Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
eine Gauloise nach der anderen in ihren rot bemalten Mund steckte, während sie in stakkatomäßigem Französisch auf ihren Sohn einredete.
Wenn Belinda sich bei ihm beschwerte, küsste er ihre Bedenken fort. »Meine Mutter ist eine verbitterte, alte Frau. Weißt du, sie hat vieles aufgeben müssen. Dieses Haus ist das einzige Reich, das ihr geblieben ist.« Seine Küsse streiften ihre Brüste. »Sei nachsichtig mit ihr, chérie . Mir zuliebe.«
Und dann kam der Tag, der schlagartig alles änderte.
Eines Abends Mitte April, sechs Wochen nach ihrer Heirat, beschloss sie, Alexi mit einem durchschimmernden schwarzen Negligé zu überraschen, das sie am Nachmittag gekauft hatte. Als sie sich anmutig vor dem Bett drehte, wurde er plötzlich kalkweiß im Gesicht und verließ abrupt das Zimmer. Sie wartete in der Dunkelheit und machte sich bittere Vorwürfe. Warum hatte sie seine Wünsche nicht respektiert? Er konnte es nun einmal nicht leiden, wenn sie etwas anderes trug als die schlichten wei ßen Nachthemden, die er für sie aussuchte! Die Stunden zogen sich hin, und er kam nicht zurück. Gegen Morgen schlief sie erschöpft vom Weinen ein.
Am folgenden Abend suchte sie ihre Schwiegermutter auf. »Alexi ist verschwunden. Ich möchte wissen, wo er ist.«
Ein antiker Rubin an Solanges gichtgekrümmtem Finger funkelte ähnlich einem schadenfrohen Zwinkern. »Mein Sohn erzählt mir nur das, was ich seiner Ansicht nach wissen sollte.«
Nach zwei Wochen kehrte er zurück. Belinda stand auf der Marmortreppe in einem Modellkleid von Balmain, das um ihre Taille inzwischen verräterisch spannte, und beobachtete, wie er dem Butler seine Aktentasche reichte. Er schien um zehn Jahre gealtert. Als er sie sah, verzog sich sein Mund zu einem zynischen Grinsen. »Meine geliebte Frau. Du siehst wie immer bezaubernd aus.«
Die folgenden Tage stürzten sie in ein Wechselbad der Gefühle. In der Öffentlichkeit behandelte er sie mit dem größten Respekt, wenn sie allein waren, quälte er sie mit seinen sexuellen Praktiken. Statt zärtlich und einfühlsam, nahm er sie brutal und zögerte ihren Orgasmus so lange hinaus, bis die Erregung an schmerzvolle Folter grenzte. In der letzten Aprilwoche erklärte er ihr, dass sie eine Reise machen würden. Wohin, sagte er ihr nicht.
Er fuhr den Hispano-Suiza, Baujahr 1933 und ein wertvolles Stück aus seiner Oldtimersammlung, mit äußerster Konzentration. Die Unterhaltung verlief einsilbig. Sie schaute aus dem Fenster, registrierte, wie das Umland von Paris den kargen Kalksandsteinerhebungen der Champagne wich, und konnte einfach nicht entspannen. Sie war mittlerweile im vierten Monat schwanger, und die Täuschungsmanöver gingen an ihre Substanz. Jeden Monat tat sie so, als hätte sie ihre Menstruation, heimlich versetzte sie die Knöpfe an ihren neuen Röcken, achtete peinlich genau darauf, dass er sie bei Licht nicht unbekleidet sah. Und sie schob es immer wieder hinaus, ihm ihre Schwangerschaft zu gestehen.
Als sie durch Burgund fuhren, wurden die Schatten bereits länger, und die Weinreben schimmerten lavendelblau im Licht der Spätnachmittagssonne. Ihr Gasthof hatte ein Dach aus leuchtend roten Schindeln, in den Fensternischen standen malerische Geranientöpfe, Belinda jedoch war zu erschöpft, um die einfache, schmackhafte Mahlzeit zu genießen, die man ihnen servierte.
Tags darauf fuhr Alexi mit ihr durch Burgund. Sie machten ein Picknick auf einer wildblumenübersäten Anhöhe, aßen einen Eintopf mit frischen Kräutern, den Alexi im Nachbardorf gekauft hatte. Dazu gab es Brot mit einer knusprigen Mohnkruste und anschließend einen würzigen Käse und als Getränk einen frischen, jungen Landwein. Belinda stocherte lustlos in ihrem Essen herum. Irgendwann schlang sie sich den Pullover fester um ihre Schultern und schlenderte über den Hügel, um Alexis bedrückendem Schweigen zu entfliehen.
»Genießt du die Aussicht, ma chère ?« Sie hatte ihn gar nicht kommen hören. Als er hinter sie trat und die Hände auf ihre Schultern legte, schrak sie unwillkürlich zusammen.
»Es ist wunderschön hier.«
»Genießt du das Zusammensein mit deinem Mann?«
Sie spielte zerstreut mit den zusammengeknoteten Pulloverärmeln. »Ich genieße es immer, mit dir zusammen zu sein.«
»Besonders im Bett, n’est-ce pas ?« Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern deutete auf einen Weinberg und erklärte ihr, welche Rebsorten dort angebaut wurden. Er schien wieder ganz der Alexi, der ihr die
Weitere Kostenlose Bücher