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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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rauszuholen, fahren wir mit dir zusammen ein.
Macht euch gefälligst nicht so über die Toten lustig, sagte Bell.
Wendell nickte. Ja, Sir, sagte er. Sie haben recht. Vielleicht bin ich eines Tages selber einer.
Während der Fahrt auf der 90 zur Abzweigung bei Dryden sah er einen toten Bussard auf der Straße liegen. Die Federn bewegten sich im Wind. Er fuhr rechts heran, stieg aus, ging zurück, hockte sich auf die Stiefelabsätze und betrachtete den Vogel näher. Er hob einen Flügel an und ließ ihn fallen. Das kalte gelbe Auge blind für das blaue Gewölbe über ihnen.
Es war ein großer Rotschwanzbussard. Er hob ihn an einer Flügelspitze auf, trug ihn zum Straßengraben und legte ihn ins Gras. Sie jagten an der Asphaltstraße, saßen auf den hohen Strommasten und beobachteten den Highway kilometerweit in beide Richtungen. Nahmen jedes noch so kleine Ding wahr, das sich daraufwagte.
Näherten sich ihrer Beute gegen die Sonne. Schattenlos. Gingen ganz in der Konzentration des Jägers auf. Er würde nicht zulassen, dass die Lastwagen ihn überfuhren.
Er stand da und blickte auf die Wüste hinaus. So still. Das leise Summen des Windes in den Kabeln. Entlang der Straße hohes Blutkraut. Rispengras und Sacahuista. Dahinter, in den Stein-Arroyos, die Spuren von Echsen. Die nackten Felsenberge in die Schatten der späten Sonne getaucht, und nach Osten hin die schimmernde Abszisse der Wüstenebenen unter einem Himmel, von dem überall entlang dem Bogen des Horizonts Regenvorhänge, dunkel wie Ruß, herabhingen. Jener Gott hüllt sich in Schweigen, der das folgende Land mit Salz und Asche gescheuert hat. Er ging zum Wagen zurück, stieg ein und fuhr los.
Als er vor dem Sheriffbüro von Sonora anhielt, sah er als Erstes das gelbe Absperrband, das über den Parkplatz gespannt war. Die üblichen Gaffer. Er stieg aus und überquerte die Straße.
Was ist passiert, Sheriff?
Ich weiß nicht, sagte Bell. Ich bin gerade erst gekommen. Er duckte sich unter dem Band hindurch und ging die Treppe hinauf. Lamar blickte auf, als er an die Tür klopfte. Komm rein, Ed Tom, sagte er. Komm rein. Hier ist der Teufel los.
Sie gingen hinaus auf den Rasen vor dem Gerichtsgebäude. Einige Leute folgten ihnen.
Geht ihr mal weiter, sagte Lamar. Ich und der Sheriff hier müssen was bereden.
Er wirkte abgespannt. Er sah Bell an und senkte den Blick auf den Boden. Er schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. Als Junge hab ich hier Mumbletypeg gespielt. Ich glaub, die Jungs heute wissen gar nicht mehr, was das ist. Ed Tom, wir haben’s mit einem verdammten Wahnsinnigen zu tun.
Verstehe.
Hast du irgendwelche Anhaltspunkte?
Eigentlich nicht.
Lamar wandte den Blick ab. Er wischte sich mit dem Ärmel die Augen. Eins sag ich dir - der Scheißkerl wird nicht einen Tag vor Gericht erleben. Jedenfalls nicht, wenn ich ihn kriege.
Tja, zuerst müssen wir ihn mal kriegen.
Der Junge war verheiratet.
Das hab ich nicht gewusst.
Dreiundzwanzig Jahre alt. Anständiger Bursche. Ganz geradlinig. Jetzt muss ich zu ihm nach Hause, bevor seine Frau es im Radio hört.
Da beneide ich dich nicht drum. Ganz bestimmt nicht.
Ich glaub, ich hör auf, Ed Tom.
Soll ich mitfahren?
Nein. Aber danke für das Angebot. Ich muss jetzt los.
In Ordnung.
Ich hab das blöde Gefühl, wir haben es mit was zu tun, was wir noch nie erlebt haben.
Geht mir genauso. Ich ruf dich heute Abend an.
Wär nett.
Er sah Lamar nach, wie er über den Rasen ging und die Treppe zu seinem Büro hinaufstieg. Ich hoffe, du hörst nicht auf, sagte er. Ich glaub, wir werden jeden brauchen, den wir kriegen können.

Als sie vor dem Café hielten, war es zwanzig nach eins am Morgen. Im Bus waren nur drei Leute.
Sanderson, sagte der Fahrer.
Moss ging nach vorne. Er hatte gesehen, wie der Fahrer ihn im Spiegel beäugt hatte. Hören Sie, sagte er. Meinen Sie, Sie könnten mich beim Desert Aire rauslassen? Meinem Bein geht’s nicht so gut, und ich wohne dort, aber ich hab niemanden, der mich abholt.
Der Fahrer schloss die Tür. Ja, sagte er. Das lässt sich machen.
Als er hereinkam, sprang sie von der Couch auf, rannte zu ihm und warf ihm die Arme um den Hals. Ich hab gedacht, du wärst tot, sagte sie.
Bin ich aber nicht, also werd mir bloß nicht gefühlsduselig.
Werd ich nicht.
Warum machst du mir nicht ein paar Eier mit Speck, ich geh solang unter die Dusche.
Lass mich mal die Wunde an deinem Kopfsehen. Was ist dir passiert? Wo ist dein Wagen?
Ich muss unter die Dusche. Mach mir was zu essen. Mein Magen glaubt

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