie haben heute einen schönen Tag. Glückwunsch noch mal zu Ihrer gelungenen Website-Strategie. Beste Grüße, Sam.«
Eilig schicke ich sie ab, bevor er sich wundern kann, wieso ich so viel schreibe.
»Was ist mit dem Zahnarzt?« Ich beschließe, mein Glück auf die Probe zu stellen.
»Was soll mit dem Zahnarzt sein?«, fragt er, und ich spüre, wie eine Woge der Verzweiflung über mich hinweggeht. Tut er so, als wüsste er nicht, wovon ich rede, oder hat er es tatsächlich vergessen?
»Da wären wir!« Die Tür geht auf, und Mark erscheint mit einem dunkelblauen Samttablett in Händen. »Das sind unsere Smaragdimitate.«
»Wow«, hauche ich, und meine Aufmerksamkeit wendet sich vom Handy ab.
Vor mir liegen zehn Reihen funkelnder Smaragde. Ich meine, ich weiß ja, dass sie nicht echt sind, aber ehrlich gesagt, könnte ich keinen Unterschied erkennen. 52
»Ist einer dabei, der Ihrem verlorenen ähnlich sieht?«
»Der da.« Ich deute auf einen ovalen Stein in der Mitte. »Der ist fast genauso. Erstaunlich!«
»Prima.« Er nimmt ihn mit einer Pinzette auf und legt ihn in eine kleine
Weitere Kostenlose Bücher