Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
abrasiert.
Sie brauchte dreißig Minuten, bis sie die Partygäste mit Bitten und Drängen auf fünfundzwanzig reduziert hatte. Sie trat über Frank LaPorte, als sie das Telefon ins Bad trug, von wo aus sie den Portier anrief und darum bat, dass er seine Sicherheitsleute wieder vor den Aufzügen postieren sollte. Als sie herauskam, nahm sie gerade noch wahr, wie Barry sich mit ein paar Groupies verzog. Sie beschloss, wieder schlafen zu gehen. Allerdings war sie jetzt hellwach – und morgen war ihr freier Tag. Zudem hatte sie sich ein bisschen Spaß verdient oder zumindest einen Absacker.
Nach einem kurzen Kampf mit dem Korken goss sie sich ein halbes Glas Champagner ein. Peter winkte sie zu sich, weil er mit ihr über die OPEC diskutieren wollte, zum großen Verdruss der Mädchen, die um seine Aufmerksamkeit buhlten. Als sie an ihrem zweiten Glas Champagner nippte, trommelte plötzlich jemand hektisch auf die Tür. Seufzend stellte sie ihr Glas ab und steuerte durch die Suite. »Die Party ist vorbei«, rief sie durch den Türspalt.
»Lassen Sie mich rein!«, rief eine erkennbar verzweifelte Frauenstimme.
»Ich kann nicht«, antwortete Fleur durch den Spalt. »Brandschutzbestimmungen.«
»Sind Sie das, Fleur?«
»Woher wissen Sie …« Unvermittelt dämmerte es Fleur. Die Stimme hatte einen starken Südstaatenakzent. Sie riss die Tür auf.
Kissy Sue Christie stolperte ins Zimmer.
Sie sah ziemlich ramponiert und dennoch zum Anbei ßen süß aus. Sie hatte kurze, lakritzschwarze Locken, kirschlollyrote Lippen und Augen wie riesige Veilchenpastillen. Sie trug eine schwarze Lederhose und ein knallpinkes Top mit einem zerrissenen Träger. Mit Ausnahme ihrer wahrhaft üppigen Brüste war alles andere zierlich an ihr. Und leicht schief, da sie einen Stiletto verloren hatte. Auf jeden Fall war Kissy Sue Christie exakt der Typ, den Fleur immer hatte verkörpern wollen.
Kissy legte von innen den Türriegel vor und inspizierte ihr Gegenüber. »Fleur Savagar«, sagte sie. »Ich hab mir das zwar schon am Telefon gedacht, obwohl Sie sich nicht mit Nachnamen meldeten. Ich hab eine leichte Psychose.« Sie kontrollierte die Türverriegelung. »Ich muss diesen Lufthansapiloten loswerden. Ich wäre schon viel eher hier gewesen, aber ich wurde unterwegs aufgehalten.« Sie ließ den Blick durch die Suite schweifen. »Los, sagen Sie schon, ich habe Glück und Barry ist nicht da.«
»Sie haben definitiv Glück.«
»Aber er hat sich weder einen Stromschlag an seiner E-Gitarre geholt noch sich selbst stranguliert?«
»Nein, so viel Glück war nicht drin.« Unvermittelt wurde Fleur wieder dienstmäßig. »Wo ist Ihr Gepäck? Ich telefoniere mit dem Empfang und lasse es in Ihr Zimmer bringen.«
»Offen gestanden«, meinte Kissy gedehnt, »ist mein Zimmer schon besetzt.« Sie zupfte an dem zerrissenen Träger ihres Hemdchens. »Können wir uns vielleicht irgendwo unterhalten? Außerdem hätte ich nichts gegen einen Drink einzuwenden.«
Fleur schnappte sich die Champagnerflasche, zwei Gläser und Kissy. Sie war so winzig, dass man sie zwangsläufig beschützen musste.
Sie verdrückten sich ins Bad und setzten sich dort auf den Boden. Während sie Champagner eingoss, trat Kissy ihren verbliebenen Schuh aus. »Um ganz ehrlich zu sein, ich glaube, es war ein Riesenfehler, dass er mich zu meinem Zimmer begleitet hat.«
Fleur blies die Backen auf. »Der Lufthansapilot?«
Kissy nickte. »Anfangs war es nur ein kleiner Flirt, aber irgendwie ist die Geschichte ein bisschen aus dem Ruder gelaufen.« Sie trank genüsslich von ihrem Champagner, leckte sich mit ihrer rosigen Zungenspitze die Oberlippe. »Wie ich schon andeutete, habe ich eine leichte Psychose, aber wir werden uns bestimmt mögen. Ich kann es Ihnen ebenso gut direkt beichten – ich hab ein kleines Problem mit der Promiskuität.«
Das klang nach einem interessanten Gespräch, und Fleur lehnte sich entspannt vor den Wannenrand. »Wie klein?«
»Tja, wie man’s nimmt.« Kissy zog die Füße unter ihre Oberschenkel und lehnte sich gegen die Tür. »Stehen Sie auf scharfe Typen?«
Fleur füllte ihr Glas nach und überlegte. »Schätze, momentan hab ich mit Männern nichts am Hut. Also bin ich wohl eher neutral, oder?«
Kissys Veilchenaugen weiteten sich. »Das ist echt jammerschade für Sie.«
Fleur kicherte. Ob es an dem Champagner, an Kitty oder an der fortgeschrittenen Uhrzeit lag, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Jedenfalls war ihr Selbsthass wie weggeblasen, und
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