Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)
schmerzendem Kopf liege ich quer auf der Fußmatte. Meine Haut ist abgeschürft, und mein Knöchel tut unglaublich weh.
»Hallo?«, ruft er erneut. »Ist Gilly Brown zu Hause? Ich bin Jack Baker. Der Untermieter.«
»Hi«, krächze ich vom Boden aus, »ich bin gleich da!«
Habe ich mir den Knöchel verstaucht? Oder etwa gebrochen? Ich blicke an mir hinab und kann zusehen, wie er vor meinen Augen anschwillt.
»Ich bin in einer Sekunde bei Ihnen.«
Auf dem Hinterteil rutsche ich zu den Mänteln, die an der Garderobe hängen, greife nach dem Saum meines Anoraks, denich zu den Hundespaziergängen trage, und versuche, mich an ihm hochzuhangeln. Leider fallen nur Ruskins Hundekotbeutel aus der Tasche, und ich liege immer noch am Boden.
»Hallo?«, ruft Jack erneut.
Ruskin bellt sich hinter der Küchentür die Seele aus dem Leib.
»Gilly?« Jack öffnet die Briefkastenklappe und entdeckt mich. »Herrje! Sind Sie okay?«
Wieder versuche ich, mich hochzuziehen.
»Alles in Ordnung«, presse ich hervor, ehe ich erneut auf dem Boden lande. »Nein, das stimmt nicht ganz, Jack. Ich hatte gerade einen kleinen Unfall – nichts Schlimmes.«
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
»Hm – nein, aber vielleicht können Sie in fünf Minuten noch einmal wiederkommen?«, schlage ich vor.
Doch dann höre ich ihre Stimme. »Hi, ich bin Gloria von gegenüber.«
»Jack. Jack Baker«, stellt er sich höflich vor. »Ich bin hier, um das Gästezimmer anzuschauen. Gilly scheint irgendetwas passiert zu sein«, fährt er fort. »Sie liegt im Flur auf dem Boden.«
»Um Himmels willen«, sagt Gloria und öffnet die Tür mit ihrem Ersatzschlüssel.
Tief beschämt sitze ich wie ein Häuflein Elend im Flur und wünsche, ich könnte sterben oder – besser noch! – unsichtbar werden.
»Liebes!«, ruft sie und stürzt in ihren lila Crocs auf mich zu. »Was, um alles in der Welt, ist mit dir passiert?«
Jack greift nach einem meiner Arme, Gloria nach dem anderen. Gemeinsam heben sie mich in eine aufrechte Position. Als ich meinen angeschwollenen Fuß auf den Boden stellen will, stöhne ich vor Schmerzen auf.
»Ich kann nicht laufen.«
»Mein Gott, du Liebe!«, sagt Gloria.
Jack und ich sehen uns an und lächeln. Sein Lächeln zieht mich sofort in seinen Bann. Ich betrachte sein weißes, obenaufgeknöpftes Hemd. Sein hellbraunes Haar hat einen blonden Einschlag, als wäre er lange in der Sonne gewesen, und seine Augen sind so blau wie der Himmel, den Matilda auf ihren Kindergartenbildern malt. Er hat ein junges, frisches Gesicht. Oh nein! Vielleicht kann ich doch nicht mit ihm zusammenleben. Ich will nicht, dass er morgens als Erstes ausgerechnet meiner müden Existenz über den Weg läuft. Ich bin fix und fertig.
»Was sollen wir jetzt tun?« Jack wendet sich an Gloria. Seine Stimme holt mich in die Realität zurück. »Gilly? Können Sie laufen?«
Ich versuche einen Schritt, schreie aber unwillkürlich auf.
»Okay«, erklärt Gloria ruhig, »ich glaube, wir kommen nicht um einen Arzt herum.«
»Vermutlich haben Sie recht«, stimmt er zu.
Und ehe ich mich versehe, nimmt Jack mich auf seine Arme, trägt mich auf den Beifahrersitz seines Cabrios und schnallt mich an. Kurz darauf düsen wir mit Höchstgeschwindigkeit die Fulham Palace Road in Richtung Charing Cross Hospital entlang.
15
Als ich am Treffpunkt erscheine, hat sich meine Hundegruppe schon fast vollständig unter der dicken Eiche versammelt. Der Anblick ist wie ein Déjà-vu-Erlebnis.
Da ist Mari, die einen blauen Schaumgummiball wirft, dem Basil hinterhertobt, um ihn anschließend brav zurückzubringen. Es geht hin und her wie bei einem schnellen Pingpong-Match.
Ariel parkt sein Fahrrad gerade am Baum. Er hat sein Haar wieder braun gefärbt und trägt eine stylishe Cordjacke, Jeans und Turnschuhe von Converse. Bevor er allen einen Gutenmorgenkuss auf die Wange haucht, hebt er vorsichtig eine frisch getrimmte Pugsy aus dem Fahrradkorb.
Ich freue mich, als ich auch Sam sehe.
Es hat etwas Tröstliches, wenn alle nach den Sommerferien zurückkehren. Die Luft ist bereits herbstlich kühl, die ersten kupferfarbenen Blätter fallen, kein Kind ist weit und breit in Sicht, und der Alltag kehrt wieder ein.
Die Einzige, die an diesem Tag noch fehlt, ist Brigitte.
Als Ariel fragt, warum ich wie eine alte Oma humple, erzähle ich, dass ich mir den Knöchel verstaucht habe. Walter, Sam und Ariel hören mir geduldig zu, während ich meinen Sturz in den glühendsten Farben
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