Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
haben, aber ich will dieses kleine Biest, diese Kissy. Dieses Weib hat mich echt um den Finger gewickelt. Ich hab heute bestimmt hundertmal in New York angerufen, aber entweder kam ich nicht durch oder die Alte ging nicht an den Apparat.«
»Vielleicht war sie ausgegangen.«
»Du sagst es. Sie war ausgegangen. Mit irgendeinem Wichser.«
Sie hatte noch vier Minuten. »Glaubst du allen Ernstes, deine Kissy würde mit einem anderen Typen ausgehen, wenn sie dich haben kann?«, versetzte Fleur und dachte bei sich, dass die Frau einen Schatten haben müsste, wenn sie sich mit diesem verwöhnten Brötchen abgab. »Womöglich lag es an dem Zeitunterschied. Versuch doch einfach, sie nach dem Konzert noch mal anzurufen, hm? Dann ist in New York früher Morgen. Da bekommst du sie bestimmt an die Strippe.«
»Glaubst du wirklich?«, meinte er in versöhnlicherem Ton.
»Hundertprozentig.« Dreieinhalb Minuten. Wenn sie noch auf den Aufzug warten müssten, bekäme sie Ärger. »Ich ruf auch gern für dich an.«
»Du kommst nach dem Konzert wieder mit hierher und machst das für mich?«
»Na klar.«
Er grinste. »Hey, das find ich spitze. Hey, ich glaube, ich mag dich.«
»Prima. Ich dich auch.« Wer’s glaubt, wird selig, du Hirni. Drei Minuten. »Los, komm, wir machen den Abflug.«
Als Barry ihr im Aufzug an die Wäsche ging und sie ihn abwimmelte, wurde er ernsthaft sauer. Folglich beschwindelte sie ihn, sie wäre sich zwar nicht sicher, aber womöglich hätte sie eine ansteckende Geschlechtskrankheit. Damit gab er sich zufrieden, und sie lieferte ihn dreißig Sekunden vor dem Countdown in der Lobby ab.
17
Sie trafen in der Eishockeyarena ein. Die Bühne war an einem Ende des Rings aufgebaut, und zahllose Fans drängten sich vor den Holzbarrikaden. Sie ignorierten die Vorgruppe und riefen in Sprechchören nach Barry und seiner Gruppe. Stu drückte Fleur ein Klemmbrett in die Finger und zischte, sie solle alles gegenchecken. Hinter der Bühne, wo sie die Show mitverfolgte, schwoll der Lärm fast unerträglich an. Als sie sich die pinkfarbenen Gummistöpsel in die Ohren steckte, die der Stagemanager ihr gegeben hatte, wurde es plötzlich dunkel in der Arena. Eine deutsche Ansage verkündete über Lautsprecher den Auftritt der Band. Die Menge jubelte. Vier Flutlichter erstrahlten unvermittelt wie Atompilze, hüllten die Bühne in ihr gleißendes Licht. Neon Lynx kamen nach vorn.
Die Menge explodierte. Barry sprang in die Luft, warf ekstatisch seine lange Mähne nach hinten und ließ die Hüften kreisen, dass der rote Paillettenstern auf seinem Hosenlatz funkelte. Frank LaPorte bot ein fetziges Trommelsolo, und Simon Kale malträtierte sein Keyboard. Fleur beobachtete, wie ein zwölf- oder höchstens dreizehnjähriges Mädchen vor der Absperrung in Ohnmacht fiel. Die Menge schob und drängelte weiter, und niemand kümmerte sich darum.
Die Musik war wild, emotionsgeladen und sexy, und Barry Noy übertraf sich selbst. Als das erste Stück endete, drohte die Menge die Absperrung zu sprengen, und Fleur merkte, dass das Sicherheitspersonal erkennbar nervös wurde. Die Strahler kreuzten sich blau und rot wie funkelnde Lichtschwerter, und die Band begann mit der nächsten Nummer.
Sie hatte größte Bedenken, dass jemand zu Tode getrampelt werden könnte. Ein Roadie stellte sich neben sie. »Ist es immer so wie heute Abend?«, wollte Fleur wissen.«
»Nee. Schätze, wir sind die Staaten gewöhnt. Das hier ist doch tote Hose.«
Nach der Show stand sie mit Stu in der Tiefgarage, die von der Wiener Polizei bewacht wurde, und zählte die Limousinen. Die Band kam zu ihnen, alle fünf völlig verschwitzt. Barry packte sie am Arm. »Ich muss mit dir reden.«
Dabei zerrte er sie zu der ersten Limousine, und sie begann zu protestieren. Als Stu sie vernichtend anfunkelte, rekapitulierte sie Regel Nummer eins: Mach die Band glücklich. Im übertragenen Sinne bedeutete das: Mach Barry Noy glücklich.
Sie stieg zu ihm in den Wagen, und er zog sie neben sich auf den Sitz. Schepperndes Kettengerassel – Simon Kale schwang sich neben sie. Plötzlich fiel ihr ein, wie bedrohlich er die Machete auf der Bühne geschwungen hatte, und sie beäugte ihn argwöhnisch. Er zündete sich ein Zigarillo an und starrte abwesend aus dem Fenster.
Die Limousine fuhr aus der Tiefgarage in die Meute kreischender Fans. Ein junges Mädchen durchbrach die Polizeiabsperrung und lief auf den Wagen zu, zog ihr T-Shirt hoch und zeigte ihre nackten, kleinen
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