Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
mir?«
»Riata hat einen Schlüssel. Ich habe einen. Und Michel. Nur wir drei. Wenn ich sie feure, hast du sie auf dem Gewissen.«
»Du feuerst sie nicht.« Er tauschte den Toast aus. »Dein Bruder gab mir ein paar Tage nach der Dinnerparty einen Zweitschlüssel. Er erzählte mir, wie euer Vater so drauf ist. Michel sorgt sich um dich, und ich finde es überhaupt nicht toll, dass dieser Bastard es auf dich abgesehen hat. Als du heute Morgen nicht zum Joggen herunterkamst, dachte ich, er hätte dir etwas angetan oder so.«
Halb gerührt, halb ärgerlich blinzelte sie ihn an. »Alexi würde mich nicht physisch verletzen. Er will mich leiden sehen. Eigentlich müsste Michel das inzwischen kapiert haben. Hast du nicht genug mit deinen eigenen Problemen zu tun?«
»Mir gefällt die ganze Sache nicht.«
Sie schnappte sich ihren Toast von seinem Teller. »Ehrlich gesagt bin ich darüber auch nicht begeistert.«
Sie aßen schweigend. Jake nahm einen Schluck Kaffee. »Für gewöhnlich trägst du im Büro keine Jeans oder Pullover. Ist irgendetwas Besonderes?«
»Ich bringe nachher Michels Kollektion in das Hotel. Die Fahrer kommen in einer Stunde, und es wird ein langer, anstrengender Tag.« Sie musterte ihn vorwurfsvoll. »Deshalb wollte ich heute Morgen ein bisschen länger schlafen. Zudem mochte ich auch nicht weg, solange die ganzen Klamotten hier im Haus sind.« Sie machte eine nachlässige Geste in Richtung Wohnraum.
Jake hatte die verchromten Ständer mit den dunklen Kunststoffhüllen bereits registriert. »Möchtest du darüber reden, oder soll ich raten?«
»Du weißt doch, dass Michel heute seine Kollektion vorstellt.«
»Und das sind die Musterteile?«
Sie nickte und erzählte ihm von der Firma in Astoria und dem Anruf, den sie um vier Uhr morgens entgegengenommen hatte. »Die Wachleute rätseln noch, wie das Sprinklersystem aktiviert werden konnte, aber die Kleider, die dort hängen, sind klitschnass.«
Er hob fragend eine Braue.
»Wir hatten Michels Modelle gegen billige Kaufhausware ausgetauscht«, räumte sie ein. »Kissy, Simon, Charlie und ich waren gestern Abend dort, nachdem die Näherinnen gegangen waren.« Einerseits spürte sie eine gewisse Befriedigung, dass sie Alexi ausgetrickst hatte, andererseits blieb immer die Angst vor seinen nächsten Schachzügen. Sie erhob sich und ging zum Telefon. »Ich muss Michel informieren. Sonst bekommt er noch einen Herzinfarkt, falls er heute Morgen einen Abstecher in die Firma macht.«
Jake stand ebenfalls auf. »Moment mal. Heißt das, Michel weiß gar nicht, dass seine Musterkollektion bei dir lagert?«
»Er hat nicht das Geringste mit der Sache zu tun. Ich hab seinerzeit den Bugatti plattgemacht, deshalb hat Alexi es auf mich abgesehen. Michel hat andere Sorgen.«
Jake schoss hinter dem Tisch hervor. »Einmal angenommen, euer Vater hätte einen der von ihm beauftragten Scheißtypen hierher geschickt, was dann?«
»In der Fabrik wimmelte es nur so von Wachmännern. Alexi hatte überhaupt keinen Grund zu der Annahme, dass die Musterteile hier sein könnten.«
»Weißt du, was dein Problem ist? Du denkst nicht nach!« Als er auf sie zukam, streifte er mit dem Sweatshirt den Küchenblock, und sie hörte ein metallisches Klacken. Schlagartig fiel ihr auf, dass eine Seite des Kleidungsstücks tiefer hing als die andere. Geistesgegenwärtig schob er eine Hand in die Shirttasche.
Sie legte den Hörer auf die Gabel. »Was hast du da?«
»Wo?«
Eine leichte Gänsehaut schob sich über ihre Wirbelsäule. »In deiner Tasche. Was ist das?«
»In meiner Tasche? Die Schlüssel.«
»Und was noch?«
Er zuckte mit den Schultern. »Eine Zweiundzwanziger Automatik.«
Sie musterte ihn fassungslos. »Eine was?«
»Eine Pistole.«
»Bist du wahnsinnig?« Sie baute sich vor ihm auf. »Du hast eine Waffe angeschleppt? Hier, in mein Haus? Grundgütiger, wir sind hier nicht im Film!«
Ungerührt erwiderte er ihren Blick. »Nichts für ungut. Immerhin konnte ich nicht wissen, was mich hier erwarten würde.«
Unvermittelt dachte sie an das kleine Mädchen mit den gelben Enten auf dem Hemd und an das von ihm geschilderte Massaker. Eine hässliche, bohrende Angst schlich sich in ihr Bewusstsein.
»Bleib hier. Ich zieh mich bloß eben um.« Damit verließ er die Küche.
Jake war bestimmt kein grausamer Mensch, beschwichtigte sie sich, und hätte sich garantiert nicht aktiv an Kriegshandlungen beteiligt. Allerdings blieb eine gewisse Skepsis zurück. Sie wünschte,
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