Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)
mich bist.«
»Was sagen?«
»Du machst einen Fehler.«
»Wovon redest du?« Sophia senkte das Lipgloss und drehte sich zu ihrer Freundin um.
Marcia breitete die Hände aus. »Überleg doch mal, welchen Eindruck es macht – stell dir vor, was du sagen würdest, wenn es umgekehrt wäre. Sagen wir mal, ich hätte zwei Jahre eine Beziehung gehabt –«
»Eher unwahrscheinlich«, unterbrach Sophia sie.
»Schon gut, ich weiß, das fällt schwer, aber tu einfach so. Stell dir also vor, ich hätte eine wirklich furchtbare Trennung hinter mir und mich wochenlang in meinem Zimmer verkrochen, und dann lerne ich Knall auf Fall einen Kerl kennen. Ich unterhalte mich mit ihm und besuche ihn am nächsten Tag, und dann telefoniere ich mit ihm und besuche ihn am Wochenende. Und in null Komma nichts dreht sich alles nur noch um ihn, und ich verbringe jede freie Minute mit ihm. Was würdest du davon halten? Dass ich rein zufällig den Traumprinzen gefunden habe, während ich mich gerade noch von einer schrecklichen Trennung erhole? Ich meine, wie stehen die Chancen für so etwas?«
Sophia spürte das Blut in ihren Adern pochen. »Ich weiß nicht, was du mir damit sagen willst.«
»Damit will ich sagen, dass du möglicherweise einen Fehler machst. Und dass du, wenn du nicht aufpasst, am Ende verletzt werden könntest.«
»Es ist kein Fehler«, fauchte Sophia und zog den Reißverschluss der Tasche zu. »Und ich werde auch nicht verletzt werden. Ich bin gern mit Luke zusammen.«
»Das weiß ich«, sagte Marcia etwas weicher und klopfte neben sich auf die Decke. »Setz dich zu mir. Bitte.«
Sophia zögerte kurz, dann ging sie zum Bett und ließ sich nieder. Marcia sah sie an.
»Ich kapiere ja, dass du ihn magst«, sagte sie ernst. »Ehrlich. Und ich freue mich, dass du wieder glücklich bist. Nur, wo soll das deiner Meinung nach hinführen? Ich meine, wenn ich es wäre – ich würde einfach Spaß haben und abwarten, was passiert, in den Tag hinein leben. Aber ich würde niemals glauben, dass ich den Rest meines Lebens mit dem Typen verbringen werde.«
»Das glaube ich ja auch nicht.«
Marcia zupfte an ihrem Pulli. »Bist du dir da sicher? Denn genau den Eindruck habe ich.« Sie machte eine Pause, ihre Miene war fast traurig. »Du hättest dich nicht in ihn verlieben sollen. Und jedes Mal, wenn du bei ihm bist, machst du es nur noch schlimmer für dich.«
Sophia errötete. »Warum tust du das?«
»Weil du nicht klar denkst«, antwortete Marcia. »Sonst würdest du nicht vergessen, dass du Kunstgeschichte studierst und aus New Jersey kommst und Luke Bullen reitet und auf einer Ranch auf dem platten Land in North Carolina wohnt. Du würdest überlegen, was in sechs Monaten passieren soll, wenn du deinen Abschluss machst.« Sie hielt inne, um Sophia zu zwingen, ihr wirklich gut zuzuhö ren. »Kannst du dir vorstellen, die nächsten fünfzig Jahre auf einer Ranch zu leben? Den Rest deines Lebens zu reiten, Kühe zu hüten und Ställe auszumisten?«
Sophia schüttelte den Kopf. »Nein –«
»Ach so«, fiel Marcia ihr ins Wort. »Dann stellst du dir Luke vielleicht in New York City vor, während du in einem Museum arbeitest? Und jeden Sonntag bruncht ihr in den gerade angesagten Läden, schlürft Cappuccinos und lest die New York Times? Denkst du dir so eure gemeinsame Zukunft?«
Als Sophia keine Antwort gab, drückte Marcia ihre Hand.
»Ich weiß, wie viel er dir bedeutet«, fuhr sie fort. »Aber euer Leben läuft nicht nur auf völlig unterschiedlichen Bah nen ab, sondern fast wie auf unterschiedlichen Kontinenten. Und das bedeutet, du musst von jetzt an gut auf dein Herz aufpassen, denn sonst zerbricht es am Ende in lauter kleine Teile.«
» D u bist heute Abend so still.« Luke nippte an seiner heißen Schokolade. Sophia hatte die Hände um ihre Tasse gelegt und betrachtete von ihrem Platz auf der Couch aus die feinen weißen Flocken vor dem Fenster. Wie üblich hatte Luke den Kamin angezündet, aber sie konnte das Frösteln nicht abschütteln, das sie empfand.
»Entschuldige«, sagte sie. »Ich bin nur müde.«
Sie spürte seinen aufmerksamen Blick auf sich ruhen, der sie an diesem Abend seltsam verunsicherte.
»Weißt du, was ich glaube?«, fragte er. »Dass Marcia etwas gesagt hat, was dich durcheinandergebracht hat.«
Sophia antwortete nicht sofort. »Wie kommst du darauf?«, fragte sie dann. Ihre Stimme klang zaghafter, als sie erwartet hatte.
Er zuckte die Achseln. »Als ich dich angerufen habe, um
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