Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)
Haustür.«
Bald haben Gloria und ich die Anzeige umformuliert, dann will ich potenzielle Mieter noch voller Stolz darauf hinweisen, dass ich nur wenige Sekunden von einer der Haupt-U-Bahn-Linien entfernt wohne und mein Haus verkehrsgünstig zu allen Autobahnen und Flughäfen liegt.
»Ausgezeichnete Verkehrsanbindung«, tippt Gloria in den PC.
Sie liest den nächsten Tipp. »Manche Mieter möchten etwas über ihre Vermieter erfahren. Erzählen Sie ein wenig von sich.«
Sie kehrt zur Anzeige zurück und liest laut vor: »Meine Hobbys sind Schwimmen, Filme, Lesen und Schreiben.«
»Dann hättest du ja gleich schreiben können, dass du mittwochs immer Bingo spielst, donnerstags in den Rätselklub gehst und mit deinem Rentnerpass gern die Stadt unsicher machst. Aber in dieser Straße ist nur Platz für eine flotte Rentnerin, und das bin ich.«
Ich lache. »Okay, dann schreib eben, dass ich eine ausgeflippte Vierunddreißigjährige bin, die den Zaster braucht.«
Gloria verzieht gedankenverloren den Mund, ehe sie weiterschreibt: »Ich bin zweiunddreißig ...«
»Gloria! Das ist keine Partnervermittlung, und in keinem anderen Inserat steht das Alter des Vermieters.«
»Richtig. Du wirst also unter ihnen hervorstechen, klar? Du machst gern Party. Gehst tanzen ... Was ist dein Lieblingscocktail?«
»White Lady.« Frisch gepresster Zitronensaft, Gin und Cointreau. Ed und ich haben uns den oft gemacht.
»Köstlich!« Sie leckt sich die Lippen und schreibt weiter, als plötzlich die ganze Anzeige verschwindet. »Oh nein!«, jammert sie. »Ich habe doch gar nichts gemacht. Ich habe bloß hier irgendwo geklickt«, verteidigt sie sich.
Ich beuge mich über sie, klicke erneut, und die Seite erscheint wieder. Gloria hat lediglich das Fenster verkleinert.
Als wir die Anzeige bis zum Ende überarbeitet haben, fehlt noch etwas.
»Ich liebe Hunde!«, rufe ich. »Aber vielleicht sollte ich lieber sagen: Haustiere. Alle Welt liebt Hunde!«
»So ist es richtig, mein Mädchen«, sagt Gloria auf eine Art, die mich befürchten lässt, dass sie mir gleich mit der Hand durch die Haare fährt und in die Wange kneift.
»Wenn Sie möchten, können Sie ein Foto Ihres Hauses hinzufügen.« Gloria betrachtet das von mir ausgesuchte Bild. Es ist ein Foto meines Wohnzimmers mit dem offenen Kamin, der afrikanischen Skulptur, den Einladungen auf dem Kaminsims (ich kann mich noch immer nicht daran gewöhnen, dass nur mein Name daraufsteht) und dem mit Romanen und Familienfotos vollgestopften Bücherregal.
Sie schnauft. »Es ist dein Fernseher, Liebes.«
Ich begutachte den altmodischen Kasten mit dem winzigen Bildschirm. Gloria hat recht. Er verunziert mein Wohnzimmer wie eine hässliche Warze und schlägt alle potenziellen Mieter in die Flucht. Ed hatte mir schon mehrfach gedroht, ein neues Gerät anzuschaffen, aber ich war immer stolz darauf gewesen, mein Seelenheil noch nicht für einen Plasmabildschirm verkauft zu haben.
»Zieh deinen Mantel an«, befiehlt Gloria. »Sadie braucht Auslauf.«
Sadie ist ihr lilafarbenes Elektroauto.
»Aber ich kann mir im Augenblick keinen neuen Fernseher leisten«, werfe ich ein. »Meine Kreditkarte braucht dringend eine Auszeit.«
»Sieh es einfach als eine Art Anleihe.« Kurz vor meiner Haustür dreht sie sich um. »Ich wollte dir nur sagen, dass ich sehr froh bin, dass du nicht wegziehst.«
»Ich doch auch, Gloria«, gebe ich gerührt zurück.
»Wer sonst würde meine Blumen gießen und Guinness füttern, wenn ich auf Reisen bin?«
Guinness ist Glorias schwarz-weiße Katze.
»Und deinen Computer reparieren?« Gloria pflegt mich zu Hilfe zu rufen, wenn sie ein technisches Problem hat; erst kürzlich habe ich sie mit einer drahtlosen Breitbandverbindung aufgerüstet. »Außerdem würde ich meine Mit-Olympionikin beim Schwimmen sehr vermissen. Hoffen wir also, dass ich nach so viel harter Arbeit den perfekten Wochenendheimfahrer finde.«
»Ich sag’s dir, Gilly, sobald wir mit diesem Inserat fertig sind, werden dir die Leute die Tür einrennen«, verspricht Gloria.
5
Gegen Abend haben Gloria und ich einen Hightech-Fernseher erstanden, in meinem Wohnzimmer aufgestellt und angeschlossen. Er hat die Größe eines Tennisplatzes, und ich finde ihn ziemlich vulgär.
In Eile springe ich in mein Auto und fahre zum Haus meines Bruders in Richmond. Ich habe mich verspätet, weil ich noch eine der winzigen Halogenpunktleuchten in Glorias Küche wechseln musste. Als ich – natürlich – in einen Stau
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